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Ortud Westheider hat schon einmal ein Museum mit aufgebaut: Das Bucerius Kunst Forum in Hamburg.

© Barberini

Neue Leiterin des Museums Barberini in Potsdam: Westheider: „Die Situation in Potsdam ist einzigartig“

Ortrud Westheider ist die neue Barberini-Direktorin. Mit Hasso Plattners Sammlung hat sie jetzt schon viele Pläne, wie sie im PNN-Interview schildert.

Von Katharina Wiechers

Frau Westheider, Sie werden zum 1. April die Leitung des Museums Barberini übernehmen. Freuen Sie sich auf die neue Aufgabe?

Das ist eine tolle Herausforderung und ich freue mich darauf, nochmal ein Haus zu gründen, ihm einen Charakter und ein eigenständiges Gesicht zu geben.

Sie verwenden das Wort „nochmal“, weil Sie auch das Bucerius Kunst Forum in Hamburg mit aus der Taufe gehoben haben?

Genau, auch dort war ich von Anfang an dabei. Das war eine unglaublich spannende Phase, denn wir mussten ja erst einmal bekannt werden, uns auch international einen Ruf aufbauen. Schließlich wollten wir Leihgaben von allen wichtigen Museen der Welt bekommen. Diese Aufbauarbeit hat mir sehr viel Spaß gemacht.

Wenn Sie Ihre Stelle am 1. April 2016 antreten, bleibt noch ungefähr ein Jahr Zeit bis zur geplanten Eröffnung des Museums. Was muss bis dahin noch geschehen?

Große Ausstellungen vorzubereiten kostet viel Zeit. Wir arbeiten schon jetzt sehr intensiv an der Eröffnung, und danach soll es ja sofort auf hohem Niveau weitergehen. Ich spreche über Ausstellungsideen, über mögliche Gastkuratoren und verhandele mit anderen Museen über Leihgaben. All das muss geplant werden, ist mit vielen Reisen und Gesprächen verbunden. Wir sind also schon voll beschäftigt, während draußen noch gebaut wird.

Warum kommen sie eigentlich erst im April 2016?

Das hat zwei Gründe: Zunächst einmal geht es darum, in Hamburg einen ruhigen Stabwechsel hinzubekommen. Wenn ich gehe, soll das alles so weit abgeschlossen sein, dass ich meinem Nachfolger oder meiner Nachfolgerin das Haus so übergeben kann, dass Kontinuität garantiert wird. Außerdem möchte ich natürlich meine Arbeit hier in Hamburg ordentlich abschließen. Derzeit bereiten wir eine große Picasso-Ausstellung vor, die am 5. Februar eröffnet wird. Und am 4. Juni folgt dann die Ausstellung anlässlich des 500. Todestages von Hieronymus Bosch. Beides sind für mich sehr wichtige Projekte, die ich unbedingt bis zur Eröffnung begleiten möchte.

Erfolgt die Trennung einvernehmlich?

Ich bin seit 14 Jahren am Forum, seit zehn Jahren leite ich es. In dieser Zeit habe ich sehr intensiv mit meinen Kollegen und mit der ZEIT-Stiftung zusammen gearbeitet. Dabei entstehen enge Freundschaften. Es fällt natürlich nicht leicht, da Abschied zu nehmen, und das gilt – das darf ich sicher sagen – für beide Seiten. Umso mehr freue ich mich über die Mitfreude und Herzlichkeit, die mir gerade von allen Seiten in Hamburg entgegenströmt. Das ist nicht selbstverständlich, und dafür bin ich sehr dankbar.

Was sprach dann für Potsdam?

Die Situation in Potsdam ist einzigartig – eine aufstrebende Stadt, ein ganz besonderes Haus von einem ganz besonderen Sammler. Nehmen Sie allein die städtebauliche Sicht. Ich meine die Öffnung des Gebäudes zur Havel hin, der Blick auf den Platz mit dem neuen Landtagsgebäude. Und nicht zuletzt werden das ganz wunderbare Räume. Ich glaube, das Barberini hat ein ganz tolles Potenzial und wird zu einem einzigartigen Magneten für Potsdam.

Werden Sie denn nach Potsdam ziehen?

