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Der kommunale Wasserversorger EWP will die Trinkwasserversorgung trotz Dürre sicherstellen.

© Ottmar Winter

Nach mehreren Trockenjahren in Potsdam: Damit das Wasser auch künftig noch läuft

Die Dürre seit 2018 hat den Grundwasserstand sinken lassen. Potsdams Trinkwasserversorgung ist sicher, heißt es von Stadt und EWP. Was passieren muss, damit das so bleibt.

Potsdam - Seit dem Sommer 2018 hat Potsdam mit Trockenheit zu kämpfen. Der Grundwasserspiegel ist deutlich gesunken. Was bedeutet das für die Trinkwasserversorgung der wachsenden Stadt? Worauf müssen sich Potsdamer:innen in Zukunft einstellen? Die PNN beantworten die wichtigsten Fragen.

Wie steht es derzeit um die Trinkwasserversorgung in Potsdam?

„Die Versorgung mit Trinkwasser wird zu jeder Zeit möglich sein“, erklärt Stefan Schulz, der Sprecher des kommunalen Wasserversorgers Energie und Wasser Potsdam, den PNN. Und macht eine Einschränkung: Ob auch für die Bewässerung von Pflanzen immer genug Wasser zur Verfügung stehen wird, hänge „vor allem von den klimatischen Bedingungen, insbesondere von den Winterregenmengen in den Einzugsgebieten ab“.

Versorgt wird Potsdam über fünf Wasserwerke, davon vier im Stadtgebiet - Leipziger Straße, Wildpark, Nedlitz und Rehbrücke - und eines in Ferch, ergänzt Stadtsprecher Markus Klier. "Die Trinkwassergewinnung erfolgt aus Grundwasser mit teils unterschiedlichen Anteilen an Uferfiltrat." Die vorhandenen Grundmengen ermöglichten eine sichere Versorgung, sie seien "ausreichend und von guter Beschaffenheit".

Was bedeutet die Reihe von Dürresommern für die Wasserversorgung?

Das Problem sind weniger die trockenen Sommer als die trockenen Winter, heißt es sowohl von der EWP als auch aus dem Landesumweltamt. Denn in der kalten Jahreszeit, vom November bis April, wird Grundwasser eigentlich neu gebildet. „Ausbleibende Niederschläge sowie die aufgrund der milderen Temperaturen ausbleibende Schneedecke und damit Schneeschmelze sind in der klimatischen Wasserbilanz deutlich sichtbar und machen sich mittelfristig auch innerhalb der Grundwasserressourcen bemerkbar“, sagt EWP-Sprecher Schulz.

Die Nuthe ist im Juli beinahe zum Stehen gekommen.
Die Nuthe ist im Juli beinahe zum Stehen gekommen.

© Andreas Klaer

Hinzu kommt: Das Wetter hat auch einen Einfluss auf den täglichen Wasserverbrauch in der Stadt – an heißen Tagen wird mehr verbraucht. Besonders spürbar werden längere Hitzeperioden, erklärt EWP-Sprecher Schulz. Dass es in diesem Jahr zwischen sehr heißen auch kühlere Tage gegeben hat, habe „eine gewisse Entspannung der Wasserversorgung mit sich gebracht“. Zum Vergleich: Dieses Jahr lag die mittlere Fördermenge im Juni bei etwa 36.500 Kubikmeter Trinkwasser pro Tag, im vergangenen Jahr waren es den Angaben zufolge 40.000 Kubikmeter. Der bisherige Spitzentag im laufenden Jahr war der 18. Juni mit 43.500 Kubikmetern Trinkwasser. Im vergangenen Tag flossen am Spitzentag – ebenfalls der 18. Juni – rund 50.000 Kubikmeter. Ob sich beim Verbrauch bereits Energiesparmaßnahmen der Potsdamer:innen bemerkbar machen, könne derzeit noch nicht bewertet werden, so der EWP-Sprecher.

Wie steht es um Potsdams Grundwasser?

Thomas Frey vom Landesumweltamt geht ins Detail: Die Grundwasserstände an den 26 Messstellen in Potsdam liegen aktuell zumeist deutlich unter den langjährigen Mittelwerten für den Monat Juli. In Bereichen von Urstromtälern und Niederungen – also rund um die Havel – beträgt das Minus derzeit 27 bis 51 Zentimeter unter den Mittelwerten der Jahre 1981 bis 2010. In Bereichen mit Hochflächen und Sandergebieten bewegen sich die Grundwasserstände sogar bis zu 1,29 Meter unter dem langjährigen Mittelwert.

