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Das neue Haus des Potsdamer Dialysezentrums Diamedikum nahe des Hauptbahnhofs. 

© Ottmar Winter PNN

Neues Dialysezentrum am Hauptbahnhof: Mit dem Fahrrad ins Diamedikum

Der Arzt Jens Ringel ist mit seinem 55-köpfigen Team des Dialysezentrums vom St. Josefs-Krankenhaus in einen Neubau neben den Hauptbahnhof gezogen.

Von Carsten Holm

Potsdam - Verzögerungen bei Bauvorhaben sind nicht ungewöhnlich – bei einem Dialysezentrum aber können sie Patienten in Gefahr bringen, die stets pünktlich an eine Blutreinigungsmaschine angeschlossen werden müssen. „Wir haben unseren Umzug präzise hingekriegt”, sagt Jens Ringel, Chef des neuen Diamedikums am Hauptbahnhof den PNN mit verhaltenem Stolz, „wir haben Dienstag um 17.30 Uhr den letzten Patienten in unserem bisherigen Zentrum im St. Josefs-Krankenhaus von der Maschine genommen und am Mittwochmorgen um 6.45 Uhr den ersten im neuen Haus angeschlossen.”

Mehr als 4000 Patienten versorgt das Zentrum

In zwei Jahren Bauzeit ist an der Babelsberger Straße 28, einen Steinwurf von den Bahnhofspassagen entfernt, ein moderner, lichtdurchfluteter und architektonisch gelungener Komplex entstanden, in dem pro Quartal mehr als 4000 Patienten versorgt werden. 55 Mitarbeiter, darunter neun Fachärzte für Nephrologie (Nierenkunde), zudem Diabetologen, Lipidologen (Stoffwechselspezialisten) und Hausärzte residieren jetzt in dem viergeschossigen Bau.

Arzt und Bauherr in Personalunion: Jens Ringel.
Arzt und Bauherr in Personalunion: Jens Ringel.

© Ottmar Winter PNN

Für Ringel, der mit seiner Frau, einer Betriebswirtin, und drei Kindern in Berlin- Zehlendorf lebt, kommt die Neueröffnung dem bisherigen Höhepunkt seiner Potsdamer Jahre gleich. Nach dem Studium an der Berliner Freien Universität hatte er 2007 in Babelsberg die Praxis eines in den Ruhestand gewechselten Kollegen übernommen und später ein Dialysezentrum am St. Josef-Krankenhaus geführt.

Gebäudekomplex mit 2500 Quadratmetern Gesamtfläche

Nun ist Ringel, der Mediziner, auch Unternehmer geworden. Der 50-Jährige hat das Areal in der Toplage gekauft und einen Gebäudekomplex errichten lassen, auf dessen Gesamtfläche von 2500 Quadratmetern nicht nur sein Diamedikum, sondern auch namhafte Mieter wie der arbeitsmedizinische Dienst des Landes, die Potsdam Marketing GmbH, eine Tochter des Unternehmensverbundes ProPotsdam, der Deutsche Jugendherbergsverband und, in der vierten Etage, die „good healthcare group”, ein großer Vertriebsdienstleister für Pharmaunternehmen mit Hauptsitz in Berlin, einziehen werden. Eigentlich sollte auch ein Café öffnen, wegen allerlei Hürden des Baurechts wird sich aber an dessen Stelle nun eine Rechtsanwältin niederlassen.

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Über das Geld, das er mit seiner Frau in den Komplex investiert hat, schweigt der Gentleman. Auf die Schätzung, gute 15 Millionen Euro müssten es wohl gewesen sein, reagiert er mit einem kaum sichtbaren Lächeln hinter seiner Corona-Maske: „Da liegen Sie nicht ganz falsch.” War das nicht mutig, so viel Geld hineinzupumpen? „Es war alternativlos”, sagt Ringel. Am bisherigen Standpunkt am St. Josefs-Krankenhaus sei die Fläche für die erforderliche Erweiterung nicht vorhanden gewesen, „der Container, in dem wir arbeiteten, sollte schon seit Jahren abgerissen werden”. Das Wohnungsbauunternehmen Semmelhaack habe das Grundstück an der Babelsberger Straße zwischendurch erworben und wollte bauen, „wir wären Mieter geworden”, sagt der Arzt. Semmelhaack sprang ab, Ringel griff zu.

Rund 100 Plätze für die Dialyse gibt es an dem neuen Standort.
Rund 100 Plätze für die Dialyse gibt es an dem neuen Standort.

© Ottmar Winter PNN

Unter einem Dach finden sich jetzt neben den Praxen der drei niedergelassenen Ärzte gut 100 Plätze für Dialysepatienten, neun für die sogenannte Lipidapherese, die maschinelle Behandlung von Fettstoffwechselstörungen, und Raum für die einzige Lipid-Sprechstunde für Kinder und Jugendliche in Brandenburg. Diese Krankheit sei eine Folge einer genetischen Veranlagung, sagt Ringel, „wenn jemand vor seinem 60. Lebensjahr einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall erleidet, fordern wir Familien auf, sich darauf untersuchen zu lassen. Das lässt sich gut therapieren”.

Dialyse vergleichbar mit Dauerlauf-Belastung

Dass Ringel nebenbei Unternehmer ist, sich in erster Linie aber als Arzt versteht, spürt man, wenn er über die Dialyse „den Kernbereich unserer Praxis” spricht. Er erzählt von den Patienten, die sich wegen ihrer Niereninsuffizienz dreimal wöchentlich für vier bis sechs Stunden an eine Dialysemaschine anschließen lassen. Durchschnittlich seien sie 69 Jahre alt, je zur Hälfte Frauen und Männer, viele Beamte und Angestellte der öffentlichen Verwaltung seien darunter, aber auch drei selbstständige Handwerker. Schwächt die Blutwäsche? „Ja”, sagt der Diabetologe, „man kann es mit einem Dauerlauf vergleichen”. Einige aber kämen mit dem eigenen Auto zur Behandlung, einer sogar auf dem Fahrrad. Etliche Patienten seien berufstätig, sie können abends zwischen 18 und 19 Uhr an die Geräte angeschlossen werden und ihr Blut bis Mitternacht reinigen lassen.

Älteste Patient mit Austauschniere sei 99 Jahre geworden

Musste Patienten wegen ihrer schweren Nierenschädigung eine Niere transplantiert werden, kommen sie alle vier bis sechs Wochen, um ihre Blutwerte kontrollieren zu lassen. In den vergangenen Jahren waren dies mehr als 50 Frauen und Männer. Die transplantierten Nieren hielten inzwischen lange, „man rechnet in Jahrzehnten”. Der älteste Patient mit einer Austauschniere sei 99 Jahre alt geworden, im Moment sei der Älteste 91 Jahre alt. „Das ist für einen Arzt eine sehr große Freude”, sagt Ringel.

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