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Update

Missbrauchsprozess in Potsdam: Angeklagter bereits in der DDR wegen Sexualdelikten verurteilt

Ein 58-jähriger Potsdamer ein Mädchen am Möbelhaus "Porta" entführt und später sexuell missbraucht haben. Am ersten Prozesstag kam die einschlägige Vergangenheit des 58-Jährigen ans Licht.

Potsdam - Mit erschreckenden Sätzen aus der Anklageschrift hat der Prozess gegen den mutmaßlichen Sexualstraftäter begonnen, der Ende Mai am Möbelhaus „Porta“ ein sechs Jahre altes Mädchen entführt und später in seiner Wohnung in Drewitz sexuell missbraucht haben soll. Am ersten Verhandlungstag am Landgericht wurde dabei die Anklage verlesen – teils öffentlich, zum Schutz der Intimsphäre des Kindes in weiten Teilen aber auch unter Ausschluss der Öffentlichkeit, also auch ohne die anwesenden Journalisten.

Der einschlägig vorbestrafte 58-jährige Willy D. ist wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern, Freiheitsberaubung und der Entziehung Minderjähriger angeklagt. Der gebürtige Neuruppiner habe nach der Entführung des vietnamesisch-stämmigen Mädchens an ihr „dem Beischlaf ähnliche sexuelle Handlungen“ vorgenommen, hieß es von der Staatsanwaltschaft bei Verlesung der Anklage – dies sei mit einem „Eindringen in den Körper“ und eben „schweren Misshandlungen“ verbunden gewesen. Dabei soll der Mann das Kind mit einem Messer bedroht haben, hieß es. Nach Verlesung dieser Punkte wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen, wegen der „schutzwürdigen Interesse“ des Kindes und der „Art der Übergriffe“, wie es Richter Jörg Tiemann in seiner Begründung ausdrückte.

Chance auf ein normales Leben geben

Für den Prozess sind sieben Verhandlungstage angesetzt, unter anderem sind Familienmitglieder, Freunde des Opfers, Polizisten, Gutachter und weitere Zeugen geladen. Wie es vor Gericht hieß, werde noch weitere Teile ohne Beteiligung der Öffentlichkeit stattfinden. Auch das Mädchen selbst werden aussagen, hieß es vor Gericht. „Ich will dafür sorgen, dass sie dabei nicht auf den Angeklagten treffen muss“, sagte die Berliner Anwältin Manuela Krahl-Röhnisch, die das Opfer als Nebenklägerin vertritt. Sie erklärte auch, warum gerade Details der Tat unter Ausschluss der Öffentlichkeit behandelt werden müssten: Um dem Kind die Chance zu geben, wieder in sein normales Leben zurückzufinden. „Stellen Sie sich vor, was es bedeuten würde, wenn die ganze Stadt genau erfahren würde, was ihm passiert ist.“

Weinend auf dem Gehweg

Der Fall hatte für Bestürzung in Potsdam gesorgt. Das Mädchen war verschwunden, als es mit seinem Vater und drei Geschwistern an einem Samstag, am 25. Mai, das Möbelhaus „Porta“ besuchte und allein mit einem Fahrstuhl nach unten gefahren war und dann in Richtung Ausgang ging, dann verlor sich ihre Spur. Die Polizei suchte danach mit dutzenden Einsatzkräften und einem Hubschrauber nach dem Kind – zunächst aber erfolglos. 22 Stunden später wurde das Mädchen dann weinend und verletzt auf einem Gehweg in der Nähe des Tatorts gefunden.

Gegen einen 58-Jährigen, der ein Kind aus einem Möbelhaus entführt und missbraucht haben soll, hat am 19. Dezember 2019 vor dem Landgericht Potsdam der Prozess begonnen.
Gegen einen 58-Jährigen, der ein Kind aus einem Möbelhaus entführt und missbraucht haben soll, hat am 19. Dezember 2019 vor dem Landgericht Potsdam der Prozess begonnen.

© Henri Kramer

Laut Staatsanwaltschaft soll sich das Kind allein aus der Wohnung des 58-Jährigen in einem Mehrfamilienhaus im Hertha-Thiele-Weg befreit haben. Anwältin Krahl-Röhnisch sagte, in dem Moment seien die Ermittler schon auf der Spur von Willy D. gewesen, seine Festnahme stand demnach offenbar ohnehin kurz bevor. Der ledige Mann war wie berichtet schlafend und betrunken vorgefunden worden. Der Angeklagte sitzt seither in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Neuruppin-Wulkow, wurde mit Handschellen ins Gericht geführt.

Bereits in der DDR verurteilt

Der 58-Jährige ist der Anklagebehörde zufolge bereits einschlägig vorbestraft und wurde in den 1980er-Jahren, also zu DDR–Zeiten, wegen Sexualdelikten verurteilt. Demnach geht es um zwei Verurteilungen wegen Kindesmissbrauchs und Vergewaltigung, einmal 1984 und 1988. D. musste deswegen für insgesamt drei Jahre ins Gefängnis. Auf PNN-Anfrage kündigte Verteidiger Thomas Arndt an, sein Mandant werde sich vor Gericht äußern: „Er wird sich bemühen zur Sachaufklärung beizutragen.“ Als nächster Verhandlungstag ist der 9. Januar geplant, ein Urteil könnte am 4. März fallen. Dem Angeklagten drohen nach Gerichtsangaben bis zu 15 Jahre Haft.

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