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Nach tödlichem Unfall in Brandenburg (Havel): Polizei kämpft gegen den toten Winkel

In Brandenburg (Havel) hat ein Lkw in der vergangenen Woche ein zehnjähriges Mädchen überrollt. Jetzt will die Polizei mehr Fahrzeuge kontrollieren - vor allem in Potsdam.

Von Peer Straube

Potsdam - Übersieht ein Lkw-Fahrer einen Radler beim Abbiegen, sind die Folgen meist schrecklich. Zuletzt vor einer Woche in Brandenburg/Havel, als ein zehnjähriges Mädchen mit ihrem Rad bei Grün über die Ampel gefahren war und von einem Lkw überrollt wurde. Der Fahrer hatte das Kind nicht gesehen. Der Unfall sorgte für großes Entsetzen. Auch in Potsdam starb vor wenigen Jahren in der Pappelallee eine Radlerin bei einem ganz ähnlichen Unfall, einen weiteren derartigen tödlichen Unfall gab es im November 2015 unweit des Nauener Tores.

Die Polizeidirektion West zieht nun erste Konsequenzen: In den nächsten Wochen sollen an potenziell gefährlichen Kreuzungen verstärkt Kontrollen durchgeführt werden, kündigte Polizeidirektor Endro Schuster, Leiter des für Verkehr zuständigen Stabsbereiches, am Donnerstag an. Ein Schwerpunkt werde dabei auf Potsdam liegen, präzisierte Behördensprecher Heiko Schmidt auf PNN-Anfrage. Das hat seinen Grund: Fast die Hälfte aller 65 Unfälle, die sich in den letzten fünf Jahren mit Lkw- und Radfahrerbeteiligung im Bereich der Polizeidirektion ereignet haben, entfiel auf die Landeshauptstadt. Kontrolliert werden soll nun an „mehreren Kreuzungen in Potsdam“, so Schmidt. Dazu wolle man gezielt neuralgische Punkte wählen, Verstöße von Lkw-Fahrern sollen mit Bußgeldern bestraft werden.

Die zweite Maßnahme richtet sich an die betreffenden Verkehrsteilnehmer – neben Lkw- und Radfahrern sind auch Busfahrer gemeint – direkt. Die Polizei hat einen Flyer über die Gefahren des „toten Winkels“ drucken lassen, der bei Verkehrskontrollen verteilt werden soll. Zudem habe Polizeidirektor Schuster alle Fuhrunternehmer in Westbrandenburg angeschrieben. In dem Brief appelliert Schuster an die Firmen, ihre Lastwagen nach Möglichkeit mit elektronischen Warnsystemen auszurüsten. Diese kosten je nach Anbieter mehrere Hundert Euro und schlagen Alarm, wenn sich etwas im „toten Winkel“ befindet.

Die Forderung nach einer Warnsystem-Pflicht für Lastwagen ist nicht neu 

Mehr als bitten kann Schuster aber auch nicht, denn ein entsprechendes Gesetz, das derartige Warnsysteme zwingend vorschreibt, gibt es bislang nicht – zum Leidwesen nicht nur der Polizei, sondern auch von Verkehrsexperten in Verbänden und Behörden. „Wir setzen uns sehr für ein solches Gesetz ein“, sagte etwa Steffen Streu, Sprecher von Brandenburgs Verkehrsministerium. Bereits im April 2017 habe sich die Verkehrsministerkonferenz der Länder einstimmig für die Einführung einer Pflicht zu solchen „Abbiegeassistenten“ ausgesprochen, so Streu. Ob und wann ein solches Gesetz erlassen wird, ist allerdings offen.

Auch Brandenburgs Landesverband des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) fordert seit Jahren ein Gesetz, das elektrische Warnsysteme zur Pflicht macht. Das allein reiche allerdings nicht aus, sagte Verbandschefin Magdalena Westkemper den PNN. Nötig sei ein „ganzes Maßnahmenpaket“, etwa eine frühere Grünphase für Radfahrer an Ampelkreuzungen, damit diese zuerst losfahren können und folglich gesehen werden. Auch Verkehrsbuchten, bei denen die Radfahrspur so verläuft, dass die Radler an der Kreuzung vor den Autos stehen, seien sinnvoll, so Westkemper.

Im Rathaus ist man sich der Problemlage bewusst. Wenn möglich würden Maßnahmen, wie sie vom ADFC gefordert werden, bereits umgesetzt, sagte der Radverkehrsbeauftragte Torsten von Einem. Als Beispiel für Kreuzungen, wo Radler gut sichtbar vor den Autos halten, nannte er die Ecke Großbeerenstraße/Weidendamm. Auch getrennte Ampelphasen für geradeaus fahrende Radler und Rechtsabbieger, wie etwa auf der Langen Brücke, seien sinnvoll. Eine weitere Maßnahme sei es, den Radverkehr vor der Kreuzung links vom Rechtsabbieger zu führen, wie etwa an der Kreuzung Großbeerenstraße/Horstweg.

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