An der Messstelle in Sacrow etwa, einem in der Eiszeit entstandenen und dem Hochflächenbereich zugeordneten Gebiet, ist seit 2018 und bis April 2021 die Grundwasserneubildung ausgeblieben, sagt Frey: „Auch die Grundwasserneubildung im Winter 2021/22 hat nicht ausgereicht, die Defizite auszugleichen.“ Die Folge: Das Grundwasser steht dort aktuell sogar 26 Zentimeter unter dem niedrigsten Juli-Wert der Periode 1981 bis 2010. An der Messstelle in der Charlottenstraße auf Höhe des Bassinplatzes, die zum Bereich der Havelniederung zählt, wurde der „normale“ Schwankungsbereich aus der Periode 1981 bis 2010 nur noch nach dem Starkregen im Juni 2019 sowie kurzzeitig Ende 2020 erreicht.

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An beiden Messstellen sei der extreme Niedrigwasserbereich seit 2018 bereits mehrfach erreicht worden, neue Niedrigwasserrekorde inklusive, erklärt Frey. Aktuell sei die Tendenz an beiden Stellen „mäßig bis stark fallend“ - passend zum Trend im ganzen Land Brandenburg. In Sacrow sei frühestens im Winter wieder mit einem leichten Anstieg zu rechnen, „wenn überdurchschnittliche Winterniederschläge eintreten sollten“. Die Grundwasserstandsentwicklung an der Messtelle in der Charlottenstraße hänge stark von der Steuerung der Havelwasserstände ab, erklärt Frey. Wegen der sich abzeichnenden Trockenwettersituation sei auch hier kurzfristig keine Änderung zu erwarten.

Was passiert, wenn die Grundwassersituation kritisch wird?

Das Landesumweltamt überwacht die Grundwasserstände regelmäßig, im Einzugsgebiet von Wasserwerken gibt es zudem eine Überwachung durch den örtlichen Wasserversorger, erklärt Thomas Frey. Auf Grundlage der Daten können Wasserbehörden im Ernstfall Entnahmeverbote oder -beschränkungen von Grundwasservorräten und Oberflächengewässern erlassen. Dann könnten Wasserentnahmen "insbesondere auf die öffentliche Wasserversorgung und den Erhalt bedeutsamer Infrastruktur beschränkt werden", heißt es im Landesniedrigwasserkonzept.

Kevin Brust von der Potsdamer Firma "Baum- und Landschaftspflege GmbH" gießt im Auftrag der Stadt neu gepflanzte Straßenbäume in der Amundsentraße.
Kevin Brust von der Potsdamer Firma "Baum- und Landschaftspflege GmbH" gießt im Auftrag der Stadt neu gepflanzte Straßenbäume in der Amundsentraße.

© Andreas Klaer

In Potsdam gilt bereits – wie in jedem Sommer seit 2018 – ein Verbot der Wasserentnahme aus Oberflächengewässern. Ausgenommen sind die Schlösserstiftung und das städtische Grünflächenamt, die vor 10 und nach 21 Uhr Wasser aus Flüssen entnehmen dürfen. Verstöße seien in diesem Jahr bislang noch nicht festgestellt worden, heißt es von der Stadt.

Ist künftig mit einer Deckelung des Trinkwasserverbrauchs zu rechnen, so wie beim Wasserverband Strausberg-Erkner?

Dafür gibt es keine Pläne, heißt es von Stadt und EWP. Allerdings sagt EWP-Sprecher Schulz: „Einschränkungen der Nutzung von Trinkwasser über Gartenwasserzähler zur Gartenbewässerung werden zukünftig jedoch eine Rolle spielen.“ Genaueres dazu konnte er auf PNN-Nachfrage nicht sagen. Bislang appelliere man vorrangig an die Kunden, Trinkwasser nachhaltig zu nutzen.

Potsdam wächst, der Grundwasserstand fällt: Was passiert, damit die Versorgungssicherheit perspektivisch gewährleistet bleibt?

Die Landeshauptstadt hat eine sogenannte Bedarfsdeckungsbilanz für den Zeitraum bis 2035 erstellt, erklärt Stadtsprecher Klier. Diese zeige, dass bis 2035 mit einer Auslastung der Kapazitäten von rund 80 Prozent im Jahresdurchschnitt und rund 85 Prozent in der Spitze zu rechnen ist. "Eine stabile Trinkwasserversorgung ist also gewährleistet." Zur Sicherstellung der Trinkwasserversorgung seien Wasserschutzgebiete ausgewiesen worden.

