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Hadi Ahmad hat die Kampagne mitorganisiert.

© René Garzke

Muslimische Organisation in Potsdam: „Wir wollen Vorurteile abbauen“

Die Kampagne „Muslime für Frieden, Freiheit und Loyalität“ kommt heute nach Potsdam. Mitorganisator Hadi Ahmad im Interview über Ängste und Vorbehalte.

Herr Ahmad, Sie haben die Kampagne „Muslime für Frieden, Freiheit und Loyalität“ gestartet. Warum?

Die Kampagne haben wir schon im letzten Jahr in Dresden gestartet. Dafür gibt es zwei Gründe: Zum einen hat Bundeskanzlerin Angela Merkel mehrmals gefordert, dass die muslimischen Verbände mehr in die Öffentlichkeit treten und Stellung beziehen sollen. Zum anderen fühlen wir uns als Muslime verpflichtet, das Bild des Islams geradezurücken – auch in Bezug auf manche sogenannte Muslime. Vor allem wollen wir Vorurteile abbauen.

Wie waren die bisherigen Erfahrungen mit der Kampagne?

Es war sehr gut – vor allem in Dresden kam die Kampagne gut an. Dort haben wir auch mit Pegida-Anhängern und rechten Skinheads gesprochen. Manche standen dann länger als eine halbe Stunde bei uns und haben zum Schluss gesagt: „Macht weiter so, Jungs.“

Warum haben Sie sich Potsdam als Aktionsort ausgesucht?

Vor allem wollen wir auch in kleineren Städten informieren. Bisher waren wir meistens nur in Großstädten wie Berlin, München oder Frankfurt/Main. Der Hintergedanke ist, dass wir auch in die Oststädte reinwollen, wo es einen eher geringen Ausländeranteil und wenige Muslime gibt. Wir wollen zum Beispiel auch noch nach Frankfurt (Oder).

Wollen Sie, öfter nach Potsdam kommen?

Die Kampagne in Potsdam ist erst mal zeitlich begrenzt bis zum 28. Mai. Bis dahin haben wir auch nur den Antrag gestellt. Solange werden wir jeden Samstag unseren Informationsstand aufbauen. Danach müssen wir schauen, wie viel Manpower wir noch haben und ob wir weitere Aktionen koordinieren können.

Nach jedem Anschlag in Europa wird kritisiert, dass sich die muslimische Glaubensgemeinschaft insgesamt nicht ausreichend von den Terroristen distanziere. Teilen Sie diese Ansicht?

Ich bekomme nicht sehr viele Distanzierungen von anderen mit. Zudem wird kleineren muslimischen Organisationen nur geringe mediale Aufmerksamkeit geschenkt. Wir haben zum Beispiel eine eigene Webseite und Pressebeauftragte – dadurch finden wir vielleicht mehr Gehör.

Wie genau wird die Aktion morgen in Potsdam ablaufen?

Wir werden ein Zelt aufbauen und legen kostenlose Broschüren aus, zu aktuellen Themen und zu Kritikpunkten, die die meisten Bürger gegenüber dem Islam haben. Einige Mitglieder unserer Jugendorganisation sind dann vor Ort und stellen sich den Fragen der Bürger.

Der Prediger Pierre Vogel kündigte an, demnächst in Potsdam sprechen zu wollen. Wie schätzen Sie ihn ein?

Ich hab das in der vergangenen Woche mitbekommen, eine Potsdamerin hatte mir davon erzählt. Ich kenne ihn von seinen YouTube-Videos und aus dem Fernsehen. Wir haben zu ihm deutliche theologische Unterschiede.

Wie nehmen Sie die Stimmung im Alltag wahr? Werden Sie auf der Straße anders angeschaut?

Ja, in Bezirken mit geringem Ausländeranteil merkt man, dass die Stimmung angespannt ist – vor allem durch Blicke. Das kann ich zum Teil auch verstehen, die Leute haben Angst. Aber deshalb sind wir auch da: Wir möchten erreichen, dass die Leute differenzieren.

- Die Fragen stellte René Garzke.

Hadi Ahmad, 34, ist in der Jugendorganisation der Ahmadiyya Muslim Jamaat für Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Er wurde als Sohn pakistanischer Eltern in Deutschland geboren.

Hintergrund: Die Gemeinde hinter der Kampagne

Die Kampagne „Muslime für Frieden, Freiheit und Loyalität“ wird von der Glaubensgemeinde Ahmadiyya Muslim Jamaat organisiert. Sie ist die einzige islamische Gemeinde in Deutschland, die eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist. Deutschlandweit hat die Gemeinde mehr als 40 000 Mitglieder, weltweit mehrere zehn Millionen. Wegen ihrer aufklärerischen Positionen werden die Ahmadiyya in muslimisch geprägten Ländern verfolgt und bekämpft. In Potsdam hat die Gemeinde keine eigene Moschee. Die nächste ist die Khadija-Moschee in Berlin-Pankow. Schon in den vergangenen vier Wochen wurde samstags ein Kampagnen-Stand in der Brandenburger Straße aufgebaut. Am heutigen Samstag steht er von 9 bis 18 Uhr in der Nähe der Targobank-Filiale.

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