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Landeshauptstadt: Moderne neben Knobelsdorff

Kunsthalle statt Mercure: Plattners Interesse könnte Abriss des einstigen Interhotels ermöglichen

Innenstadt - Sie wäre gemeinsam mit dem Stadtschloss die Attraktion der neuen Potsdamer Mitte: Eine Kunsthalle, wohl in moderner Architektur, direkt neben dem neuen, alten Wahrzeichen der Stadt, dem Knobelsdorff-Bau. Potsdam-Mäzen Hasso Plattner will der Stadt die Kunsthalle bauen, sie ihr schenken, darin eigenständige Sammlungen zeigen.

Dafür hat die Rathausspitze dem Stifter einen Ort vorgeschlagen, der seit jeher zu städtebaulichen Diskussionen anregt: Es ist das Grundstück des Hotels Mercure, ehemals Interhotel. Eine öffentliche Einrichtung dort, eine Kunsthalle, so viel darf gesagt sein, würde die neue Mitte für die Bürger und Potsdam-Touristen öffnen. Jetzige Befürchtungen, das Areal um das Landtagsschloss werde sich nicht mit Leben füllen, könnten angesichts des Dreiklangs aus Stadtschloss, Kunsthalle und Hafen samt Weisser Flotte sehr wahrscheinlich ad acta gelegt werden.

Über die Lebensdauer des 1966 bis 1969 errichteten Plattenbaus, in dem heute das Hotel Mercure zu finden ist, wurde in Potsdam seit jeher debattiert. Dass der Bau eines Tages fallen wird, darüber hegte zuletzt nicht einmal die Linke Zweifel. Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg sah zwar bisher keine Schwierigkeiten in der direkten Nachbarschaft von Hochhaus und Stadtschloss – doch selbst er forderte keine Bestandsgarantie auf ewig. Von rund 20 Jahren Lebensdauer, die das Gebäude noch haben könnte, war zuletzt die Rede.

Andere Stimmen gegen einen Abriss gibt es in der Stadtpolitik kaum. Zu deutlich wird mit jedem Tag, an dem das Stadtschloss eingeengt zwischen Fachhochschulbau und dem 54 Meter hohen Hotel wächst, dessen stumme Forderung nach Freiraum offenkundig. So fielen politische, gar erzürnte Reaktionen auf die erst jüngst vom Baubeigeordneten Matthias Klipp (Bündnisgrüne) veröffentliche Liste mit DDR-Bauten, die bereits den Abriss des Mercure-Hotels festschrieb, aus.

Allerdings konnte ein Abriss bisher auch nicht als ernsthafte Option angesehen werden: Zwar besitzt die Landeshauptstadt bis Ende des Jahres ein Vorkaufsrecht für das Grundstück, so der Eigentümer, die US-amerikanische Investmentgesellschaft Blackstone, denn veräußern will. Doch bisher schien es ausgeschlossen, dass Potsdam die Millionen für den Kaufpreis – ein Gutachten hatte vor fünf Jahren eine Summe von rund zehn Millionen Euro ausgewiesen – aufbringen kann. Ganz zu schweigen davon, dass eine solche Entscheidung politisch weder vermittel- noch durchsetzbar gewesen wäre: eine Millioneninvestition nur für einen Abriss.

Angesichts der Pläne von Mäzen Hasso Plattner, dessen Förderstiftung offenkundig Interesse hat, das Mercure-Grundstück zu erwerben, befindet sich die Landeshauptstadt nun in einer neuen Lage: Mit einem sicheren Käufer in der Hinterhand könnte sie von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen. Eine breite Zustimmung der von der Rathauskooperation aus SPD, CDU/ANW, Bündnisgrünen und FDP dominierten Stadtpolitik scheint wahrscheinlich.

Aufgaben, die das Rathaus lösen müsste, zeichnen sich unterdessen auch schon ab: Bei Klipps Vorstoß für den Mercure-Abriss Ende März meldete sich der Betriebsrat des vom französischen Unternehmen Accor betriebenen Hotels zu Wort. Dort arbeiten rund 50 Menschen. Sie zeigten sich verunsichert über die Abrisspläne und forderten die Accor-Gruppe auf, mit offenen Karten zu spielen. Sollte das Hotel schließen, müsse ein Sozialplan her, so eine Sprecherin des Betriebsrats.

An die Zukunft des Hochhauses gebunden ist bisher auch die Weisse Flotte GmbH, die am darunter liegenden Hafen, der zur Bundesgartenschau gemeinsam mit dem Lustgarten neu angelegt wurde, ihre Fahrgastschiffe anlegen lässt. Bereits seit mehr als sechs Jahren wartet die Weisse Flotte darauf, am Fuße des Hotelbaus einen Neubau mit 700 Quadratmetern Fläche für ihre Kunden und für Gastronomie errichten zu können. Das Stadtparlament hatte einer Änderung der Sanierungsziele im Sanierungsgebiet „Potsdamer Mitte“ zugunsten des Flotten-Neubaus bereits vor drei Jahren zugestimmt. Denn zuvor gab die Satzung vor, dass nur im hinteren Bereich des Hafens, am sogenannten Hopfenspalier, gebaut werden sollte.

Allerdings trafen die Stadtverordneten bereits im März 2008 Vorkehrungen für einen Abriss des Hotels Mercure: Für diesen Fall, so heißt es in der Begründung des damaligen Parlamentsbeschlusses, sollten die Verträge mit der Weissen Flotte zeitlich begrenzt werden.

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