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Neurechte Ideologie und Verschwörungstheorien: Potsdam: Umstrittene Bücher in der Bibliothek

Der Zugang zu Informationen soll ungehindert sein, sagt die Bibliotheksleitung. Deshalb finden sich im Bestand auch rund 20 umstrittene Bücher - mit neurechter Ideologie und Verschwörungstheorien.

Potsdam - Sie heißen „Finis Germania“, „Die Asyl-Industrie“ oder „Kontrollverlust“: In den Beständen der Stadt- und Landesbibliothek gibt es mehr als 20 Bücher, die laut Kritikern mindestens rechtspopulistisches oder verschwörungstheoretisches Gedankengut vermitteln. Das geht aus einer aktuellen Antwort der Stadtverwaltung auf eine Anfrage der linksalternativen Fraktion Die Andere hervor. In der Mitteilung ist eine Auflistung der umstrittenen Titel beigefügt.

Die Andere hatte mit ihrer Anfrage prüfen wollen, ob die Zielsetzungen des Potsdamer Aktionsplanes für Toleranz sowie Demokratie und gegen Gewalt, Rechtsextremismus sowie Fremdenfeindlichkeit beim Literatur- und Medienbestand der Stadtbibliothek berücksichtigt werden – dort wird ein generell offensiver Umgang mit rechter Propaganda empfohlen, statt diese als Meinungsäußerung unwidersprochen zu lassen.

Rechtsradikal, antisemitisch, geschichtsrevisionistisch

In der Bibliothek stehen nun zum Beispiel Werke wie „Finis Germania – Das Ende Deutschlands“ aus dem neurechten Verlag Antaios. Das 2017 erschienene Buch wurde schon von mehreren Journalisten und Geschichtsexperten als rechtsradikal, antisemitisch oder geschichtsrevisionistisch kritisiert. Es war allerdings auch als Bestseller im deutschsprachigen Angebot des Online-Buchhändlers Amazon gelistet.

In der Bibliothek ist man sich der Gratwanderung offenbar bewusst. Laut Satzung sei es aber Aufgabe, „Literatur und Medien aller Genres zu sammeln, zu erschließen und zu vermitteln“, für einen „bedarfsgerechten Bestand“ zu sorgen, so Bibliothekschefin Marion Mattekat. Das schließe auch „weltanschaulich tendenziöse Schriften und Medieninhalte ein, wenn sich diese im gegenwärtigen gesellschaftlichen Diskurs befinden“. Und weiter: „Insbesondere durch die in den Wahlergebnissen der letzten Jahre manifestierten politischen Veränderungen gehören dazu auch Medien, deren Inhalte und Werte von der Landeshauptstadt nicht geteilt werden.“

„Keinerlei Problembewusstsein bei Stadtspitze und Leitungsebene der Bibliothek"

Um allen Potsdamern eine Meinungsbildung zu ermöglichen und der Nachfrage zu entsprechen, würden diese Titel „in geringem Umfang“ in der Bibliothek angeboten. Dies sei auch Position des eigenen Dachverbands, des Bibliotheks- und Informationsvereins Deutschland. Dieser spreche sich für den ungehinderten Zugang zu Informationen aus und lehne Zensur ab. Das Thema sei schon lange Debattengegenstand im öffentlichen Bibliothekswesen.

Die Andere findet die Antwort unbefriedigend. Die Antwort der Stadtverwaltung auf die Anfrage zeige, dass „keinerlei Problembewusstsein bei Stadtspitze und Leitungsebene der Bibliothek vorhanden ist“, teilte die Fraktion im sozialen Netzwerk Facebook mit.

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Kommentar: Einerseits erklärt die Bibliotheksleitung, dass die umstrittenen Titel zum Teil auf deutschen Bestsellerlisten standen. Andererseits: Dürfen absurde Verschwörungstheorien als normale Meinungsäußerung durchgehen? Nein, meint PNN-Redakteur Henri Kramer in seinem Kommentar.

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