zum Hauptinhalt
Die Kirche St. Peter und Paul in Potsdam.

© Manfred Thomas

Missbrauchsskandal in Potsdamer Kirche: Zu sehr den Täter im Blick

Der Potsdamer Stefan Lüttke wurde Opfer sexuellen Missbrauchs durch einen Kaplan und hat jahrelang geschwiegen. Als Erwachsener erlebte er den Umgang der Kirche mit seinem Schicksal als Demütigung. Kardinal Woelki bedauert den Fall. Auch der Vatikan ist eingeschaltet

Stefan Lüttke traute seinen Augen nicht, als er im April 2013 die Mitteilung des Berliner Erzbistums las. Da stand tatsächlich, dass die „staatlichen und kirchlichen Untersuchungen“ gegen seinen früheren Kaplan aus Potsdam und heutigen Pfarrer der Gemeinde Herz Jesu Stefan M. in Berlin-Tegel „ergebnislos eingestellt“ wurden. „Der Wiederaufnahme seines priesterlichen Dienstes steht nichts mehr entgegen. Damit wäre auch seine Rückkehr in die Aufgaben des Pfarrers dieser Gemeinde möglich.“

Wie bitte? Die Untersuchungen haben nichts ergeben? „Für mich als Opfer war diese Meldung wie ein zweiter Missbrauch“, sagt der in Potsdam geborene Stefan Lüttke heute. Denn im April 2013 wusste das Erzbistum schon seit drei Jahren, dass sich der Gemeindepfarrer sehr wohl schuldig gemacht hatte. Es gab sogar ein Geständnis. Warum aber verlas der Generalvikar am 28. April 2013 in der Gemeinde Herz Jesu eine Erklärung, die sich wie ein Freispruch anhörte? Noch heute findet sich die Mitteilung dazu auf der Internetseite des Erzbistums.

Stefan Lüttke, heute lebt er in Süddeutschland, war 15 Jahre alt und Firmling in der Gemeinde der katholischen Sankt-Peter-und- Paul-Kirche am Bassinplatz. An einem Sommertag 1997 traf sich die Firmgruppe bei Kaplan M., dem angehenden Pfarrer, zu Hause. Nach dem Treffen fragte ihn der Kaplan, ob er ihn nach Hause begleiten könne. In einer abgeschiedenen Allee sprach der Geistliche auf einmal davon, dass doch nichts dabei sei, wenn man sich nackt voreinander zeige. Irgendwann hatte er den 15-Jährigen so weit, dass er ihn anfassen konnte. Es sei zur gegenseitigen Masturbation gekommen, so Lüttke. Auch habe es später weitere Annäherungsversuche seitens des Kaplans gegeben – die habe er aber abgeblockt. Der Jugendliche sprach mit niemandem darüber und versuchte zu vergessen, was geschehen war. 2010 kam aber alles wieder hoch. Lüttke wurde krank. Damals war bekannt geworden, dass Priester über Jahre Schüler im Berliner Canisius-Kolleg missbraucht hatten. Lüttke rief bei der Hotline der Deutschen Bischofskonferenz an und erzählte, was er erlebt hatte. Er nannte seinen Namen nicht, bat aber darum, dass man seine Schilderung an das Berliner Erzbistum weiterleitet. Das wurde auch gemacht.

Der damalige Berliner Kardinal Georg Sterzinsky suspendierte den Priester vom Dienst, informierte die Gemeinde Herz Jesu in Tegel über den Vorwurf gegen ihren Pfarrer. Er leitete eine kirchliche Untersuchung ein und informierte auch die Staatsanwaltschaft und die Presse. Die Kirche schien alles richtig zu machen. Doch dann lief einiges schief.

Mehr dazu lesen Sie in der SAMSTAGSAUSGABE der POTSDAMER NEUESTEN NACHRICHTEN

Zur Startseite