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Auf die Plätze, fertig, los. Luca Osten ist bislang der einzige aus dem Calimoto-Team ohne Motorrad-Führerschein. Er muss schieben. Während der eigentliche Kopf hinter der neuartigen Navigations-App des Potsdamer Start-ups, Sebastian Dambeck, auf dem Sozius sitzt, gibt der kaufmännische Geschäftsführer Hans Allenfort den Kurs vor.

© promo

Navigationssystem für Motorradfahrer: Per App zur Strecke gebracht

Das Potsdamer Start-up Calimoto hat ein neuartiges Navigationssystem für Motorradfahrer entwickelt. Es hilft, die schönsten und kurvigsten Routen zu finden.

Von Matthias Matern

Potsdam - Wenn Anfang März die ersten Vögel auf Brautschau gehen und die Krokusse zaghaft ihre Köpfe herausstrecken, werden Motorradfahrer in der Regel nervös. Dann heißt es: jetzt aber zackig die eigene Maschine aus dem Winterschlaf holen und die erste Tour des Jahres vorbereiten. Doch bei der Frage nach dem Ziel des Trips ist oft guter Rat teuer: Entweder bleibt man auf alt bewährten, aber auf Dauer langweiligen Strecken oder riskiert etwas Neues und landet vielleicht, statt durch eine schöne Landschaft zu kurven, unerwartet auf einer breiten Bundesstraße oder Autobahn. Das Potsdamer Start-up Calimoto hat jetzt eine App entwickelt, die Motorradfahrer automatisch immer auf den schönsten Strecken durch die Gegend lotsen soll – egal ob vor der Haustür, in Südfrankreich oder bald weltweit.

Das Geheimnis der Calimoto-App ist ein sogenannter Kurvenalgorithmus, der auf einer Vielzahl an Parametern basiert, die für Motorradfahrer besonders wichtig sind – etwa die Kurvigkeit einer Straße und deren Belag. Der Nutzer kann sich entweder einen Rundkurs zusammenstellen lassen oder auf der angeblich kurvigsten und schönsten Strecke von einem beliebigen Startpunkt aus an das Ziel der Wahl lotsen lassen. Der Kurs kann dabei jederzeit verändert werden, sofort werden alternative Routen berechnet. Hilfreiche Informationen zu Tankstellen, Cafés oder bekannten Motorradtreffs entlang der Strecke sind ebenso abrufbar wie das aktuelle Durchschnittstempo. Gefahrene Touren können abgespeichert werden.

Calimoto-App: Navigation auch ohne Internet-Verbindung

Eine Internetverbindung ist übrigens nicht notwendig – die Calimoto-App funktioniert offline. „Wir benutzen Daten von Open Street Map, die wir regelmäßig aktualisieren“, erläutert Sebastian Dambeck, einer von drei Gründern von Calimoto und Kopf hinter der Entwicklung.

Die Idee kam dem 27-Jährigen Ende 2014. Immer wieder war der leidenschaftliche Motorradfahrer in seiner Freizeit in Brandenburg unterwegs und ärgerte sich, dass es kein brauchbares Navigationsgerät gab, das einen statt auf dem direktesten Weg über landschaftlich reizvolle Nebenstraßen wieder gen Berlin lotste. Die Aufgabenstellung für seine Masterarbeit an der Berliner Beuth-Hochschule war geboren. „In Vorbereitung habe ich damals über die einschlägigen Foren eine Umfrage gemacht, was anderen Motorradfahrern dabei wichtig wäre. Die Resonanz war super. Ich habe 260 ausgefüllte Formulare zurückbekommen“, erinnert sich Dambeck.

Neben Dambeck gehören Luca Osten und Hans-Joachim Allenfort zum Calimoto-Gründerteam. Osten ist der einzige ohne Motorradführerschein. Dambeck hat er über einen Freund kennengelernt. Allenfort, der aus Potsdam stammt, fährt schon seit mehr als zwölf Jahren Motorrad und ist mit 29 Jahren der Senior im Team. „Ich habe damals von Sebastians Idee im Internet im Hochschul-Netzwerk gelesen und dachte: das klingt total spannend, so eine App hätte ich selbst gerne“, erzählt der Betriebswirt, der früher unter anderem bei Porsche gearbeitet hat.

Calimoto ist schnell gewachsen - und plant weitere Festeinstellungen

Gegründet wurde Calimoto im April 2016. Zunächst konnten Dambeck, Osten und Allenfort dank eines sogenannten Exist-Stipendiums in einem Existenzgründerbüro in Berlin-Tiergarten arbeiten. Nach Ablauf der einjährigen Förderung stand im April vergangenes Jahr die Frage nach dem künftigen Firmensitz an. Die drei Gründer entschieden sich für Potsdam. „Für die Berliner Investitionsbank waren wir nur eines von vielen Start-ups. Bei der ILB dagegen war ein echtes Interesse zu spüren. Die haben uns sogar bei der Raumsuche geholfen“, berichtet der 26-jährige Luca Osten.

Derzeit sitzt das junge Unternehmen in einem Hinterhof an der Brandenburger Straße – und ist schon wieder auf dem Sprung. Nach nur einem Jahr sei das Büro bereits zu klein. Noch beschäftigt Calimoto 16 Mitarbeiter, neun davon fest. Im April 2017 waren sie noch zu zwölft. „Für dieses Jahr haben wir noch weitere Festeinstellungen geplant“, sagt Osten. In Potsdam aber wollen die drei Gründer in jedem Fall bleiben. Dambeck ist sogar schon von Berlin in die brandenburgische Landeshauptstadt umgezogen. Im Visier haben sie momentan neue Räume am Hauptbahnhof.

Erfolgsgeschichte in Potsdam

Das erste Jahr hat Calimoto nach eigenen Angaben mit einem Umsatz von rund 94 000 Euro abgeschlossen. In zwei Finanzierungsrunden konnte das Start- up dann im vergangenen Jahr zweimal Beträge im sechsstelligen Bereich einstreichen. Das Startkapital komme ausnahmslos von Privatpersonen, so Allenfort. Weitere Zahlen wollen die drei Gründer lieber nicht nennen. „Inzwischen konnten wir das Ergebnis aus dem ersten Jahr vervielfachen“, sagt der kaufmännische Geschäftsführer diplomatisch.

Allein nach dem ersten Jahr hatten dem Unternehmen zufolge bereits knapp 125 000 Nutzer weltweit die Calimoto-App auf ihren Smartphones installiert. Derzeit wird an weiteren Eigenschaften getüftelt. Bislang deckt die App vor allem Europa ab. Noch in diesem Jahr soll sie auch weltweit die kurvigsten Strecken finden. „Außerdem planen wir noch einen Live-Wetter-Service und eine Schräglagenauswertung“, berichtet Dambeck. Einen praktischen Service für besonders Schnelle bietet die App dagegen bereits: eine Blitzerwarnung.

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