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Landeshauptstadt: Multikulti-Fest auf dem Luisenplatz Diskussion über Rassismus am Schlaatz

Ein Jahr nach dem Angriff auf den Potsdamer Ermyas M. wird der 38-Jährige auf dem Platz zu sehen sein, auf dem im vergangenen Jahr die zentrale Protestkundgebung der Stadt nach der Attacke stattfand: Am Ostersonntag feiert der von Ermyas M.

Ein Jahr nach dem Angriff auf den Potsdamer Ermyas M. wird der 38-Jährige auf dem Platz zu sehen sein, auf dem im vergangenen Jahr die zentrale Protestkundgebung der Stadt nach der Attacke stattfand: Am Ostersonntag feiert der von Ermyas M. selbst gegründete Verein Löwenherz e.V. ab 15 Uhr ein Multikulti-Fest auf dem Luisenplatz. „Wir möchten der unbeschwerten Feier keinen anklagenden Charakter geben, sondern wollen unsere Freude darüber ausdrücken, dass Ermyas noch lebt – und das schöne Wetter genießen“, sagte gestern Detlef Kaschubowski, einer der Vorstandsmitglieder des Vereins, den PNN.

Der im Oktober vergangenen Jahres gegründete Verein, der seit kurzem eine eigene Internetseite betreibt, will bei dem Fest erstmals seine bisherige Arbeit öffentlich vorstellen. Sein Ziel: die „Förderung von kultureller und gesellschaftlicher Integration, gegenseitigem Verständnis und solidarischem Verhalten“. So soll auf dem Luisenplatz ein Kulturprojekt vorgestellt werden, das 20 Schüler aus Potsdam und 20 Schüler aus Äthiopien erarbeitet haben: Dabei sollen die Jugendlichen sich gegenseitig ihren Alltag vorstellen.

Gleichzeitig plant der Verein unter dem Namen „Gudalema“ ein Pilotprojekt zur Trinkwasseraufbereitung in Äthiopien. Dort sollen in drei Jahren zwölf Brunnen für bis zu 3500 Familien entstehen. „Derzeit arbeitet die äthiopische Botschaft in Berlin intensiv daran, reibungslose Bedingungen zur Umsetzung dieses Vorhabens in Äthiopien zu schaffen“, heißt es bei Löwenherz e.V.

Dem Projekt dürfte auch das Berufswissen des Wasserbau-Ingenieur M. zu Gute kommen: Vor dem Angriff am Bahnhof Charlottenhof am Ostersonntag des vergangenen Jahres hatte Ermyas M. gerade seine Promotion am Potsdamer Institut für Agrartechnik beenden wollen. Doch dann war er mitten in der Nacht leblos am Boden liegend an einer Haltestelle gefunden worden – offenbar nach einem wuchtigen Faustschlag. Wochenlang lag er danach im Koma. Gegen zwei Verdächtige wird derzeit am Potsdamer Landgericht verhandelt.

Der Fall Ermyas M. war bundesweit zum Politikum geworden, als der damalige Generalbundesanwalt Kay Nehm die Ermittlungen an sich zog, da er zunächst von einem rassistischen Tatmotiv ausging: Während des Vorfalls hatte der Deutsch-Äthiopier seine Frau angerufen, ihr Anrufbeantworter zeichnete unter anderem die Beleidigung „Scheiß Nigger“ auf. Auf der Homepage des Vereins gibt es allerdings keinen Hinweis darauf.

Ermyas M. hatte die Gründung seines Vereins schon vor dem Überfall geplant. Das Thema Rassismus wird bei dem Fest auf dem Luisenplatz dennoch eine Rolle spielen: Eine neue Initiative von afrikanischen Bewohnern des Wohngebietes am Schlaatz möchte gegen 15 Uhr eine Diskussion zum Thema Alltagsrassismus in ihrem Wohngebiet führen.

Hintergrund ist unter anderem ein Vorfall im Februar: Damals brannte im Flur eines Mehrgeschossers ein Kinderwagen, der einer schwarzen Familie gehörte. Die Tat ist bis jetzt nicht aufgeklärt, jedoch geht die betroffene Mutter von einem rassistischen Motiv aus. Über solche Ängste und Nöte möchten die Migranten mit Potsdamern während des Festes auf dem Luisenplatz reden.

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