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Denkmal. Auch das von 1939 stammende Atelierhaus am Knick der Wollestraße wird zum Wohnhaus umgebaut. Das Bild rechts zeigt das Areal aus der Luft.

© A. Klaer/L. Hannemann

Neues Quartier in Potsdam: 181 Wohnungen auf dem Gelände der Parkstudios in Babelsberg

Auf dem Gelände der Parkstudios in Babelsberg entsteht ein neues Wohnquartier. Die Wohnungen auf dem historischen Areal sind allerdings nicht gerade preiswert.

Von Peer Straube

Babelsberg - Einst entstanden hier TV-Shows und Soapserien wie „Schmetterlinge im Bauch“ und „Anna und die Liebe“, jetzt wird das Gelände der Parkstudios Babelsberg zum Wohnquartier. Die in Frankfurt am Main ansässige Arbireo Capital Group will auf dem Areal zwischen Wollestraße, Park Babelsberg und Alt Nowawes insgesamt 181 noble Eigentumswohnungen errichten.

Bereits vor gut zwei Jahren hatte das auf Immobilieninvestment und -beratung spezialisierte Unternehmen das Gelände gekauft und wollte eigentlich noch 2016 mit dem Bau beginnen. Allerdings haben Umplanungen und ein langwieriges Antragsverfahren den Baustart offenbar verzögert. Man warte noch immer auf die letzten Genehmigungen, sagte Projektsteuerer Detlef Kaminski am Montag auf PNN-Anfrage. Der frühere Potsdamer Baustadtrat soll das Vorhaben im Auftrag von Arbireo zur Baureife bringen.

Den Kauf und die Entwicklung des im sensiblen Umfeld des benachbarten Welterbeparks Babelsberg gelegenen Geländes bewirbt Arbireo auf seiner Homepage als „Meilenstein in der Investmentgeschichte“ des Unternehmens. Die denkmalgeschützten Bestandsgebäude würden „umfassend saniert“ und zu Wohnungen umgebaut. Ergänzt würden diese durch neue Mehrfamilienhäuser. Insgesamt entstünden mehr als 180 Wohnungen für den „anschließenden Einzelverkauf“. Auf PNN-Nachfrage gab sich Arbireo am Montag zugeknöpft. Detaillierte Nachfragen wolle man erst nach „interner Abstimmung“ und zu „gegebener Zeit“ beantworten, hieß es. Kaminski erklärte, man wolle das Projekt erst der Öffentlichkeit vorstellen, wenn alle Genehmigungen vorliegen.

Preis für eine 100 Quadratmeter große Wohnung in „gefragter Babelsberger Kiezlage“ beträgt 470 100 Euro

Geschäftiges Treiben herrscht auf der Baustelle allerdings schon jetzt. Im Frühjahr wurde mit der Beräumung und der Entkernung vorhandener Gebäude begonnen. Und obwohl noch keiner der geplanten Neubauten steht, läuft auch die Vermarktung bereits. So bietet das Maklerunternehmen Engel & Völkers online bereits Wohnungen in einem der denkmalgeschützten Bestandsgebäude an. Der Preis für eine 100 Quadratmeter große Zwei-Zimmer-Wohnung in „gefragter Babelsberger Kiezlage“ beträgt 470 100 Euro, also 4710 Euro pro Quadratmeter. Ein Tiefgaragenplatz kostet 17 500 Euro.

Einen solchen bekommt aber nur knapp jede zweite der 180 Wohnungen. Die Tiefgarage verfüge über 87 Stellplätze, teilte die Stadtverwaltung auf PNN-Anfrage mit. Da der Bauherr insgesamt auch nur 90 Stellplätze nachweisen musste, habe er auch nur drei ablösen müssen, sagte eine Rathaussprecherin.

Anwohner wie Fred Jacob aus der Wollestraße ärgert das maßlos. Die zahlungskräftige Klientel, die sich derart teure Wohnungen überhaupt nur leisten könne, „komme eher mit zwei Autos als mit einem halben“, sagte er den PNN. Schon jetzt sei die Parkplatzsituation in der Gegend katastrophal. Im Gegensatz zur restlichen Babelsberger Innenstadt habe die Stadt dort noch keine Parkraumbewirtschaftung eingeführt, sodass Pendler jeden Morgen ihre Runden auf der Suche nach einer Lücke drehten. Wenn jetzt noch 200 Autos hinzukämen, gerate die Situation vollends aus den Fugen, befürchtet Jacob. Zudem treibt ihn noch eine andere Sorge um: Wie viele andere Nachbarn wohnt auch Jacob in einem Denkmal, nämlich einem Weberhaus. Diese seien besonders anfällig für Erschütterungen, weil sie nicht unterkellert seien, sagte Jacob, der selbst als Bauingenieur arbeitet. Auch die Frage der Baustellenzufahrt müsse geklärt werden. Bislang fahren die Baufahrzeuge durch die enge Wollestraße, die zudem für solche Lasten gar nicht ausgelegt sei, so Jacob. Er forderte daher, dass die Zufahrt nach Alt Nowawes verlegt wird.

Lange Geschichte und historisches Areal

Das historische Areal hat eine lange Geschichte. Ursprünglich von um 1750 errichteten Weberhäusern geprägt, wurde das Gelände im Jahre 1939 auch zu einer Stätte der Filmproduktion. Der Produzent Gustav Althoff, einer der wenigen, die von den Nazis nicht in der Ufa gleichgeschaltet waren, hatte ein ehemaliges Restaurantgebäude gekauft, zu einem Filmatelier umbauen lassen und dieses noch um eine weitere Produktionshalle ergänzt. 1946 drehte Wolfgang Staudte dort die Innenaufnahmen für den ersten deutschen Nachkriegsfilm „Die Mörder sind unter uns“ mit Hildegard Knef und Wilhelm Borchert. In dem Atelier fand am 17. Mai 1946 auch der offizielle Gründungsakt der DDR-Produktionsfirma Defa (Deutsche Film AG) statt. Der Standort wurde danach zur Herstellung von Dokumentarfilmen genutzt. Noch heute kennen viele ältere Potsdamer das Areal als Defa-Dokfilmstudios.

Nach der Wende verkaufte die Treuhand den Komplex 1997 an die Kölner Video Company von Jörg Weiland, der in neue Technik investierte, den Namen in Parkstudios änderte und dort jahrelang verschiedene TV-Formate produzierte – neben den eingangs erwähnten Soapserien auch zahlreiche Shows für verschiedene Sender, darunter zeitweise das Casting für den RTL-Dauerbrenner „Das Supertalent“. 2015 kaufte Studio Hamburg das Gelände, ein Jahr später erwarb es dann Arbireo.

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