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Nach tödlichem Unfall: blu: Betreiber-Bericht entlastet Schwimmmeister

Nach dem Todesfall im blu kritisieren die Eltern der Verstorbenen weiter das Agieren des Personals. Doch die Untersuchungen des Betreibers entlasten die Schwimmmeister.

Potsdam - Der kommunale Betreiber des neuen Sport- und Familienbads blu hat seine Untersuchungen zum Tod einer Schwimmerin abgeschlossen. Er kommt zu dem Ergebnis, dass die heftig kritisierten Schwimmmeister sich bei dem Unfall korrekt verhalten hätten. Das teilte die Bäderlandschaft Potsdam (BLP), eine Tochter der Stadtwerke, überraschend am Sonntagnachmittag mit. Die Eltern der verstorbenen 39-Jährigen wollen sich mit dieser Einschätzung allerdings nicht abfinden.

Die BLP beruft sich auf ein Gutachten der Berliner Kanzlei Ignor & Partner. Diese habe den Vorfall vom 2. November über fünf Wochen strafrechtlich untersucht und insgesamt 15 Zeugen befragt, hieß es. Das Ergebnis entlaste die damals anwesenden Schwimmmeister „umfassend vom Vorwurf, falsch reagiert zu haben“, so die BLP. Im Sinne der Transparenz werde der Bericht der Kanzlei – die schon während der Stadtwerke-Affäre im Frühsommer 2016 von dem Firmenverbund mit der Untersuchung der damaligen Vorwürfe betraut worden war – auch im Internet veröffentlicht, hieß es.

Eltern verärgert: Weiterhin der Meinung, dass im blu "inkorrekt gehandelt wurde"

Die Eltern der verstorbenen Polizistin reagierten überrascht und verärgert. Bisher habe sich in dem Fall noch niemand vom Bäderbetrieb gemeldet, auch nicht für Beileidsbekundungen. „Wir sind weiterhin der Meinung, dass hier seitens des Personals inkorrekt gehandelt wurde“, sagte der Vater den PNN auf Anfrage. Man habe sich auch schon bei der Potsdamer Staatsanwaltschaft beschwert – nach deren Ankündigung, die Ermittlungen gegen das Personal einzustellen.

Wie berichtet hatte die Staatsanwaltschaft nach der Obduktion der Werderanerin Mitte November mitgeteilt, dass für sie keine Rettungschance bestanden habe. Selbst bei einer Reanimation hätte sie nicht am Leben erhalten werden können, hieß es weiter. Daher könnten sich nach Auffassung der Staatsanwaltschaft die Bademeister – völlig unabhängig von ihrem Agieren in diesem Fall – im juristischen Sinne nicht der unterlassenen Hilfeleistung schuldig gemacht haben.

Laut Bericht hatt die verunglückte Polizistin aus Werder einen leichten Herzfehler 

Unter Berufung auf das Obduktionsergebnis erklären auch die BLP-Anwälte, die Frau hätte eine Herzvorschädigung gehabt, die letztlich zum Tod geführt habe. Es gebe leichte Anzeichen für einen Herzinfarkt, heißt es in dem Bericht weiter. Unter den befragten Zeugen habe niemand das Absinken der Frau oder Hilferufe wahrgenommen, demnach müsse sie „lautlos, sehr schnell und ohne Abwehrreaktion“ untergegangen sein. Erst andere Schwimmer wurde aufmerksam, als sie schon auf dem Beckengrund lag. Hier aber setzt die Kritik der Eltern der Verstorbenen an: Die Schwimmmeister hätten das Becken mehr im Blick haben müssen, sagte der Vater. Von einer Vorerkrankung der Tochter sei ebenfalls nichts bekannt gewesen, obgleich sie als Polizistin unter ärztlicher Kontrolle gestanden habe.

Nach dem Unfall hatten Augenzeugen unabhängig voneinander das mutmaßlich unprofessionelle Agieren der Schwimmmeister kritisiert. Viel zu langsam hätten diese gehandelt, hieß es unter anderem. Dazu schreiben die Anwälte, die Frage der Geschwindigkeit sei „ohne strafrechtliche Relevanz“. Zwar sei in einem Notfall „größtmögliche Eile geboten“ – allerdings dürften sich Helfer nicht auch selbst in Gefahr bringen. „Schnelles Sprinten ist in einem Schwimmbad mit seiner feuchten Bodenfläche grundsätzlich nicht angezeigt.“ Gebotene Hilfeleistungen seien nicht unterlassen worden – so wurde ein Defibrilator herbeigeschafft und ein Notruf an ein Krankenhaus abgesetzt.

Hilfe durch Ersthelfer im blu laut Bericht "zulässig und angemessen" 

Kritik gab es auch daran, dass statt der Schwimmmeister zwei Badegäste – zufällig Rettungssanitäter – die Frau zu reanimieren versuchten. Dazu schreiben die Anwälte, die Übernahme der Ersten Hilfe durch diese Ersthelfer sei „zulässig und angemessen“, weil diese „über eine größere praktische Erfahrung“ bei derartigen Unglücksfällen verfügten als die Aufsichtspersonen. Davon hätte sich ein Schwimmmeister auch überzeugt – „indem er die Rettungsmaßnahmen beobachtete“.

Die Anwälte schreiben auch, es sei kein Verstoß gegen Organisationspflichten der Verantwortlichen im blu „festgestellt“ worden. In einem doppelt verneinenden Satz heißt es, man habe „nicht feststellen“ können, dass das Personal „nicht oder unzulänglich über seine Aufsichtspflichten unterrichtet worden wäre, nicht über eine ausreichende Aus- und Fortbildung in Erster Hilfe verfügt hätte oder nicht rettungsfähig gewesen wäre“.

Eltern wollen sich mit Erklärungen nicht zufrieden geben

Auch vor Kritik, man hätte das Bad früher räumen und einen Sichtschutz aufstellen sollen, nimmt der Bericht die blu-Mitarbeiter in Schutz. Das sei „gegenüber den dringend gebotenen Maßnahmen der Reanimation und den diesbezüglichen Hilfeleistungen nachrangig“ und „kein notwendiger Bestandteil von Erster Hilfe“, so die Anwälte. Allerdings teilte BLP-Chefin Ute Sello auch mit, sie habe Verständnis dafür, dass Gäste das Geschehen als sehr belastend empfunden haben müssen. „Daraus haben wir gelernt und unsere Pläne entsprechend angepasst.“ Das Ergebnis zeige aber auch, dass sich die Mitarbeiter richtig verhalten hätten: „Ich habe vollstes Vertrauen in ihre Fähigkeiten.“

Mit solchen Feststellungen wollen sich die Eltern der Verstorbenen nicht zufriedengeben. Derzeit suche man noch einen Anwalt, um auch juristisch vorgehen zu können. Das Geschehen müsse „ehrlich“ aufgeklärt werden, so die Forderung des Vaters. Die Frau, Mutter von zwei Kindern, war nach den Erste-Hilfe-Maßnahmen in ein Krankenhaus gebracht worden, wo sie dann verstorben war.

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