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Update

Neuer Kostümfundus: Potsdams größter Kleiderschrank

Für das neue Depot im Filmpark ist der Grundstein gelegt. Bis zu einer Million Kostüme werden dort hineinpassen.

Potsdam - Die Gänge sind scheinbar unendlich. In zwei zweistöckigen Baracken hängt Potsdams Filmgeschichte auf unzähligen Kleiderbügeln. Vom Bauernwams über barocke Kleider bis zur NVA-Uniform gibt es alles, was in Babelsberger Filmproduktionen mal getragen wurde. Buchstäblich bis unter die Decke ist der Kostümfundus gefüllt. Selbst in vielen der Gänge stehen noch Kleiderständer. „Es kommt ständig etwas Neues dazu“, sagt Gabriele Leuter, die den Kostümfundus seit 2009 leitet. 

Die Fülle an Kleidung, Schuhen, Hüten und Helmen ist Segen und Fluch zugleich. Denn die Kostümbildner haben zwar viel Material, aber wenig Platz, um damit zu arbeiten. Die beengten Verhältnisse sollen allerdings bald ein Ende haben. Denn die Umgestaltung des Filmpark-Areals nimmt langsam Gestalt an. Am Montag wurde an der Großbeerenstraße der Grundstein für ein neues Gebäude gelegt. Im Haus werden die Fundus-Werkstätten und Kostümbildnerräume auf 5000 Quadratmetern Platz finden. Weitere 2500 Quadratmeter sind für Lagerbereiche der Metropolishalle und des Filmparks Babelsberg vorgesehen, auf nochmals 2500 Quadratmetern sind Büroflächen für mediennahe Unternehmen geplant. 

Im Herbst oder Winter soll alles fertig sein

Ab Anfang 2021 sollen in dem sechsgeschossigen Gebäude nicht nur geschätzt eine Million Kostüme aus gut 100 Jahren Filmgeschichte unterkommen, sondern auch ein Backstagebereich für die Metropolishalle sowie die Verwaltung des Filmparks. Das Fundament und die Kellerwände stehen schon, im Herbst oder Winter des nächsten Jahres soll der Bau fertiggestellt sein. Anschließend sollen die Nutzer einziehen. Die Kosten für den Neubau belaufen sich auf rund zehn Millionen Euro.

Den Inhalt soll man dem Gebäude künftig auch von außen ansehen: So soll die Fassade über mehrere Etagen mit Szenen aus bekannten Babelsberger Filmproduktionen geschmückt werden – beispielsweise mit dem kleinen Muck. Die unteren zwei Geschosse sollen in einer Backsteinoptik verkleidet sein, die Fassade der oberen Geschosse farbig abwechslungsreich gestaltet. Der Block zieht sich östlich der Metropolishalle von der Großbeerenstraße fast bis zum Vulkan der Stuntshow.

Ein Kran ließ Requisiten herabschweben 

Filmrequisiten spielten auch bei der Grundsteinlegung selbst eine Rolle. Gleich mehrere wanderten in die Zeitkapsel, die unter das Fundament versenkt wurde: der Turban des „Kleinen Muck“, eine Figur des Sandmännchens, „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ auf Blu Ray, ein Luftbild der Medienstadt und eine Klappe. Die Requisiten schwebten an einem Kran herab, bevor sie von Filmpark-Chef Friedhelm Schatz, Oberbürgermeister Mike Schubert und Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (beide SPD) im Fundament versenkt wurden. 

Der Neubau ist eines der Projekte, mit dem sich die Stadt Potsdam um den Titel einer Unesco-Filmstadt bewirbt. Im März hatte das Rathaus bekanntgegeben, sich an der Ausschreibung für den Titel Unesco Creative City of Film zu beteiligen. Zu den 13 internationalen Film-Städten gehören unter anderem Bradford und Bristol in Großbritannien, Busan in Südkorea, Santos in Brasilien, Bitola in Nordmazedonien und das irische Galway. Für den Titel müssen bestimmte Kriterien erfüllt werden, beispielsweise eine ausgeprägte filmische Infrastruktur sowie Archive, Museen, private Sammlungen und Filmschulen.

Der Fundus wird für die Ausstattung von Kino- und Fernsehfilmen sowie Theater- und Bühnenprojekten genutzt. Und viele der Kostüme sind tatsächlich in Filmproduktionen zum Einsatz gekommen. „Zum Beispiel kann es sein, dass Sie sich eine Zimmermannskluft ausleihen – und dann steht da der Name Manfred Krug drin“, erzählt Matthias Voß, Geschäftsführer des Kostümfundus. Ein paar davon haben auch Spuren hinterlassen. So sieht man an der Wand in der Werkstatt immer noch den Bleistiftstrich, mit dem 2005 die Körpergröße von Hugo Weaving („Matrix“, „Herr der Ringe“) markiert wurde, als in den Studios der Film „V wie Vendetta“ gedreht wurde. Im Kostümfundus wurde für den charakteristischen Umhang des Titelhelden Maß genommen. „Der muss natürlich mit ins neue Gebäude“, sagt Voß und zeigt auf den Strich an der Wand.

Der alte Fundus ist nicht nur mit Klamotten vollgestopft, sondern auch mit Erinnerungen. „Es ist schwer etwas herauszugreifen“, sagt Leuter. Schließlich verbinde sich mit jedem Stück eine Geschichte. Wie viele es genau sind, könne sie nicht sagen. Im Neubau dürfte es deutlich bessere Arbeitsbedingungen geben. Nicht nur mehr Platz für Lager und Werkstatt: Die alten Baracken vom Anfang der 1970er-Jahre mit ihrem Betongerippe und der Blechverkleidung sind nicht gedämmt. „Im Winter ist es kalt“, so Voß. Und wenn im Sommer die Sonne auf das Blechdach scheint, verwandelt sich besonders das ungedämmte Obergeschoss in einen Backofen. 

Seit Sommer 2012 gehört die Einrichtung nicht mehr zum Studio Babelsberg, sondern ist zum benachbarten Filmpark gewechselt. Mehr als 30.000 Teile finden sich allein in der Militärabteilung des Kostümfundus – vom römischen Legionärshelm bis zur Jacke eines Brandenburger Verkehrspolizisten reicht die Auswahl. Ein Großteil des Bestandes stammt noch von der Defa, aber auch von jüngeren Produktionen wie George Clooneys Kunstraub-Thriller „Monuments Men“ sind Stücke dazugekommen. Bald gibt es Platz für noch mehr.

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