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Das Gelände vor der Fachhochschule am Tag nach der Besetzung. Das Protestcamp bleibt bis Sonntagabend.

© Sebastian Gabsch

Nach der Besetzung der Fachhochschule in Potsdam: Geräumt – und nun?

Potsdams Stadtpolitik reagiert geteilt auf die Abriss-Proteste. Die Linken wollen eine Bürgerbefragung - obwohl sie dem Abriss schon zugestimmt haben. CDU, SPD, FDP und Grüne verurteilen die Besetzung als undemokratisch.

Innenstadt - Nach der von der Polizei beendeten Besetzung der Fachhochschule (FH) fordert der Kreisvorstand der Potsdamer Linken, nun doch eine Bürgerbefragung zum FH-Abriss anzustreben – trotz des schon begonnenen Verfahrens zur Ausschreibung des FH-Grundstücks. Dort sollen wie berichtet private Investoren zwei Wohn- und Geschäftskarrees im historischen Stadtgrundriss errichten.

„Auch die Stadt hätte damit die Chance, ihre Position durch die Potsdamer legitimieren zu lassen – oder vor einer Fehlentwicklung bewahrt zu werden“, argumentiert die Linke. Der Konflikt in einer so zentralen Frage sollte durch die Bürgerschaft selbst entschieden und damit befriedet werden, hieß es. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) lehnte dies am Freitag ab (siehe Interview). Noch im September 2016 hatte auch die Linke im Stadtparlament einem Kompromiss-Papier zur Mitte inklusive FH-Abriss zugestimmt.

Zugleich kritisierte der Linke-Vorstand, dass die FH-Leitung als Hausherr „nicht den Mut“ gehabt habe, die Besetzer in den Räumen zu dulden. Das sei „fatal und außerordentlich bedauerlich“.

Grüne: Gestaltung der Mitte wurde nicht von reichen Westdeutschen angestoßen

Auch die Besetzer der linken Initiative „Bitte stehen lassen“ sprachen von einer „unnötigen Räumung“. Schon während der Besetzung hatten mehrere führende Linke-Politiker das illegale Vorgehen gelobt – und das, obwohl die Linke im Land mitregiert und den Justizminister stellt.

Für CDU- und SPD-Politiker stellt die Besetzung eine Missachtung demokratischer Entscheidungen dar. Grünen-Kreischef Gert Zöller teilte am Freitag mit: „Hier agiert eine lautstarke Gruppe, die für sich in Anspruch nimmt, die ,Stadt für alle’ zu repräsentieren; sie grenzt aber diejenigen Bürger aus, die sich seit vielen Jahren in mühevoller Kleinarbeit in den demokratisch gewählten Gremien für die Potsdamer Mitte engagieren.“ Deren Gestaltung „wurde nicht – wie oft kolportiert – von reichen Westdeutschen angestoßen“, so der Grünen-Kreisverband weiter: „Vielmehr liegen die Wurzeln im zivilgesellschatlichen Engagement vor allem ostdeutscher Bürgerinnen und Bürger.“ Die Grünen-Fraktion teilte in Bezug auf das vor Gericht gescheiterte Bürgerbegehren mit 15 000 Unterschriften zum Erhalt von DDR-Bauten mit, dessen Initiatoren hätten nicht nur die Fragestellung „schlecht gestaltet“, ebenso hätten sie nur vage ein Alternativkonzept angekündigt.

Besetzer kündigten für das Wochenende und darüber hinaus weitere Aktionen an

Wie berichtet hatten die Initiatoren des Begehrens vor Beginn der Unterschriftensammlung auf eine rechtliche Prüfung zusammen mit der Stadt verzichtet. FDP-Kreischefin Linda Teuteberg teilte mit, „man versucht also mit Gewalt zu erzwingen, was man mit demokratischen Mitteln nicht erreicht hat“.

Dagegen kündigten die Besetzer der linken Gruppe „Bitte stehen lassen“ weitere Aktionen an. Die Besetzung habe gezeigt, wie viel Nachfrage nach einem kollektiv genutzten Raum in der Mitte bestehe. „Deshalb sehen wir diese Aktion nicht als Ende unseres Kampfes, sondern eher als einen Startpunkt für verstärkte Bemühungen.“ Der Verfassungsschutz Brandenburg hat in seinem aktuellen Bericht erklärt, die autonome Szene Potsdams konzentriere sich auf den Kampf um möglichst subventionierte Freiräume.

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