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Neue Babelsberger Serie „Babylon Berlin“: Sittengemälde in Hochglanz

Die teuerste deutsche Serie „Babylon Berlin“ feiert im Herbst Premiere bei Sky. Damit soll ein neues Kapitel deutscher TV-Serienproduktionen aufgeschlagen werden. Gedreht wurde unter anderem in Babelsberg.

Berlin ist in Brandenburg – genauer in Babelsberg. Denn dort steht das Berlin der 1920er-Jahre als Außenkulisse des Studios Babelsberg, in der die bislang teuerste deutsche Serienproduktion gedreht wurde: „Babylon Berlin“ heißt das Mammutwerk, in das am Mittwochabend nach 180 Drehtagen der erste Einblick gewährt wurde. Um es vorwegzunehmen: Der fünfeinhalb-minütige Clip zeigt die verrucht-verrückten „Goldenen Zwanziger“ in Berlin in Hochglanz. Lebenslust, Gewalt, Sex, Drogen, Swing und Charleston – verpackt in hochqualitative Optik, mit einer Bildsprache, Licht- und Spezialeffekten, die den Aufwand von Kinofilmen zitieren.

Verantwortlich für den Seriendreh ist der Babelsberger X-Filme-Produzent Stefan Arndt

Inhaltlich basiert die Serie auf den Romanen des Autors Volker Kutscher. Protagonist ist Kommissar Gereon Rath, gespielt von Volker Bruch, der im Jahr 1929 von Köln in das quirlige, gefährliche, ausgelassene Berlin versetzt wird und in düsteren Kriminalfällen in einer sich auflösenden Weimarer Republik ermitteln muss. Dabei trifft er auf die Stenotypistin Charlotte Ritter (Liv Lisa Fries), beide werden zu einem besonderen Ermittlungs-Duo. Verantwortlich für den Seriendreh ist der Babelsberger X-Filme-Produzent Stefan Arndt, der in Gemeinschaftsarbeit mit der ARD und Sky ein neues Kapitel in deutscher TV-Serienware aufschlagen will. Zwar versuchten die drei Regisseure Tom Tykwer, Henk Handloegten und Achim von Borries die zuvor kolportierte Produktionssumme von 40 Millionen Euro für 16 Folgen zu dementieren. Doch Produzent Stefan Arndt gab gegenüber den PNN zu: „Die Größenordnung stimmt schon.“

Präsentiert wurden die ersten Bilder der neuen deutschen Serienhoffnung stilecht in einer ikonischen Stätte des Berlins der 1920er-Jahre: in Clärchens Ballhaus. Gedreht – das gab Tom Tykwer, einer der drei Regisseure, zu, wurde in dem sagenumwobenen Tanztempel aber nicht, dafür in einem ehemaligen Stummfilmkino in Berlin-Pankow. 300 Komparsen, alle in historischer Kleidung, tanzen sich in einer Szene die Seele aus dem Leib.

Fast alle Außenszenen in der "Neuen Berliner Straße" von Studio Babelsberg gedreht

Nahezu alle Außenaufnahmen fanden dabei in der neuen Außenkulisse von Studio Babelsberg statt: Die „Neue Berliner Straße“ ist eigentlich ein ganzer Kiez an unterschiedlichen Häuserfassaden vom Mietshaus bis zum Kino und Hotel, mit Toreinfahrten und Innenhöfen. Fast alle Außenszenen wurden in der eigens für die Serie aufgestellten Großkulisse gedreht. „Alle Facetten der Stadt sind dort ohne Probleme herzustellen, diese Straße hat ein immenses Potenzial für Filmdrehs“, schwärmte Handloegten über das Außenset. Über Monate entstanden in Babelsberg die unterschiedlichsten Ecken von Berlin, mit zusätzlicher digitaler Anpassung soll das authentische Flair des verruchten 1920er-Jahre-Gefühls in den abgedrehten 16 Folgen lebendig werden. Derzeit sind die drei Regie-Asse Tykwer, Handloegten und von Borries täglich an den Schneidetischen, um aus gut 2500 Stunden Material die beiden ersten Staffeln der Highend-Serie zusammenzusetzen. Premiere wird am 13. Oktober dieses Jahres auf dem Bezahlsender Sky Atlantic sein, ein gutes Jahr später, Ende 2018, wird die ARD „Babylon Berlin“ zeigen.

Auch diese Kooperation von öffentlich-rechtlichem Rundfunk und Pay-TV ist eine Premiere. Für Sky sei es das „mit Abstand wichtigste Projekt in diesem Jahr“, sagte dessen Vorsitzender Geschäftsführer Carsten Schmidt. Der Babelsberger Produzent Arndt, der gemeinsam mit Tykwer das filmische Millionen-Wagnis eingefädelt hatte, versprach: „Die Serie ist manchmal düster und hart, aber ganz und gar nicht depressiv.“ Es solle auch kein bloßes Abkupfern der teuren Highend-Serien aus Amerika sein, sagte Tykwer: „Schon der Ort und die Zeit, in der die Serie spielt, verlangen ein anderes Gefühl und einen anderen Rhythmus.“ Ziel sei es, die Welt, das Leben, die Gefühle der damaligen Zeit ernst zu nehmen, so Tykwer. „Berlin muss sich so anfühlen, wie die Stadt damals war. Die Serie ist ein Sittengemälde der Zeit. “

Gesellschaftliche Vergleiche zwischen damals und heute

Auffällig ist: Fast jeder der beteiligten Filmemacher zieht gesellschaftliche Vergleiche zwischen damals und heute: „Es ist interessant zu sehen, wie die Szenen von damals Anklänge an die heutige reale Szenerie zeigen“, sagte Kirsten Niehuus, Filmförderchefin vom Medienboard Berlin-Brandenburg, verweisend auf die Ende der 1920er-Jahre zunehmenden Unsicherheiten in der Bevölkerung, die wachsende Radikalität und gleichzeitig ausgelassene Unbeschwertheit im quirligen Berlin. Regisseur Tykwer fasst es so zusammen: „1929 hat auch niemand vorausgesehen, dass dreieinhalb Jahre später die Nazis die Macht übernehmen.“

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