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Das Basecamp in Golm bietet 263 Studentenappartements, ein 26 Quadratmeter großes Studio kostet im Monat 650 Euro – Nebenkosten inklusive.

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Mit Möbeln und ohne Limit: Horrende Summen für möblierte Wohnungen in Potsdam

Möblierte Wohnungen in Potsdam werden zu hohen Preisen vermietet. Es gibt Kritik, das Rathaus ist eingeschaltet.

Potsdam - Das Angebot klingt reizvoll: Vier Zimmer, 190 Quadratmeter, „zusätzlichen Wohlfühl-Komfort bieten zwei großzügig angelegte Terrassen mit Süd-Ost- und West-Ausrichtung“. Diese „herrschaftliche Belle Etage unmittelbar am Heiligen See“ wird derzeit auf einem großen Immobilienportal möbliert zu Miete auf Zeit angeboten. Wer einziehen möchte, muss allerdings tief in die Tasche greifen. Denn für die „stilvolle und großartige Wohnung im Herzen von Potsdam“ werden monatlich schlappe 5970 Euro Miete aufgerufen. Pro Quadratmeter sind das 31,42 Euro – immerhin inklusive Nebenkosten.

37,46 Euro pro Quadratmeter

Sicherlich handelt es sich um ein extremes Beispiel. Doch bei möblierten Wohnungen werden in Potsdam für die befristete Vermietung teilweise horrende Summen aufgerufen – zum Beispiel für ein Zweizimmerappartement im Babelsberger Norden, das ab Juni für mindestens zwei Monate zu haben ist: Für 50 Quadratmeter „nagelneu sanierte Altbauwohnung im Vorderhaus“ werden 1200 Euro verlangt. Das sind 24 Euro pro Quadratmeter. In einem Gebäude in der Weinbergstraße werden derzeit ganze sechs Wohnungen befristet und möbliert zur Miete angeboten, darunter ein „in warmen Erdtönen gehaltenes“ Einzimmerappartement „mit kleiner Küchenzeile“ und 28 Quadratmeter für 1049 Euro. Das sind 37,46 Euro pro Quadratmeter.

Nach oben keine Grenzen

Allein auf einer einzigen Immobilienplattform finden sich aktuell für Potsdam 73 derartige Angebote. Bei den Preisen für solche Mieten auf Zeit scheint es nach oben keine Grenze zu geben. Und tatsächlich ist die Sache diffizil. Eigentlich gilt in Potsdam zwar die Mietpreisbremse. Sie besagt, dass bei der Wiedervermietung von Bestandswohnungen in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt – wie Potsdam – die Miete höchstens zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. Wie hoch die ist, steht im Mietspiegel. Die Mietpreisbremse gilt nicht für Neubauten und nicht nach umfassenden Modernisierungen. Es hält sich auch recht hartnäckig das Gerücht, die Mietpreisbremse gelte für möblierte Wohnungen überhaupt nicht. Doch das stimmt nicht. Ausnahmen gibt es nur, wenn die möblierte Wohnung nur vorübergehend angeboten wird, beispielsweise als Ferienwohnung. Außerdem kann der Vermieter einen Aufschlag für Möbel berechnen. Häufig wird von zwei Prozent des Zeitwerts ausgegangen. Bei neuen Möbeln für 10.000 Euro wären das anfangs 200 Euro Zuschlag.

Sogenannte Studentenappartements

Die schmucken Appartements in den guten Lagen machen dabei nur einen Teil des Markts aus. Eine Reihe von Anbietern hat in den vergangenen Jahren sogenannte Studentenappartements errichtet. Mit den preiswerten Wohnheimplätzen des Studentenwerks hat das jedoch nichts zu tun. So bietet das Basecamp in Golm insgesamt 263 Studentenappartements mit Waschsalon, Fitnessstudio und W-Lan an. Für ein 26 Quadratmeter großes Studio Large werden im Monat 650 Euro aufgerufen – Nebenkosten inklusive. Das sind 25 Euro je Quadratmeter. Bei Youniq gleich neben der Fachhochschule im Bornstedter Feld gibt es seit 2013 insgesamt 380 Mikroappartements. Für ein 20 Quadratmeter großes Einzimmerquartier in Größe S werden monatlich 459 Euro fällig.

