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Nach Urteil zu falschen Bescheiden: Potsdamer Vermieter wollen gegen Wassergebühren vorgehen

Mehrere große Vermieter wollen Widerspruch gegen die Wassergebührenbescheide der Stadt Potsdam einlegen. Davon könnten auch die Mieter profitieren.

Potsdam - Nach dem Wassergebühren-Urteil vom Frühjahr wächst der Druck auf die Stadt. Mehrere große Potsdamer Vermieter wollen gegen künftige Wassergebührenbescheide der Stadt Widerspruch einlegen. Damit reagieren die Vermieter auf den Rechtsstreit zwischen der Stadt und einem Ehepaar um Wassergebührenbescheide aus mehreren Jahren. 

Wie berichtet hatte das Verwaltungsgericht Potsdam dem klagenden Ehepaar in einem Urteil im Mai dieses Jahres weitgehend recht gegeben und ihre Gebührenbescheide für Trinkwasser und Abwasser aus den Jahren 2010, 2011 und 2012 aufgehoben. Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht. Die Stadt legte beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Berufung ein. Ein Prozesstermin steht noch nicht fest, sagte Gerichtssprecherin Christiane Scheerhorn auf PNN-Anfrage.

Potsdamer Vermieter ziehen dennoch erste Konsequenzen. So will die Potsdamer Wohnungsgenossenschaft 1956 e.G. (PWG) gegen künftige Wassergebührenbescheide Widerspruch einlegen. Das kündigte die PWG in ihrer Mitgliederzeitschrift an. Zwar müssten die Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Genossenschaft noch abgewartet werden, zudem seien Rückforderungsansprüche für die Vergangenheit ausgeschlossen, heißt es dort. „Da sich die Praxis der Gebührenerhebung aber bis heute nicht geändert hat, wird die Genossenschaft gegen kommende Gebührenbescheide Widerspruch einlegen.“ 

Womöglich bekommen die Vermieter Geld zurück

Falls durch ein rechtskräftiges Urteil im Fall des Ehepaars zu viel gezahlte Beiträge zurückgezahlt werden müssen, hätte auch die Genossenschaft einen Anspruch auf eine Rückzahlung, heißt es weiter. Zuviel gezahlte Beiträge könnten dann „auch an die Bewohner anteilig weitergegeben werden“. Die PWG vermietet rund 4140 Wohnungen.

Auch der private Großvermieter Semmelhaack will „vorsorglich sowie zur Vermeidung von rechtlichen Nachteilen für unsere Mieter“ Widerspruch gegen künftige Gebührenbescheide einlegen. Das erklärte Annika Semmelhaack aus der Geschäftsleitung auf PNN-Anfrage. Zwar müsse der Ausgang des Rechtsstreits noch abgewartet werden. Man bewerte das Urteil vom Mai aber „vorläufig dahingehend, dass zumindest Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die aktuellen Bescheide der Energie und Wasser Potsdam rechtswidrig sein könnten“. Daten zur Anzahl der Wohnungen in Potsdam macht das Unternehmen nicht, es verweist auf einen Gesamtbestand von 20.000 Mietwohnungen in vier Städten.

Auch Wolfhard Kirsch vom Babelsberger Unternehmen Kirsch & Drechsler kündigte an, gegen zukünftige Bescheide „prophylaktisch“ in Widerspruch zu gehen. Das müsse man tun „unabhängig davon, ob wir das für richtig halten oder nicht – um uns gegenüber den Mietern nicht schadensersatzpflichtig zu machen“, sagte Kirsch. „Wir haben ja die Sorgfaltspflicht als Verwalter.“ Die Firma vermietet mehr als 1000 Wohnungen in Potsdam.

"Karl Marx" und Pro Potsdam prüfen noch

Bei der Wohnungsgenossenschaft „Karl Marx“, die rund 6600 Wohnungen vermietet, wird man sich mit dem Urteil „noch intensiv beschäftigen“, sagte Vorstand Bodo Jablonowski den PNN. Dazu sei man auch mit dem Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen in Kontakt. Wenn die neuen Bescheide Anfang 2020 vorliegen, werde man, „wenn nötig in Widerspruch gehen“, sagte Jablonowski.

Auch beim städtischen Wohnungsunternehmen Pro Potsdam ist man noch zurückhaltend. Zurückliegende Bescheide seien bereits rechtskräftig, sagte Unternehmenssprecherin Jessica Beulshausen. „Wenn die Bescheide für das Jahr 2019 im Januar 2020 vorliegen, wird eine Prüfung des Sachverhalts erfolgen.“ Die Pro Potsdam ist mit mehr als 17.000 Wohnungen der größte Vermieter in der Stadt.

Wie berichtet hatte das Verwaltungsgericht in der Urteilsbegründung vom Mai unter anderem die Quersubventionierung innerhalb des Stadtwerke-Konzerns als unzulässig bewertet. Eventuelle Mehreinnahmen aus der Wassersparte müssen nach Auffassung der Richter in die Senkung der Wassergebühren fließen. Auch die Umlage der Kosten für die Rekommunalisierung der Potsdamer Wasserversorgung auf die Wasserpreise hielten die Richter für nicht zulässig. Zudem sahen sie methodische Fehler bei den Kalkulationen. Die Richter hatten auch eine fehlende Bereitschaft der Stadt zur Aufklärung festgestellt: Die Stadt sei ihrer „prozessualen Mitwirkungspflicht“ nicht nachgekommen, konstatierten sie.

Der Potsdamer Kommunalrechtler Jannik Bach hatte den PNN gesagt, das Urteil in diesem Einzelfall könne eine sogenannte „Indizwirkung“ für vergleichbare Rechtsstreitigkeiten zur aktuellen Gebührensatzung haben. Das heißt, Gerichte würden bei vergleichbaren Klagen ähnlich entscheiden, wenn die Stadt die nach Ansicht der Richter fehlerhaften Gebührensatzungen nicht korrigiert hat. Der Haus- und Grundeigentümerverein Potsdam und Umgebung hatte allen Mitgliedern geraten, unter Berufung auf das Urteil Widerspruch gegen noch nicht rechtskräftige Bescheide einzulegen.

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