Ja, ich bin schon jetzt öfter da und wir sehen uns auch schon nach Wohnungen um.

Sie sprechen von wir?

Ja, mein Mann wird mich begleiten.

Sie kommen dann aus der Großstadt Hamburg in das beschauliche Potsdam...

Da sollten Sie Ihr Licht nicht unter den Scheffel stellen! Potsdam ist ja mehr als die reine Einwohnerzahl, es gibt ja wahnsinnig viele Gäste und die spezielle Verbindung zu Berlin.

Was wird denn nun eigentlich genau zu sehen sein im Barberini?

Da ist zum einen Hasso Plattners Sammlung mit Werken aus der ehemaligen DDR und zum anderen verschiedene Ausstellungen, bei denen einzelne Werke oder Werkgruppen aus seiner Sammlung gezeigt werden.

Munch, Monet, Renoir, Nolde... Die Künstlernamen klingen vielversprechend, doch genau scheinen nur wenige die Sammlung zu kennen. Kennen Sie sie?

Ja.

Sonst hätten Sie den Job auch nicht angenommen?

Nein.

Kann man sagen, dass der Schwerpunkt der Sammlung auf dem Impressionismus liegt?

Ja.

Sind denn große Werke darunter?

Oh ja.

Verraten Sie, welche?

Nein (lacht).

Herr Plattner hatte ja zuletzt damit gedroht, all die Kostbarkeiten womöglich gar nicht nach Potsdam zu bringen, weil er Ausfuhrbeschränkungen durch das geplante neue deutsche Kulturgutschutzgesetz befürchtet. Teilen Sie seine Bedenken?

Der Entwurf zum neuen Kulturgutschutzgesetz ist in seiner derzeitigen Form falsch und ich kann mir nicht vorstellen, dass er so verabschiedet wird. Für die Arbeit der kommenden Jahre ist das aber nicht entscheidend. Herr Plattner hat sich ausführlich dazu geäußert und erklärt, dass die Sammlung im künftigen Ausstellungsprogramm des Museum Barberini vorgestellt werden kann. Den weiteren Prozess des Gesetzesverfahrens müssen wir abwarten. Ich kann nur so viel sagen: Diese großartige Sammlung auf Dauer nach Potsdam zu bekommen, wäre für die Stadt ein riesiger Gewinn. Und es kann nicht Sinn des Gesetzes sein, Sammler wie Hasso Plattner von der Stiftung ihrer Kunst abzubringen.

Das heißt, es werden immer mal wieder einzelne Werke daraus zu sehen sein?

Genau. Vorstellbar wäre zum Beispiel, dass man einen Monet aus Plattners Sammlung auswählt und dann sieht, welche Museen ebenfalls einen Monet oder andere Kunstwerke aus der selben Zeit haben und sie uns ausleihen. Wir überlegen jetzt schon, was in welchem Zusammenhang gezeigt werden kann.

Herr Plattner hat ein gewinnendes Wesen - greift aber auch durch. Von Ihrem Vorgänger hat er sich sehr plötzlich getrennt. Bereitet Ihnen das Sorge?

Das bereitet mir überhaupt keine Sorge, nein. Herr Plattner und ich haben sehr ähnliche Vorstellungen, was das Museum Barberini und den Umgang mit seiner Sammlung angeht. Meine Aufgabe ist es, ein internationales Netzwerk und Kontakte mitzubringen, um die gemeinsamen Pläne mit Leben zu füllen. Ich glaube, wir ziehen an einem Strang.

Die Fragen stellte Katharina Wiechers

ZUR PERSON: Ortrud Westheider stammt aus der westfälischen Kleinstadt Versmold. In Hamburg studierte sie Kunstgeschichte, Geschichte und Literaturwissenschaft, anschließend promovierte sie über den deutschen Künstler Max Beckmann. Ihr Museumsvolontariat absolvierte die heute 50-Jährige an der Hamburger Kunsthalle, später war sie unter anderem an der Gemäldegalerie Alte Meister in Bremen und am Westfälischen Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte tätig. An das 2002 gegründete Bucerius Kunst Forum in Hamburg kam Westheider zunächst als Kuratorin. 2006 übernahm sie die Leitung.

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