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Blick über Potsdam - das neue Stadtentwicklungskonzept Insek soll die Leitlinien für die Stadtpolitik bis 2035 bestimmen

© Ottmar Winter

Update

Neues Stadtentwicklungskonzept bis 2035: Straßenbahnlinien sollen Ring um Potsdam bilden

Potsdams Stadtverwaltung hat das Stadtentwicklungskonzept 2035 vorgestellt. Zusätzliche Tramlinien sind geplant, neue Konflikte drohen.

Potsdam - Für mehr Klimaschutz und eine autoärmere Stadt der Zukunft will Potsdam in den Jahren bis 2035 diverse neue Tramstrecken bauen - zum Beispiel zu den Bahnhöfen Satzkorn, Marquardt, Golm und zur Medienstadt Babelsberg. Damit soll, auch mithilfe der bestehenden Strecken der Deutschen Bahn, ein schienengebundener Verkehrsring rund um die Stadt möglich werden. Diese Vision eines „Bahnrings Potsdam“ ist einer der wichtigsten Punkte aus dem Integrierten Stadtentwicklungskonzept, dessen vorerst finale Fassung am Dienstagabend in der Grundschule Bornim vorgestellt wurde - im Beisein von Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) und seiner Beigeordnetenriege. Entlang der neuen Bahnstrecken seien auch neue Baugebiete möglich, hieß es während der Präsentation des Konzepts.

Ein Bahnring als Lösung

Der Bahnring soll dabei bisherige Probleme des Potsdamer Tramnetzes beheben helfen - und gerade die nördlichen Ortsteile anbinden, auch um die dortigen Bundesstraßen zu entlasten. Allerdings hatte sich in den vergangenen Monaten bereits gezeigt, wie schwierig sich zum Beispiel die Anbindung des geplanten Stadtviertels Krampnitz an das Straßenbahnnetz gestaltet - unter anderem wegen angekündigten Klagen von Anwohnern, aber auch wegen der noch unklaren Finanzierung. Dabei wäre die Krampnitz-Bahn die Voraussetzung für die Erweiterung bis nach Marquardt oder Satzkorn, zeigte sich in der Präsentation. Man müsse schon heute Voraussetzungen für ein Vorhaben in der Größenordnung des Bahnrings schaffen, heißt es mahnend im Insek - um sich so ein Vorhaben durch den Verkauf von Flächen oder andere Baumaßnahmen nicht unmöglich zu machen.

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Das Leitbild ist dabei auf die Ideen zugeschnitten, die Rathauschef Schubert bereits in seinem Oberbürgermeisterwahlkampf gesetzt hatte. So war mehrfach von einem behutsameren Wachstum der Gesamtstadt die Rede. So dürfe man den "Neubau und Bezug von Wohnungen nur in dem Maße zulassen, wie auch die soziale und die technische Infrastruktur durch vorhandene und erweiterte Kapazitäten leistungsfähig bleibt". Als Schwerpunktthema für die künftigen Jahre wurden im Insek unter anderem die umweltfreundliche Mobilität genannt, dies verbunden mit einem Bekenntnis zu einer autofreien Innenstadt zwischen Bassin- und Luisenplatz oder der expliziten Förderung des Fuß- und Radverkehrs. Autofahrer werden hingegen nicht erwähnt. Ziel sei eine "Stadt der kurzen Wege", mit "multifunktionalen Stadtstrukturen", um den Flächenverbrauch zu senken. 

Auch weitere Ziele, die manches Mal auch als Gegensatz gelten, sind im Insek enthalten - zum Beispiel Klimaschutz als übergeordnetes Ziel, aber auch bezahlbares Wohnen. Das Erreichen solcher Ziele soll mit Hilfe von international gültigen Kriterien der Vereinten Nationen erfolgen, hieß es. Zum Thema Wohnen soll ein Wohnkostencheck für Beschlüsse des Stadtparlaments etabliert werden - der also zeigen soll, was bestimmte Voten, zum Beispiel für energetische Sparvorgaben, für eine Auswirkung auf Mietpreise oder Nebenkosten haben.

Insofern bemängelte Sophie Haebel vom Potsdamer Klimarat, sie vermisse mehr konkrete Ansätze für Klimaschutz im Bereich Wohnen - schließlich müssten Kommunen wie Potsdam bis 2045 klimaneutral sein. Von der Stadtverwaltung hieß es dazu, hier sei die Bestandssanierung beispielsweise von früheren DDR-Plattenbauten ein wichtiger Hebel für mehr Klimaschutz. Allerdings gilt gerade die Sanierung von Bauten als Preistreiber bei Mieten. Wie sich solche Konflikte auflösen lassen, ist eine der Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte.

Das Insek soll auch Leitlinie für künftige Haushaltsdebatten sein. Schubert selbst sagte, mit Blick auf die einbrechenden Einnahmen im Zuge der Coronakrise werde man manche Wünsche und Ideen strecken oder hintenan stellen müssen angesichts der schwierigen Haushaltslage. Das würden, gerade in einer bisher als wohlhabend geltenden Stadt wie Potsdam, durchaus schwierige Diskussionen. Zugleich werden auch neue, möglicherweise kostspielige Vorhaben in dem Papier definiert: Etwa eine naturnähere Gestaltung des vielerorts künstlich begradigten Flüsschens Nuthe.

300 Konzepte gewälzt

Ziel sei es ferner, mit den Nachbargemeinden weiter den engen Austausch zur gemeinsamen Lösung von Problemen zu suchen, sagte Baudezernent Bernd Rubelt (parteilos) mit Blick auf den Insek-Prozess.

Das Papier ist in einem seit zwei Jahre andauernden Prozess entwickelt worden, vor allem unter Federführung des Bremer Büros BPW Stadtplanung, das dafür auch 300 bestehende Konzepte im Rathaus wälzte. Nun seien die Stadtverordneten gefragt, die Anfang nächsten Jahres einen Grundsatzbeschluss fällen sollen.  Gelobt wurde bei der Veranstaltung mehrfach die Beteiligung der Öffentlichkeit, die in Corona-Zeiten auch online erfolgte.

Vom Beteiligungsrat der Stadt sagte die dort aktive Marie-Ann Koch, mit den Internetformaten sei auch die Beteiligung junger Familien besser möglich gewesen - im Vergleich zu klassischen Formaten, bei denen Bürger zu einem Abendtermin persönlich erscheinen müssen. Auch die Veranstaltung am Dienstag wurde auf dem YouTube-Kanal der Stadt live übertragen. Insgesamt gab es mehrere Dutzend Teilnehmer. Zugleich gab es im Prozess mehr als 80 Seiten Stellungnahmen von 30 öffentlichen Institutionen. Diese sollen nun auch noch eingearbeitet und abgewogen werden.

Kritik im Detail

Doch gab es auch Kritik von anwesenden Bürgern: Etwa am Fehlen der beruflichen Bildung in dem Konzept. Dies wies Bildungsdezernentin Noosha Aubel (parteilos) zurück: Auch für die Oberstufenzentren suche man selbstverständlich die besten Lösungen für mehr Attraktivität solcher Angebote. Im Schulneubau gelte es, vor allem multifunktionale Lösungen zu finden, erklärte sie. Beispielsweise solle eine Mensa auch anders genutzt werden können und nicht die meiste Zeit des Tages leer steht. Die Mehrfachnutzung von Flächen ist auch eines der Schwerpunktziele im Insek. 

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