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Landeshauptstadt: Musikschule des Soldatenkönigs

Schon ab 1724 wurde am Großen Waisenhaus Musik unterrichtet: Am Samstag gibt es ein Festkonzert

Ganz ohne Hintergedanke war die Anweisung von Friedrich Wilhelm I. nicht: Der Soldatenkönig brauchte kostengünstige Pfeifer, Trompeter, Trommler und Pauker für seine Militärkapellen. Aber mit der Idee, ab 1724 am Großen Militärwaisenhaus Jungen gezielt musikalisch ausbilden zu lassen, machte der Preußenkönig Potsdam auch zum Vorreiter der institutionalisierten Musikschulen. Zu diesem Schluss kommt René Schreiter, der Historiker der Stiftung „Großes Waisenhaus zu Potsdam“, die in diesem Jahr das 20. Jubiläum ihrer Wiedergründung feiert. Über die Geschichte der sogenannten „Hautboistenschule“ wird Schreiter am Samstag bei einem Festkonzert mit Lesung unter dem Motto „Musikschulen in Potsdam einst und jetzt“, zu dem die Waisenhausstiftung gemeinsam mit der Städtischen Musikschule „Johann Sebastian Bach“ einlädt, berichten.

Mit einem sechsköpfigen Chor unter Leitung von Johann Gottfried Pepusch hat das Musikschulwesen am Waisenhaus einst begonnen, wie der Historiker recherchiert hat. Bezahlt wurde die Einrichtung damals direkt aus der Hofstaatskasse. Neben dem Nachwuchs für die Militärkapellen habe der Musikunterricht eine weitere wichtige Funktion erfüllt: Die Jungen bekamen eine Berufsperspektive, konnten sich als Musiker später ihre Existenz sichern.

Unterrichtet wurde zunächst nicht im Waisenhaus selbst, sondern in den Privatwohnungen der jeweiligen Direktoren, berichtet René Schreiter. Wo Pepusch seinerzeit wohnte, sei nicht bekannt. „Der Potsdamer Pepusch stand immer im Schatten seines großen und berühmten Bruders Johann Christoph“, sagt er über den ersten Musikschulchef. Der ältere Pepusch machte unter anderem in London mit „The Beggar’s Opera“ – „Des Bettlers Oper“ – Händel Konkurrenz.

Die Namen von sechs Musikschulchefs sind laut Schreiter aus dem 18. Jahrhundert überliefert, die Größe der Einrichtung sei auf bis zu 30 Schüler gewachsen. Wie viele Schüler insgesamt die Ausbildung durchliefen, sei unklar. Das hängt auch damit zusammen, dass die Hautboistenschule am Waisenhaus 1869 aufgelöst wurde und heute kaum noch Dokumente verfügbar sind, erklärt der Historiker.

Einige Schüler konnten sich auch über Potsdam hinaus einen Namen machen: Dazu gehören etwa der Fagottspieler Georg Friedrich Brandt oder der Klarinettist Heinrich Joseph Baermann. Als junger Mann nahm der 1784 geborene Baermann noch am Krieg gegen Napoleon teil, später wurde er Chef der Königlich-Bayerischen Hautboisten in München, schloss unter anderem Freundschaft mit dem Komponisten Carl Maria von Weber und war international gefragt.

Ein gewisser Paul Seewald hat sich wiederum mit seinem „Waisenhausmarsch“ im Gedächtnis der Stiftung verewigt: Seewald, der die Schule in den 1860er Jahren besucht haben soll, schrieb das Stück 1899 anlässlich des 175-jährigen Jubiläums. Über seinen weiteren Lebensweg sei jedoch nichts bekannt, sagt der Historiker René Schreiter.

Der Waisenhausmarsch soll auch bei dem Festkonzert am Samstag erklingen – gespielt von einem Bläsersextett und zwei Schlagzeugern der Musikschule und der Kammerakademie. Auch Werke unter anderem von Pepusch, Anna Amalia von Preußen und Wolfgang Amadeus Mozart stehen auf dem Programm. Die Veranstalter bitten um Spenden für das Projekt „Jekis“ – das bedeutet: „Jedem Kind seine Stimme“ – der Musikschule. Deren Leiterin Heike Lupuleak sagt, für „Jekis“ seien ein Chor gegründet, Schulsingen veranstaltet und Grundschullehrer musikalisch weitergebildet worden. Das Projekt startete an der Grundschule am Pappelhain und soll auch an der Babelsberger Goethe-Grundschule angeboten werden.

Konzert am 27. Oktober um 17 Uhr im Friedenssaal, Lindenstraße 34a. Der Eintritt ist frei, Spenden sind willkommen.

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