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Schweres Erbe: Cornelia Radeke-Engst ist neue Garnisonkirchenpfarrerin.

© Thomas

Landeshauptstadt: Neue Garnisonkirchen-Pfarrerin will versöhnen

Radeke-Engst hat Amt offiziell angetreten. Umstrittenes Gotteshaus soll „Ort für alle“ werden

Von Sarah Kugler

Innenstadt - Die neue Pfarrerin der Garnisonkirche, Cornelia Radeke-Engst, will als Botschafterin der Versöhnung auftreten und das umstrittene Gotteshaus von seinem Stigma als Militärkirche befreien. „Wir wollen aus den Scherben der Militärkirche ein neues Friedensmuster schaffen“, sagte sie am Samstag bei einem Gottesdienst, mit dem sie ihr neues Amt offiziell antrat. Ihr Ziel sei es, einen Ort zu schaffen, an dem „Erinnerung stattfindet sowie Verantwortung gelernt und Versöhnung gelebt wird“, sagte die 58-Jährige bei der Veranstaltung in der temporären Kapelle in der Breiten Straße, die bis auf den letzten Platz besetzt war.

Radeke-Engst, deren Vorgängerin Juliane Rumpel eine Pfarrstelle in Langerwisch in Potsdam-Mittelmark übernommen hat, tritt kein leichtes Erbe an. Denn der Wiederaufbau der Garnisonkirche, in der sie als Pfarrerin tätig sein wird, spaltet derzeit die Bürger der Stadt wie kein anderes Projekt. Die gegen den Aufbau gegründete Bürgerinitiative „Potsdam ohne Garnisonkirche“ lehnt den Kirchenbau unter anderem ab, weil die Nazis die Kirche am sogenannten Tag von Potsdam, am 21. März 1933, zur Inszenierung der Reichstagseröffnung genutzt hatten. Die Garnisonkirche wurde im Zweiten Weltkrieg in der Nacht vom 14. zum 15. April fast vollständig zerstört. Im Jahr 1968 wurde die Ruine schließlich gesprengt. Zurzeit finden die Gottesdienste in der Kapelle an der Garnisonkirche statt.

Pröpstin Friederike von Kirchbach knüpfte in ihrer Einführungsrede am Samstag an die aktuelle Diskussion an und betonte, wie wichtig der Versöhnungsgedanke sei. Versöhnung, so ihre These, bedinge allerdings Sichtbarkeit. Daher gehöre es zu den wesentlichen Aufgaben der neuen Pfarrerin, die Garnisonkirche als erkennbaren Ort der Geschichte wieder sichtbar zu machen. Radeke-Engsts Fähigkeit, verschiedene Interessen zu vernetzen, werde an diesem Ort besonders gebraucht, sagte von Kirchbach.

Altbischof Wolfgang Huber, zugleich Kuratoriumsvorsitzender der Wiederaufbau-Stiftung, erklärte, an einem Ort wie der Garnisonkirche gehe es vor allem um die Verzahnung von christlichem Glauben und gesellschaftlicher Verantwortung. Die dunklen Kapitel in der Geschichte des Gotteshauses könnten nur kritisch betrachtet werden, seien aber auch eine Mahnung für die Bewahrung von Freiheit und Demokratie und ermöglichten somit die Versöhnung über die Landesgrenzen hinweg.

Radeke-Engst, die zuvor von 1988 bis 2008 die Dompfarrstelle am Brandenburger Dom innehatte und 2008 von der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz zur Landespfarrerin für Frauen- und Familienarbeit berufen wurde, griff diesen Gedanken ebenfalls auf. Sie sagte, dass mit dem Wiederaufbau der Garnisonkirche ein sicherer und geschützter Raum des Erinnerns geschaffen werden könnte. Ein solcher Ort könne den Menschen die Möglichkeit zum Zuhören, Trauern und vielleicht auch zum Heilen geben, wie sie meinte. Dabei betonte sie, dass die Garnisonkirche kein Festungsbau wie damals werden solle, sondern ein „Ort für alle“.

Sie unterstützt damit die Argumente der Befürworter des Wiederaufbaus der Garnisonkirche, die dem Bauwerk eine städtebauliche Bedeutung zuschreiben. Die Gegner argumentieren hingegen, dass man die Kirche als Ort des Erinnerns und der Versöhnung nicht benötige, dafür gebe es in Potsdam genug andere authentische Orte.

Im Rahmen eines Bürgerbegehrens haben die Projektgegner bislang knapp 13 000 Unterschriften gesammelt. Für den angestrebten Bürgerentscheid sollen 15 000 bis 16 000 Unterschriften zusammenkommen. Die fehlenden Unterschriften muss die Initiative bis zum Monatsende gesammelt haben, wenn sie ihr Ziel, den Bürgerentscheid über das Projekt mit den Landtagswahlen im September 2014 zu koppeln, noch erreichen will.

Der Wiederaufbau der Garnisonkirche soll insgesamt 100 Millionen Euro kosten, 40 Millionen davon entfallen allein auf den Turm. Das Geld soll überwiegend über Spenden eingeworben werden. Sarah Kugler

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