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Bei Tomaten und Salat. Kleingärten dienen vielen Potsdamern als grüne Oase. In den letzten Jahren wurden es immer weniger – doch nun sollen neue dazu kommen.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Neue Gärten für eine wachsende Stadt

Das neue Kleingartenkonzept soll erstmals auch Maßnahmen für die Schaffung neuer Parzellen umfassen

Erstmals seit vielen Jahren könnten in Potsdam wieder neue Kleingärten entstehen. Die Berliner Firma Laupi, spezialisiert auf die Vermittlung von Gärten in Berlin und Brandenburg, hat Interesse daran angemeldet, ein Gelände in Bornim zu entwickeln. Das sagte Erik Wolfram vom Bereich Stadtentwicklung der Verwaltung den PNN. Seit der Wende ist die Zahl der Kleingärten im Stadtgebiet gesunken, immer wieder mussten Parzellen für Bauprojekte weichen. Innerhalb der letzten 20 Jahre sind im Stadtgebiet mehr als 17 Prozent der Kleingärten verschwunden (siehe Kasten). Wie berichtet ist derzeit etwa der Verein Angergrund in Babelsberg bedroht. Dort versucht der Investor derzeit, die Gärtner aus ihren Parzellen zu klagen.

Umso bemerkenswerter ist nun der Vorstoß, neue Gärten anzulegen. Das Gebiet, ein trapezförmiges Grundstück zwischen Marquardter Straße und Königsdamm, ist bereits seit über zehn Jahren für Kleingärten im Bebauungsplan gesichert und gehört der Stadt. „Wir hatten das Gebiet als Ersatzfläche für umgewidmete Gärten vorgehalten, bisher wurde sie aber nicht genutzt“, erklärte Wolfram. Laut Bebauungsplan wäre dort Platz für etwa 110 Kleingärten. Laupi, so bestätigte Geschäftsführerin Alexandra Stern auf Anfrage, würde daraus gerne Kleingärten machen, in Kooperation mit dem Kreisverband der Garten- und Siedlerfreunde (VGS). Noch sei nichts spruchreif, aber sie führe derzeit Gespräche mit allen Beteiligten. Sollten diese erfolgreich verlaufen, so hofft Stern, könnten dort, wo heute noch eine Wiese ist, eventuell nächstes Jahr schon Gärten entstehen. Es wäre das zweite Projekt dieser Art für Laupi.

Die Schaffung neuer Gärten ist ein Baustein im neuaufgelegten Kleingartenkonzept, das Erik Wolfram am gestrigen Freitag im Humboldt-Gymnasium rund 80 Gärtnern und interessierten Bürgern vorstellte. Das Konzept, dessen letzte Ausgabe zehn Jahre alt ist, wird derzeit fortgeschrieben. Dazu wurden im Juni 2017 bei einer Bürgerversammlung die Kleingärtner angehört, anschließend wurde jede einzelne Sparte bei einer Begehung besucht. Erklärtes Hauptziel des Konzepts ist es – ein Ziel, das auch fraktionsübergreifend von den Stadtverordneten getragen wird – die bestehenden Gärten zu sichern. Erstmals seit dem ersten Kleingartenkonzept 1996 soll aber auch die Erweiterung gezielt vorangetrieben werden. „Der bedarfsgerechte Ausbau oder die Erweiterung bestehender Anlagen ist ein neues Thema für uns“, sagte Wolfram bei der Veranstaltung. Bekanntlich nimmt die Einwohnerzahl in Potsdam zu und wird dies Bevölkerungsprognosen zufolge weiter tun. „Eine wachsende Stadt braucht nicht nur neue Kitas und Schulen, sondern auch Grünflächen. Dazu gehörten auch Kleingärten“, betonte Wolfram. Um den aktuellen Versorgungsgrad in der Stadt zu halten, müssen neue Gärten geschaffen werden, so betonte Andreas Butzke von der Firma Szamatolski und Partner, die das Kleingartenkonzept mit entwickeln. Flächen dafür gibt es, denn bereits im Rahmen des letzten Konzepts wurden eine Reihe von Ersatzflächen ausgewiesen, die bisher brach liegen. Die meisten von ihnen befinden sich im Potsdamer Norden.

Um diese Flächen zu „aktivieren“ und wirklich Gärten daraus zu machen, so Butzke, sollten jeweils drei  Viertel der Fläche als Baufläche freigegeben werden für Wohnungen, Kitas, Schulen, Sportflächen oder Gewerbe. Das solle es möglich machen, das restliche Viertel als Kleingärten zu entwickeln und dauerhaft zu sichern. Diesen Vorschlag wollen Butzke und seine Kollegen im Konzept festhalten. So könnten 150 bis 260 Parzellen entstehen. Erstmals wurde im Doppelhaushalt 2018/19 auf Forderung der Linken ein Kleingartenfonds mit 80 000 Euro aufgelegt, um neue Flächen zu kaufen.

Die Kleingärtner bei der Bürgerveranstaltung waren jedoch weniger an den neuen Gärten interessiert, als daran, ihre eigenen zu sichern. Die Kleingärtner sind verunsichert, die Furcht um ihre Gärten treibt sie um. „Was ist mit unserer Sparte am Schlaatz? Ich habe gehört, dort soll gebaut werden?“, fragt einer. Eine andere will schon Immobilienscouts gesichtet haben. Auch wenn Wolfram zu beschwichtigen suchte und versicherte, bis auf drei Teilstücke von Sparten sei keine akut bedroht, blieb diese Angst bestehen.

Für Unmut sorgte auch die unklare Rechtslage mancher Sparten durch Vorwendeverträge mit dem VGS – ein Hauptproblem im Angergrund. VGS-Geschäftsstellenleiter Christian Peschel kommentierte knapp: „Das geht nicht von heute auf morgen, wir müssen maßvoll vorgehen.“

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