Die EWP investiere kontinuierlich in die Technik in den Wasserwerken und Verteilungsnetzen und die Weiterbildung der Mitarbeitenden, sagt Sprecher Schulz. So wurden beispielsweise in diesem Jahr unter anderem fünf neue Brunnen im Wasserwerk Ferch sowie neue Reinwasserpumpen im Wasserwerk Nedlitz in Betrieb genommen. Außerdem wurde im Einzugsbereich des Wasserwerks Ferch der ökologische Waldumbau vorangetrieben: Kiefern wurden gefällt und durch 16.000 junge Buchen ersetzt. Unter Laubbäumen ist die Grundwasserneubildung größer.

Was muss in Zukunft noch passieren?

Ein wichtiges Stichwort ist hier die „Schwammstadt“, also Maßnahmen zur besseren Speicherung von Regenwasser, die gemeinsam mit der Stadt angegangen werden müssen, sagt EWP-Sprecher Schulz: „Die Nutzung von Regenwasser wird unverzichtbar werden, vor allem in versiegelten Stadtteilen, wo das Regenwasser in Potsdam in der Regel in die Kanalisation fließt.“ Regenwasser sollte versickert werden, wo es möglich ist, damit die Grundwasserspeisung erhalten bleibe. Auch der Versiegelungsgrad in der Stadt müsse minimiert werden.

Was können Potsdamer:innen tun?

Für eine langfristige Versorgungssicherheit sei man auf die Unterstützung der Bevölkerung beim Wassersparen angewiesen, sagt EWP-Sprecher Schulz und nennt einige einfache Tipps: „Beim Zähneputzen sollte der Wasserhahn nicht laufen. Ein Zahnputzbecher voll Wasser reicht völlig aus.“ Einsparpotenzial gibt es auch bei der Körperpflege – wenn beim Einseifen unter der Dusche das Wasser läuft oder jeden Tag ein Vollbad genommen wird. Wasserreste vom Vortag im Wasserkocher könnten zur Bewässerung von Zimmer- oder Balkonpflanzen genutzt werden. Auch die Vermeidung von Müll in der Natur helfe, „um die Wälder als Grundwassereinzugsgebiete zu schützen“. Bei der EWP sieht man insbesondere beim Bewässern von Pflanzen großes Sparpotenzial – auch dem Stadtgrün.

Die Trinkwasserversorgung zur Bewässerung von Pflanzen kann eingeschränkt werden.
Die Trinkwasserversorgung zur Bewässerung von Pflanzen kann eingeschränkt werden.

© Andreas Klaer

Ist die Bewässerung von Pflanzen und Bäumen mit Trinkwasser überhaupt noch zu vertreten?

Die Nutzung von Trinkwasser zur Gartenbewässerung sei „insbesondere in Trockenperioden, wo auch die Wasserverbände kapazitätsmäßig örtlich bereits Bereitstellungsgrenzen erreichen, nicht zeitgemäß“, sagt Thomas Frey vom Landesumweltamt. Er verweist darauf, dass die Wasserversorger das auch untersagen können.

Sparpotenzial: Beim Zähneputzen muss das Wasser nicht laufen.
Sparpotenzial: Beim Zähneputzen muss das Wasser nicht laufen.

© Christin Klose/dpa

Welche ressourcenschonenden Alternativen für die Bewässerung von Pflanzen gibt es?

Die EWP will perspektivisch das sogenannte Klarwasser, also gereinigtes Abwasser, das die Kläranlagen verlässt, zu Bewässerungszwecken nutzbar machen, sagte EWP-Sprecher Schulz. Details konnte er auf PNN-Nachfrage noch nicht nennen.

Bei der Garten- und Balkongestaltung, aber auch in der Stadtbegrünung sollte „auf entsprechend angepasste und resistente Pflanzen gesetzt werden“, empfiehlt die EWP. Bei der Bewässerung könne eine Pflanze auch „trainiert“ werden, so Schulz: „Ist es nur trocken, aber nicht vorrangig heiß, muss nicht jeden Tag gewässert werden.“ Gegossen werden sollte „möglichst früh oder spät am Tag“, dann sei die Verdunstungsrate gering. Effizient seien Tröpfchenbewässerungsanlagen. Auch beim Stadtgrün sollte auf „trockenresistente Pflanzen“ gesetzt und mit Hilfsmitteln wie Bewässerungssäcken für Bäumen gearbeitet werden. Hobbygärtner könnten zudem Regenwasser aus regenreicheren Zeiten speichern und später nutzen, empfiehlt Thomas Frey vom Landesumweltamt.

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