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Exklusiv

Neues Gesetz kommt: Potsdamer Awo schließt Altenpflegeschule

Nur noch wenige Wochen, dann wird die Altenpflegeschule im Stadtteil Am Stern schließen, bestätigte die Potsdamer Arbeiterwohlfahrt. Hintergrund ist ein neues Gesetz, das 2020 in Kraft tritt.

Von Katharina Wiechers

Potsdam - Die Potsdamer Arbeiterwohlfahrt (Awo) schließt ihre Altenpflegeschule im Stadtteil Am Stern. Das bestätigte Awo-Chefin Angela Schweers den PNN am Dienstag auf Anfrage. Die Schließung soll am 30. September erfolgen, also zum Ende des laufenden Ausbildungsjahres. Gleichzeitig wurde bekannt, dass die evangelische Hoffbauer Stiftung gemeinsam mit dem Klinikum „Ernst von Bergmann“ und dem Evangelischen Diakonissenhaus Berlin Teltow Lehnin die Gründung einer neuen großen Pflegeschule auf Hermannswerder plant.

Hintergrund dieser Entwicklungen ist das neue Pflegeberufegesetz, das 2020 in Kraft tritt. Dieses sieht unter anderem die Einführung einer generalistischen Ausbildung für Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpfleger vor (siehe unten). Reine Altenpflegeschulen wird es also künftig nicht mehr geben.
Für die vergleichsweise kleine Altenpflegeschule der Potsdamer Awo mit rund 75 Schülern würde dies bedeuten, dass man künftig auch Kranken- und Kinderkrankenpfleger ausbilden müsste. Dafür habe man weder das entsprechend ausgebildete Personal, noch die nötigen Kooperationen für die praktischen Einheiten, so Schweers. Denn die Auszubildenden sollen dem neuen Gesetz zufolge Einblick in möglichst viele Pflegeberufe bekommen – ähnlich wie bei der Erzieherausbildung. „Wir haben es versucht, aber für eine kleine Schule wie unsere ist das nicht zu stemmen“, so Schweers.

Auch sei diese Herangehensweise nicht mit der Philosophie der Potsdamer Einrichtung zu vereinen. Deren Ziel sei es, die Auszubildenden bestmöglich auf die speziellen Anforderungen in der Altenpflege vorzubereiten, etwa durch vertiefende Module zum Thema Demenz oder Sucht im Alter. Durch die Generalistik fielen viele Themen weg. Außerdem ist ein Ziel der Schule, eigenes Fachpersonal für die Altenpflege auszubilden. Würde die Awo die Schule nun aufwendig der Reform anpassen, würde sie zum Beispiel Krankenpfleger ausbilden, die sie selbst gar nicht bräuchte.

Die Altenpflegeschule der Awo wurde 2008 gegründet und ist Teil der Awo Akademie in der Röhrenstraße Am Stern. Unterrichtet werden dort angehende Altenpfleger sowohl aus Awo-Einrichtungen als auch von anderen Trägern. Insgesamt gibt es fünf Kooperationspartner, die die Azubis aus ihren Altenpflegeeinrichtungen für den Theorieteil der Ausbildung in die Awo-Schule nach Potsdam schicken.

Einer dieser Partner ist die Jedermann-Gruppe, die Einrichtungen in Brandenburg und Sachsen-Anhalt betreibt. Dort ist man überrascht von der „Ad-Hoc-Entscheidung“, wie Geschäftsführer Sven Rohde den PNN sagte. Die Awo-Schule sei gut, man bedauere die Schließung. Unklar sei vor allem, wie es ab 1. Oktober für die Azubis weitergehe, fügte Pflegedienstleiterin Katja Wittekop hinzu. Derzeit besuchten zwei Jedermann-Auszubildende die Awo-Schule, ab 1. Oktober sollten es drei weitere sein. „Irritierend war für uns auch, dass die Schule alle Unterlagen der neuen Auszubildenden eingefordert hat, obwohl ja klar war, dass sie schließen würde.“

Laut Schweers hat sich die Awo den Entschluss, die Schule zu schließen, nicht leicht gemacht. Bis zuletzt habe man die Möglichkeiten geprüft und auch darauf gehofft, dass die Reform an einigen Stellen nachgebessert wird. Schweers erhebt den Vorwurf gegen den Gesetzgeber, dass vieles noch unklar und die Rahmenbedingungen schwammig seien, etwa welche Qualifikation die künftige Leitung haben müsste.

Außerdem geht sie davon aus, dass die Reform dafür sorgen wird, dass es künftig noch weniger Altenpfleger gibt. Sie denkt, dass sich viele nach der generalistischen Ausbildung eher für den Beruf des Krankenpflegers entscheiden werden, da dieser besser bezahlt ist als der des Altenpflegers.

Dass die Schule schließen würde, habe man vor einigen Wochen beschlossen, als klar war, dass der Bund bei seinen Plänen bleibt, so Schweers. Alle Kooperationspartner habe man rechtzeitig informiert und zugesagt, alternative Schulplätze zu organisieren. Die Absprachen dazu liefen derzeit, so Schweers. Die insgesamt 25 Anmeldungen für das kommende Jahr habe man trotz der bevorstehenden Schließung angenommen, um zu verhindern, dass Ausbildungen aus Mangel an Schulen gar nicht erst begonnen würden. Alle neuen Azubis würden von der Awo weitervermittelt, so Schweers.

Ein großer Teil der Schüler wird etwa an der Altenpflegeschule der Hoffbauer-Stiftung in Kleinmachnow unterkommen, wie sowohl Schweers als auch der Stiftungs-Vorstandsvorsitzende Frank Hohn sagten. Die laufenden Ausbildungen sollen laut Hohn dort beendet werden, 2020 wird dann aller Voraussicht nach die neue Pflegeschule auf Hermannswerder starten – mit generalistischer Ausbildung. Grünes Licht für die neue Schule fehlt laut Hohn nur noch beim Bergmann-Klinikum, dort stehe noch ein Beschluss des Aufsichtsrates und der Stadtverordneten aus. Sollte die neue Schule kommen, sei dafür langfristig sogar ein Neubau auf Hermannswerder geplant, so Hohn. Dafür seien aber Investitionen von Seiten des Landes nötig, eine Anfrage dazu laufe bereits.

Die Zukunft der Altenpflege sieht der Stiftungschef durch die Generalistik nicht in Gefahr. Er gehe davon aus, dass die neue Ausbildung zu mehr Variabilität im Pflegeberuf führe – auch zugunsten der Altenpflege. Auch was das Gefälle bei der Bezahlung angeht, ist der Hohn optimistisch. „Ich glaube, dass sich das Gehalt hier bald nicht mehr unterscheiden wird.

Das neue Gesetz

Das neue Pflegeberufegesetz von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) tritt am 1. Januar 2020 in Kraft. Es soll die Ausbildung moderner und attraktiver machen und sieht unter anderem die Abschaffung des Schulgeldes sowie die Einführung einer Ausbildungsvergütung vor. Die Kosten werden dann über eine Umlage auf alle Pflegeeinrichtungen verteilt – bislang zahlten nur die ausbildenden Träger. Kernstück ist die Zusammenführung der bislang getrennten Ausbildungsgänge für Kranken- und Altenpflege. Alle Pflege-Azubis sollen künftig die ersten beiden Jahre gemeinsam lernen. Im dritten Ausbildungsjahr ist dann ein generalistischer Abschluss zur Pflegefachfrau beziehungsweise zum Pflegefachmann, aber auch eine Spezialisierung in der Alten- und Kinderkrankenpflege möglich.

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