An der Friedrich-List-Straße gleich neben der Bahntrasse sind in den vergangenen zwei Jahren zwei Fünfgeschosser mit jeweils 117 Wohnungen entstanden. Die möblierten Ein- und Zwei-Raum-Apartments sind zwischen 23 und 40 Quadratmetern groß und ab 450 Euro zu haben, inklusive Wasser, Strom und W-Lan. Die Mindestmietdauer beträgt ein Jahr.

„Keine Lösung für bezahlbare Mieten"

Solche Offerten stoßen nicht nur auf Gefallen. So hatte das Netzwerk „Stadt für alle“ Ende März zum internationalen Housing Action Day in Potsdam für bezahlbaren Wohnraum mit einer Plakataktion protestiert. Damit wolle man insbesondere auf die zunehmende Präsenz möblierter Wohnungen auf dem Markt hinweisen. Dieses Geschäftsmodell sei „keine Lösung für bezahlbare Mieten, sondern verschärft die Krise des bezahlbaren Wohnens“, hieß es in einer Erklärung.

Die Forderungen kann man im Rathaus durchaus nachvollziehen. Der Wohnungsmarkt sei ohnehin angespannt, erklärt Gregor Jekel vom Bereich Wohnen. Deshalb sei jede Wohnung problematisch, die dem Mietmarkt entzogen werde. Allerdings weist er auch darauf hin, dass es eben auch einen Bedarf an möblierten Wohnungen gebe. Potsdam sei eine Stadt, in der viele Menschen auf Zeit arbeiten, seien sie Gastwissenschaftler, Stipendiaten oder Mitarbeiter von Unternehmen. „Die kommen für ein paar Monate und sind dann wieder weg.“ Die von den Kritikern angesprochenen Projekte seien Neubauten. Insofern seien dadurch keine bestehenden Mietwohnungen umgewandelt worden. Dennoch müsse man genau hinschauen: Seien die Appartements nicht nur möbliert, sondern werden auch Dienstleistungen wie Waschen und Putzen angeboten oder würden sie sehr kurzfristig vermietet, könne es sich um eine gewerbliche Nutzung handeln. Das könne dann ohnehin unzulässig sein.

An der Satzung wird gearbeitet

Die Verwaltung hatte schon in der Vergangenheit betont, dass erstmal eine Satzung nötig sei, um gegen die Zweckentfremdung vorzugehen. Ausgangspunkt war seinerzeit allerdings die Diskussion um die Zweckentfremdung vom Wohnungen, die dann auf Portalen wie AirBnB als Ferienwohnung angeboten werden. Doch lange fehlte es an der Rechtsgrundlage durch ein Landesgesetz. Das gibt es nun seit dem vergangenen Jahr und in Potsdam wird an der entsprechenden Satzung gearbeitet. „Der Entwurf liegt vor“, sagte Jekel. Doch es wird noch ein bisschen dauern. Um den Vollzug der Satzung auch zu ermöglichen, seien umfangreiche Abstimmungen beispielsweise mit der Bauaufsicht und dem Bereich Tourismus nötig. Außerdem müssten auch die Ressourcen da sein, um die Einhaltung der Satzung auch durchzusetzen. Gegen Ende 2020 könne man damit rechnen.

Möglicherweise wird das kurzfristige vermieten von möblierten Wohnungen künftig nicht mehr so nachgefragt sein. Durch die Coronakrise haben auch viele Unternehmen gelernt, dass es nicht unbedingt nötig ist vor Ort präsent zu sein, um zusammenzuarbeiten.

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