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Christian Näthe (Gesang, links) und Matthias Mengert (Gesang) von der Band Hasenscheisse im neuen Video.

© Kristina Tschesch/promo

Neues Musikvideo von Hasenscheisse: Ein Wald bei Beelitz wird zu Mordor

Hasenscheisse haben vier Songs mit dem Filmorchester Babelsberg eingespielt und veröffentlichen ein Musikvideo, das im abgebrannten Wald spielt.

Potsdam - Schwarze Erde, verkohlte Baumstämme, grauer Himmel: Im neuen Hasenscheisse-Musikvideo „Frodo und Sam“ irren die Bandgründer Christian Näthe und Matthias Mengert einsam und verloren durch eine apokalyptische Landschaft, ganz so wie die zwei titelgebenden Hobbits am Ende von „Herr der Ringe“. Doch es ist nicht Mordor, was da zu sehen ist, sondern Potsdam-Mittelmark. Genau gesagt: Eine Kiefern-Monokultur bei Beelitz, die vor wenigen Wochen im Zuge der starken Waldbrände den Flammen zum Opfer gefallen ist.

„Es sah wirklich dystopisch aus“, sagt Näthe. „Rundherum war kein Mensch zu sehen – keine Spaziergänger, keine Katastrophentouristen.“ Er habe einen persönlichen Bezug zu den Auswirkungen der Brände, denn seine Familie väterlicherseits wohnt in Frohnsdorf, das zweimal evakuiert werden musste. Dass auf einmal vor der eigenen Haustür Naturkatastrophen passieren, die sonst weit weg zu sein schienen, habe ihn erschüttert: „Das macht was mit dir“, sagt Näthe. 

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Das Video ist seit Freitag online 

Vor rund drei Wochen hatte die Band das minimalistische Video zusammen mit der Potsdamer Filmemacherin Kristina Tschesch gedreht, seit Freitag ist es online. Auch wenn das Musikvideo ungewohnt düster daherkommt, ist der Anlass dennoch ein freudiger: Ebenfalls am Freitag erschien nämlich das letzte Hasenscheisse-Album „Dampferjazz“ auf Vinyl, die erste Vinyl-Veröffentlichung der Band überhaupt. Die Platte war zwar bereits 2021 erschienen, sei mitten in der Pandemie jedoch etwas untergegangen, sagt Näthe.

Ein Live-Konzert zum Vinyl- und Musikvideo-Release gibt es leider nicht – jedenfalls nicht in Potsdam: Derzeit befindet sich die Band auf Tour, am Freitag spielte sie in Querfurt in Sachsen-Anhalt. Das Vinyl-Album kann aber auch online geordert werden. 

Vier Songs neu eingespielt 

Um ihren Fans noch ein kleines Extra dazuzugeben, hat die Band vier Songs von „Dampferjazz“ mit dem Filmorchester Babelsberg neu eingespielt: „Frodo und Sam“, „Penny“, „Der tapfere Igel“ und „Kleines sauberes Städtchen“ – letzteres Lied ist immer noch die liebevollste und bissigste Zustandsbeschreibung, die es aktuell von Potsdam gibt. Die Idee zur Neuvertonung kam von Klaus-Peter Beyer, dem Intendanten des Filmorchesters. „Das war musikalisch ein ganz neues Feld für mich“, sagt Näthe, der die Zusammenarbeit auch als Zeichen der Anerkennung versteht, die Hasenscheisse trotz ihres punkigen Namens mittlerweile genießen. „Wenn du als Musiker das Angebot bekommst, deine Songs mit Orchester aufzunehmen, dann sagst du natürlich nicht nein.“

Und so kommen die vier lockeren „Acoustic Guitar Trash Balladen“, wie die Band ihren eigenen Stil nennt, plötzlich ganz veredelt und teils bombastisch daher: „‘Der tapfere Igel‘ hatte ich mir tatsächlich immer so vorgestellt, wie eine kleine Oper - so richtig übertrieben und vollgestopft wie ein Ben & Jerrys-Eis“, sagt Näthe. Ein Sound, der gut zum aberwitzigen Text passt, der von einem Igel erzählt, der in einer römischen Arena gegen Julius Cäsar antritt.

"Von der Melancholie überholt"

„Frodo und Sam“, in dem die Band sich eine heilere Welt ohne den ständigen Blick in die „kleine Weltersatzmaschine“ und ohne „Vogelschiss-Partei“ herbeisehnt, war ursprünglich als ironischer Kommentar auf die Nostalgie nach der Vergangenheit gedacht: „Doch die Melancholie hat mich im Text überholt“, sagt Näthe. Das Musikvideo mit den abgebrannten Wäldern unterstreicht das Wehmütige nun stärker, auch der orchestrale Sound lässt den Song ernster klingen.

Näthe ist dennoch wichtig, dass der „Appetit auf eine bessere Welt“ im Text ebenso enthalten sei – auch das sei ihm beim Videodreh klar geworden: „Tatsächlich habe ich im Wald gesehen, wie aus der schwarzen Erde schon wieder grüne Triebe kamen.“ Es gibt also noch Hoffnung im Auenland.

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