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In der Anlage in der Burgstraße sollen künftig Studierende statt Senioren wohnen.

© Ottmar Winter

Nach Massenkündigung hochbetagter Bewohner: Seniorenanlage in der Burgstraße soll Studentenheim werden

Jetzt wird bekannt, was der Eigentümer der Seniorenwohnanlage in der Potsdamer Burgstraße plant. Ein Studentenquartier verspricht höhere Rendite.

Von Carsten Holm

Potsdam - In die Seniorenwohnanlage an der Burgstraße 6A sollen nach PNN-Recherchen Studenten einziehen, wenn die letzten der rund 110 gekündigten Seniorinnen und Senioren das Haus verlassen haben. Aus der Josephinen-Anlage wird demnach ein Quartier für Studierende.  „Dieser Sachverhalt ist der SPD bekannt“, hieß es am Mittwoch (26.1.) auf PNN-Anfrage aus Kreisen der Parteispitze in Potsdam. Die Hamburger Marseille-Kliniken AG, deren Tochtergesellschaft SGG Soziale Grundbesitzgesellschaft GmbH die Anlage gegenüber der Freundschaftsinsel betreibt, ließ eine PNN-Anfrage dazu bislang unbeantwortet.

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Die Betreiber hatten wie berichtet den größtenteils hochbetagten Mieterinnen und Mietern wenige Wochen vor Weihnachten gekündigt. Als Gründe nannten sie den angeblich wegen Corona immer wieder verzögerten Ausbau des seit langem nicht nutzbaren Speisesaals und Personalmangel. Nach früheren Angaben der MK Kliniken AG entfalle der größere Anteil der gekündigten Mietverträge auf Mieter, die weniger als zweieinhalb Jahre in der Anlage wohnen. Für die gelte eine Kündigungsfrist von drei Monaten. Mehr als ein Viertel habe eine sechsmonatige Kündigungsfrist bis Ende April 2022, die Frist für das restliche Viertel  der Mieterinnen und Mieter betrage neun Monate, also bis Ende Juli 2022.

Vermietung an Studierende könnte deutlich lukrativer sein

Die Seniorinnen und Senioren waren durch die Kündigungen sehr verunsichert, gerade wegen der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt. Teilweise wollen sie die Kündigungen nicht hinnehmen und sind, unterstützt vom Potsdamer Mieterverein, der Verbraucherzentrale und dem Seniorenbeirat, zu einem Rechtsstreit bereit. Die Stadtverordnetenversammlung hatte Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) bereits Anfang November in einem Eilantrag der rot-grün-roten Rathauskooperation aufgefordert, mit dem Inhaber der Anlage über einen dauerhaften Erhalt des Pflege- und Serviceangebots zu verhandeln. Überlegungen, die Stadt solle versuchen, den weißen Wohnturm, den sie vor vielen Jahren an die heutige MK-Kliniken AG verkauft hatte, zurückzukaufen, hatte die AG eine klare Absage erteilt.

Bisher war unklar geblieben, welche Pläne die MK-Kliniken AG mit der Seniorenwohnanlage verfolgen würde. Anhaltspunkte ergaben sich aus dem im Februar 2021 veröffentlichten Geschäftsbericht für 2019. Wegen der Marktsituation sowie der steigenden Immobiliennachfrage sehe der Konzern die Möglichkeit, „die noch vorhandenen Objekte einer anderen und rentablen Nutzung zuzuführen“.

Die Wohnungen an der Burgstraße hatte die SGG Soziale Grundbesitzgesellschaft mbH nach eigenen Angaben zur vergleichsweise günstigen Monatsmiete von durchschnittlich 259,43 Euro vermietet. Würde der Wohnkomplex nun mit sogenannten Mikroapartments an Studenten vermietet werden, stünde den Betreibern ein wesentlich lukrativeres Geschäft bevor. Solche Ein-Zimmer-Apartments, prognostizierte die Zeitschrift „Capital“ schon Ende 2017, versprächen „hohe Renditen“, „in Zeiten der Mietpreisbremse“ könne sich “ein Investment in kleinteiliges Wohnen besonders lohnen“. Aus Sicht eines Vermieters außerdem möglicherweise auch von Vorteil: Wohnraum für Studierende in einem Wohnheim fällt nicht unter den örtlichen Mietspiegel, wie Holger Catenhusen, Geschäftsführer des Potsdamer Mietervereins, den PNN bestätigte.

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