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Aufbegehren gegen die Verdrängung alternativer Wohnprojekte: Rund 200 Anhänger der alternativen Szene demonstrierten am Samstag in Babelsberg.

© Manfred Thomas

Landeshauptstadt: Misstrauter Friede

Alternative demonstrieren gegen Räumung des Berliner „Schokoladens“ / Androhung von Gewalt

Babelsberg - Rund 200 Anhänger der alternativen Szene aus Berlin und Potsdam demonstrierten am Samstagnachmittag in Babelsberg für mehr Freiräume und den Erhalt des „Schokoladens“ in Berlin-Mitte. Der Protestzug führte vom S-Bahnhof Babelsberg bis zur Karl-Marx- Straße nahe dem Park Babelsberg, wo die Demonstrierenden vor dem Anwesen von Markus Friedrich stoppten.

Anlass der Demo war die von Hausbesitzer Friedrich für Mittwoch angekündigte Räumung des „Schokoladens“ in der Ackerstraße 169, die jedoch am Freitag, dem 17. Februar, abgesagt worden war. Das Grundstück soll an die Schweizer Stiftung „Edith Maryon“ verkauft werden, die schon seit Längerem mit den „Schokoladen“-Betreibern in Kontakt steht. Friedrich soll im Gegenzug vom Land Berlin ein Ersatzgrundstück erhalten. Von Seiten des Berliner Senats, der maßgeblich an den Verhandlungen beteiligt war, war deshalb eine Friedenspflicht bis Ende März vereinbart worden. Alle „störenden Aktivitäten“ sollten bis dahin unterlassen werden, so Ephraim Gothe (SPD), Staatssekretär für Stadtentwicklung.

Dies hinderte das Berliner Bündnis „Schokoladen verteidigen“ nicht daran, dennoch vor Markus Friedrichs Privathaus in Babelsberg zu demonstrieren. „Projekte statt Luxuslofts“ und „Gier hat einen Namen: Markus Friedrich“ stand auf Transparenten und Anhänger skandierten: „Schoki für alle, sonst gibt's Krawalle!“ Die Unterstützer des „Schokoladens“ kämpfen seit Jahren für den Erhalt des Projekts und hätten im Laufe der Zeit zu viele erfolglose Verhandlungen gesehen, sagte Bündnis-Sprecher Frank Leitermann (32) am Rande der Demonstration: „Wir trauen diesem Frieden nicht. Erst wenn die Tinte auf den Verträgen trocken ist, ist der Schokoladen für uns gerettet.“

Der „Schokoladen“ sei eines der wenigen alternativen Projekte, das Anfang der Neunziger Jahre in Berlin entstand und bis heute überlebt hat, sagt Leitermann zur Bedeutung des Treffpunktes. Eigentlich ein Thema, das – auf den ersten Blick – wenig mit Potsdam zu tun hat. Dennoch sind neben vielen Berliner Unterstützern auch zahlreiche Anhänger der linksalternativen Szene Potsdams und Fans des SV Babelsberg 03 erschienen. „Wir sind hier, weil wir unsere Solidarität bekunden wollen und weil wir in Potsdam ja das gleiche Problem haben“, sagt eine Demonstrantin und verweist auf bedrohte Wohnprojekte wie die Wagenburg auf Hermannswerder oder das besetzte Haus in der Zeppelinstrasse. Die Protestierenden schlugen gegenüber Markus Friedrich deutliche Töne an: „Wenn die Räumung doch erfolgt, rücken wir dir wieder auf die Pelle!“, machte der Demonstrations-Sprecher Martin deutlich und schreckte vor Gewaltandrohung nicht zurück: Der Besitz der Familie Friedrich könnte in einem solchen Fall „in Mitleidenschaft“ gezogen werden. „Aber das werden nicht wir tun“, so Martin, sondern aufgebrachte Unterstützer aus der linken Szene. Was dann passiere, könne „sich die Familie Friedrich gar nicht vorstellen“, so der Sprecher. Erik Wenk

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