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 Die russisch-orthodoxe Gemeinde hat sich klar gegen den Krieg ausgesprochen.

© Andreas Klaer

Nach Kriegsbeginn in der Ukraine: Bedrohungen gegen russisch-orthodoxe Gemeinde in Potsdam

Die russisch-orthodoxe Gemeinde auf dem Potsdamer Kapellenberg bekommt Drohschreiben – dabei sind viele dort selbst Ukrainer. Einige engagieren sich auch für humanitäre Hilfe.

Potsdam - Es ist ein sichtbares Zeichen gegen den Krieg in der Ukraine: Vor der Alexander-Newski-Gedächtniskirche auf dem Kapellenberg hängt im Schaukasten für die Gemeindemitglieder ein A4-Zettel mit der Losung „No War!!!“.

Ein solches Zeichen gegen den Krieg ist offensichtlich nötig. Denn es seien in der Gemeinde bereits drei Drohschreiben eingegangen, sagte Erzdiakon Daniel Koljada am Montagvormittag den PNN. Der Tenor: Was habe so eine russische Gemeinde überhaupt noch in Deutschland verloren? „Solchen Hass auf uns verstehe ich nicht.“ Eine Strafanzeige bei der Polizei habe man nicht gestellt, auch um die Lage nicht weiter zu eskalieren.

Daniel Koljada.
Daniel Koljada.

© privat

Zur Gemeinde mit insgesamt rund 850 Mitgliedern gehörten nicht nur Menschen aus Russland, sondern auch viele Gläubige, die aus der Ukraine kommen – zum Beispiel die Hälfte der Sänger im Chor. Es gebe aber auch Menschen mit Wurzeln aus Belarus, aus Serbien, Griechenland oder Bulgarien in der Gemeinde, von denen die große Mehrheit längst deutsche Staatsbürger sei.

Die Lage sei nicht einfach. „Wir versuchen, die Wogen zu glätten, auf die Leute einzureden, dass sie nicht diesen Konflikt auch hier gegeneinander ausleben sollen.“ Man sei vor allem eine christliche Kirche – mit dem Gebot der Nächstenliebe, die gelte auch für Feinde. Gleichwohl verurteile die Gemeinde den Krieg „auf das Schärfste“, so Koljada.

Der Diakon hat selbst Angehörige in der Ukraine

Schon am Donnerstag hatte Koljada gegenüber den PNN von einem Schock für die Gemeinde gesprochen. Auch er hatte den Einmarsch nicht erwartet. Zudem ist der Erzdiakon selbst mit Schicksalen aus der Ukraine verbunden. Die Familie seines Cousins befindet sich aktuell im südukrainischen Mariupol.

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Am Wochenende habe man mit Fürbitten für den Frieden gebetet, berichtete Koljada. Am Sonntag sei nach dem Gottesdienst rund ein Drittel der Gemeinde zu der Friedensdemo nach Berlin gefahren. Auch würden Mitglieder sich für die humanitäre Ukraine-Hilfe engagieren – etwa um Spenden in die Kriegsgebiete zu bringen. Ebenso sei man bereits in Netzwerken engagiert, um die Aufnahme von Flüchtlingen zu organisieren.

Ein Aufruf zum Frieden

Auf der Internetseite der Gemeinde gibt es inzwischen einen Aufruf für Frieden – vom Erzbischof Tichon der Diözese von Berlin und Deutschland, also dem Oberhaupt der Orthodoxen Kirche im Land. Dieser hat unter anderem für Neutralität der Kirche geworben und erklärt: „Natürlich können sowohl die Geistlichen wie auch die Gläubigen unserer Diözese unterschiedliche Ansichten zu den Geschehnissen haben, aber wir dürfen Konflikte aus der politischen Sphäre nicht in unsere Kirchengemeinden hineintragen, indem wir die eine oder andere Position einnehmen“, so der Erzbischof. 

Es gehe nun darum, den Frieden zu wahren, gerade in den Gemeinden. Aufgabe der Kirche sei es, „am Frieden mitzuwirken“ und am gegenseitigen Verstehen – aber auch einen „Raum zu bieten, der frei bleibt von politischen Bekundungen und nationalen Ambitionen jeder Art“.

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