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Zu Tisch. Die Frauenrechtlerin Seyran Ates an der Potsdamer Tafel.

© A. Klaer

Moschee-Gründerin zu Gast in Potsdam: Seyran Ates und der Kopftuchstreit

Als Rechtsanwältin und Autorin, die sich für Frauenrechte einsetzt, ist Ates deutschlandweit bekannt, jüngst machte sie Schlagzeilen mit der Gründung der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin, in der Frauen predigen und Männer und Frauen gemeinsam beten. Nun war sie zu Gast in Potsdam.

Potsdam - Als Seyran Ates die Nagelkreuzkapelle in Potsdam betritt, hat sie gleich drei Personenschützer an ihrer Seite. Während Pfarrerin Cornelia Radeke-Engst sie am Montagabend zu den „Potsdamer Tischreden“ begrüßt, zücken einige der rund 40 anwesenden Frauen ihre Handys, um Fotos zu machen. Manche gehen auf Ates zu, um ihr die Hand zu geben.

Als Rechtsanwältin und Autorin, die sich für Frauenrechte einsetzt, ist Ates deutschlandweit bekannt, jüngst machte sie Schlagzeilen mit der Gründung der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin, in der Frauen predigen und Männer und Frauen gemeinsam beten. Seit Jahren wird sie von Gegnern bedroht, weil sie sich für einen säkularen liberalen Islam einsetzt, in dem Männer und Frauen gleichberechtigt sind. 1984 wird die Juristin türkisch-kurdischer Abstammung sogar bei einem Attentat lebensgefährlich verletzt.

Tischrede ist ein Appell an die Anwesenden mit Blick auf die Kopftuchdebatte

Bei den „Potsdamer Tischreden“, von Radeke-Engst 2014 ins Leben gerufen, steht die Stellung der Frau in der Gesellschaft im Fokus. Im Jubiläumsjahr der Reformation sind neben Ates die Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur, Martina Münch, die ehemalige Bundesministerin für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, Irmgard Schwaetzer, sowie die ehemalige Kirchenrätin Susanne Kahl-Passoth dabei. Das Motto für ihre Tischreden: „Genau hinsehen“. So mahnt Schwaetzer an, dass Frauen in der evangelischen Kirche, und Münch, dass Frauen in der Wissenschaft und Kultur immer noch in Leitungsämtern unterrepräsentiert sind. In einer emotionalen Rede lenkt anschließend Kahl-Passoth den Fokus unter anderem auf Zwangsprostitution und Frauenarmut.

Es ist an diesem Abend aber Ates, die die mit am meisten Spannung erwartete Rednerin ist. Ihre Tischrede ist ein Appell an die Anwesenden mit Blick auf die Kopftuchdebatte. Aktuell vertrete sie als Anwältin das Land Berlin in einem juristischen Streit mit einer Muslima, die in einer Grundschule mit Kopftuch unterrichten wolle. „Hier gibt es ein Neutralitätsgesetz, das ist eins der besten in ganz Deutschland, und dieses sollten wir in Berlin bewahren“, sagt sie.

Befürwortung des Kopftuchtragens als Verrat an Frauen, die sich in der islamischen Welt gegen den religiösen Zwang wehren

Eine Befürwortung des Kopftuchtragens in öffentlichen Ämtern empfinde sie als Verrat an all den Frauen, die sich in der islamischen Welt dafür einsetzten, das Kopftuch nicht mehr aus religiösem Zwang tragen zu müssen. Irritiert sei sie immer noch, wenn sie für diese Ansicht von anderen Feministinnen angegriffen werde. Trotz der ernsten Worte schließt sie ihre Rede aber schließlich mit den Worten ab: „Es gibt aber zum Glück auch genügend Männer, die mit uns kämpfen, die keine Angst vor der Macht der Frauen haben.“ Dass es in der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee genauso viele Männer wie Frauen gebe, zeige das. 

Andrea Lüttkewitz

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