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Neuer Plan für Tropenhalle: Biosphäre in der Zeitschleife

Die von SPD und CDU/ANW erhoffte erweiterte Ausschreibung der Tropenhalle wäre rechtswidrig. Jetzt ist guter Rat teuer.

Potsdam/Bornstedter Feld - Die Sache dreht sich im Kreis: Im Dauergezerre um die Zukunft der chronisch defizitären Biosphäre stehen möglicherweise noch monatelange Prüfungen bevor. Denn: Die vor allem von SPD und CDU/ANW erhoffte Erweiterung der anstehenden Ausschreibung für einen neuen Tropenhallen-Betreiber ist aus vergaberechtlichen Gründen nicht möglich. Zu diesem Schluss kommt ein von der Stadt in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten aus der Berliner Großkanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek, das die Stadtverordneten jüngst erhalten haben.

SPD und CDU/ANW wollen zusammen mit den Grünen die erneute Ausschreibung möglichst ausweiten und hoffen, so einen Betreiber zu finden, der die Halle umnutzt – etwa als Kiezbad oder Stadtteilzentrum. Doch dieses Vorgehen würde Schadensersatzrisiken für die Landeshauptstadt produzieren, warnen die Anwälte. Es werde etwa gegen den Grundsatz der Ausschreibungsreife verstoßen, weil die Stadt „den Gegenstand der Ausschreibung nicht eindeutig festlegen“ würde, sondern es den Bietern überlasse, die Leistung zu bestimmen. Dies sei auch eine unzulässige Markterkundung, so die Juristen. Diese Verstöße würden das Verfahren angreifbar machen – jeder Bewerber könnte demnach das Verfahren wegen Rechtsfehlern zum Platzen bringen und dann Schadensersatz von der Stadt verlangen, um sich Planungs- und Personalkosten für die Bewerbung ersetzen zu lassen, heißt es in dem juristischen Gutachten weiter.

Kiez-Schwimmhalle und Stadtzentrum wieder auf der Tagesordnung

Für den Fortgang der Biosphären-Debatte ist ein weiterer Satz wichtig: Die Stadtverordneten dürfen neben der Ausschreibung auch keine parallele Prüfung für mögliche andere Nutzungen beschließen. Auch das würde zu dem Risiko führen, dass man am Ende Schadensersatz an Bewerber zahlen muss, warnen die Anwälte. Daher müssen sich SPD, CDU/ANW und Grünen nun entscheiden. Stimmen sie dem Vorschlag von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) zu, wonach für die Biosphäre ein neuer Betreiber gesucht wird, der nach Sanierung und mit etwas verbesserten Angeboten die Tropenhalle übernehmen und dafür jährlich von der Stadt 1,9 Millionen Euro erhalten würde, also 400.000 Euro mehr als bisher? Oder werden SPD, CDU/ANW und Grüne weitere Prüfungen vorschlagen, die aber noch einmal Monate dauern würden?

Die Frage wäre dann allerdings, was die erneute Prüfung bringen soll: Vor der jetzigen Debatte hatte die kommunale Pro Potsdam als Hallenbetreiberin zusammen mit der Stadt über Monate schon Alternativen prüfen lassen – etwa die kombinierte Nutzung als Stadtteilzentrum oder eben die als Kiez-Schwimmhalle, die nun wieder auf der Tagesordnung steht. Das Ergebnis für alle Möglichkeiten: Die Umbaukosten wären vergleichsweise hoch. So kostet der Einbau eines Schwimmbads mit 3500 Quadratmetern – etwa einem Drittel der Halle – 6,3 Millionen Euro. Dann müsste zudem auch der Rest der Halle gefüllt werden, etwa mit einem Stadtteilzentrum. Da wiederum mahnt die Geschäftsstelle für Stadtentwicklung im Rathaus, die Nutzung und vor allem der Umbau der Halle zu einer sozialen Infrastruktureinrichtung führe „zu nicht wettbewerbsfähigen Betriebskosten nebst Instandhaltungsrücklage und Zinsaufwendungen“.

Biosphäre wird wohl nicht zum Jugendklub

Eine ebenso ins Spiel gebrachte Nutzung der Biosphäre als Jugendklubstandort ist vom Tisch, auch weil sich der Jugendhilfeausschuss zuletzt eindeutig gegen diese Variante ausgesprochen hatte – es gibt wie berichtet inzwischen zwei Alternativlösungen an der Georg-Hermann-Allee. Es sind also schon viele auch jetzt von SPD und CDU/ANW geforderte Varianten geprüft und als zu teuer verworfen worden. Andererseits: Die Stadt hat auch schon mehrfach neue Betreiber für die Tropenhalle gesucht, immer erfolglos. Im Notfall soll die Biosphäre dann auch von der kommunalen Pro Potsdam weiter betrieben werden.

Nur die Grünen hatten bisher einen Abriss der Halle, die zur Bundesgartenschau 2001 gebaut wurde und seit Jahren vom Bund der Steuerzahler als Beispiel für Verschwendung angeprangert wird, ins Spiel gebracht. Nach öffentlicher Kritik bezeichneten die Grünen einen Abriss aber wieder als letzte Option. Am Dienstagabend soll nun der Hauptausschuss in einer Sondersitzung das Vorgehen beraten. Ein Verfahrensbeobachter sagte: „Offenbar hat in der Politik niemand den Mut, den wirtschaftlich sinnvollen Abriss zu fordern – stattdessen rettet man sich in Prüfaufträge.“

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Biosphäre 2.0: Für die Biosphäre brauchen die Akteure mehr Gestaltungswillen, meint PNN-Chefredakteurin Sabine Schicketanz in ihrem Kommentar. Über Potsdams nächstes Leuchtturm-Projekt

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