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Neues Stadion für Hertha BSC: Potsdam wirbt um Hertha

Der Fußball-Bundesligist Hertha BSC will ein neues Stadion bauen - vielleicht in Brandenburg, vielleicht in Potsdam. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke ist erfreut.

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Potsdam - In die Spekulationen über den Standort für ein neues Hertha-BSC-Stadion hat sich nun überraschend Potsdam zu Wort gemeldet. „Wir könnten uns einige Flächen als Platz für das Stadion vorstellen“, sagte Stadtsprecher Stefan Schulz am Mittwoch den PNN. Denkbar sei zum Beispiel ein Areal neben dem Friedrichspark in Marquardt. „Zu den Varianten kann sich Herr Preetz gerne bei uns im Rathaus beraten lassen“, so Schulz in Richtung des Hertha-Managers. Die Stadt werde den Verein gern bei der Standortsuche unterstützen. „Wir sind da gesprächsbereit – und ohnehin fußballbegeistert“.

Der Berliner Bundesliga-Verein denkt seit Längerem über einen Auszug aus dem Olympiastadion und den Bau eines eigenen Stadions nach. Aus Mangel an Flächen hat Hertha vor allem Standorte außerhalb Berlins im Visier, drei Optionen sind offenbar heiß diskutiert: Oranienburg, Dreilinden und Ludwigsfelde. In Kleinmachnow, auf dessen Gebiet Dreilinden liegt, wird allerdings abgewunken. Gehört habe man davon noch nichts, so Sprecherin Martina Bellack. Schon ganz anders klingt es hingegen in Ludwigsfelde: „Es ist bekannt, dass derzeit mehrere Standorte rund um Berlin untersucht werden, möglicherweise ist auch Ludwigsfelde darunter“, so Bürgermeister Andreas Igel (SPD) etwas kryptisch. Aus seiner Sicht gebe es durchaus Argumente, die für Ludwigsfelde sprächen – etwa die Nähe zu Berlin und die Regionalbahnanbindung. „Wir sind offen für Gespräche.“

Hertha will sich erst 2017 über Brandenburger Vorschläge äußern

Bei Hertha BSC wird zur Standortsuche derzeit geschwiegen – erst im Januar oder Februar will man sich zu einer ersten Vorstudie äußern. Dementsprechend war auch keine Reaktion auf die Optionen Dreilinden oder Ludwigsfelde zu bekommen – oder den neuen Vorschlag aus Potsdam.

Die Fläche in Marquardt, die nun von der Potsdamer Stadtverwaltung als mögliche Option ins Gespräch gebracht wurde, ist immer wieder für verschiedene Nutzungen im Gespräch. Vor einigen Jahren war dort zum Beispiel eine riesige Logistikhalle geplant, letztlich war der Investor aber abgesprungen. Der Vorteil des Standorts wäre sicherlich die Nähe zur Autobahn, er liegt unweit der A 10, Ausfahrt Potsdam-Nord, auch für Parkplätze dürfte ausreichend Platz sein. Einen Bahnhof gibt es allerdings nur im rund zwei Kilometer entfernten Ortsteil Marquardt selbst. Derzeit hält dort der RB21, einmal die Stunde in Richtung Berlin, einmal die Stunde in Richtung Wustermark. Fahrzeit zum Berlin Alexanderplatz: eine gute Stunde. Tatsächlich müsse erst noch eine konkrete Verkehrsplanung erstellt werden, hieß es dazu bei der Stadt auf Nachfrage. Aber immerhin sei ja schon mal eine Bahntrasse vorhanden. Und auch die Eigentumsverhältnisse müssten noch „untersucht“ werden.

Woidke: „Brandenburg freut sich über jeden, der in Brandenburg investiert"

Nach PNN-Informationen stand Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) informell in Kontakt mit der Hertha-Spitze über einen Stadionbau in Brandenburg. Auf Anfrage, wie er die Sondierungen sehe, nachdem erste mögliche konkrete Standorte in Brandenburg genannt wurden, sagte Woidke am Mittwoch den PNN: „Als Ministerpräsident freut es mich, dass sich die Hinweise verdichten, dass Hertha mit Brandenburg plant. Das scheint als Option immer wahrscheinlicher. Genaueres wissen wir allerdings noch nicht. Aber nach allem, was ich bisher gehört habe, bin ich schon ein bisschen fröhlich, weil Hertha ernsthaft auch mit Brandenburg rechnet.“ Wird Brandenburg dann Hertha den roten Teppich auslegen? „Brandenburg freut sich über jeden, der in Brandenburg investiert. Das gilt natürlich auch für Hertha BSC.“

Schon im Frühjahr hatte Woidke gesagt: „Was wir bieten können, das wissen auch viele Berliner Firmen bereits, die sich in den letzten zehn, 20 Jahren aus Berlin herausbewegt und vor den Toren der Hauptstadt investiert haben.“ Er warb mit einer funktionierenden Infrastruktur, einer „wunderschönen Umgebung“, motivierten Mitarbeitern und „Hunderttausenden Fans in Brandenburg.“ Auch international sei es ja mittlerweile üblich, dass Großstadien nicht mitten in der Stadt gebaut würden. Tatsächlich profiliert sich Hertha selbst als berlin-brandenburgischer Verein, pflegt Kontakte in das Umland Berlins, etwa nach Ludwigsfelde. Und das Havelland mit Falkensee, wo viele Berliner hingezogen sind, ist eine der Mitglieder-Hochburgen von Hertha.

Krämer (Linke): „Wie sollen circa 70 000 Fußball-Fans ins Stadion kommen?" 

Bei der linken Opposition sorgte der Vorschlag aus dem Potsdamer Rathaus für Hähme. „Es ist hervorragend, dass der Oberbürgermeister etwas für den Potsdamer Sport machen möchte“, so Linke-Kreischef Sascha Krämer und fragte sarkastisch: „Warum Sportplätze in der Waldstadt sanieren, wenn man ein Stadion haben kann?“ Anscheinend sei dem Rathauschef nicht bewusst, dass ein Stadion auch Infrastruktur benötige. „Wie sollen circa 70 000 Fußball-Fans ins Stadion kommen? Mit der einen Buslinie? Mit dem Auto?“ Letzteres würde zu einem Kollaps des Potsdamer Verkehrs führen, so Krämer. Er forderte stattdessen, erst einmal die fehlenden Sportstätten sowie die soziale und technische Infrastruktur für den Potsdamer Norden zu schaffen. Und sollte die Stadt den Vorschlag tatsächlich ernst meinen, wäre dies eine Bürgerbefragung wert.

Wo das neue Hertha-Stadion eines Tages stehen wird, ist noch völlig unklar – dass es aber gebaut wird, scheint zumindest momentan wahrscheinlich. Der Verein will sich gegenüber dem Olympiastadion verkleinern, das neue soll etwa 55 000 Plätze und keine Laufbahn haben und damit enger beziehungsweise stimmungsvoller werden. Die Einwohnerzahl Potsdams würde damit um ein Drittel anwachsen – zumindest bei Spitzenspielen.

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