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Mike Schubert im PNN-Interview: „Es sind auch Fehler passiert“

Mike Schubert spricht im Interview mit PNN-Redakteur Henri Kramer über die Lage der Potsdamer SPD und seine OB-Kandidatur.

Herr Schubert, Sie sind mit knapp 55 Prozent im ersten Wahlgang zum Oberbürgermeisterkandidaten der Potsdamer SPD gewählt worden. Lässt der innerparteiliche Wettbewerb die SPD nun gespalten in den Wahlkampf gehen?

Nein im Gegenteil. Eine Auswahl ist in der Demokratie kein Makel. Wir gehen gestärkt in den Wahlkampf. Wir sind die einzige Partei, die drei Kandidaten hatte und bei der am Ende 330 Mitglieder direkt entscheiden konnten. So viele Potsdamer Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind noch nie gleichzeitig zusammengekommen.

Aber hat die Zuspitzung über Monate der SPD nicht mehr geschadet als genützt?

Ich denke nicht. Schon bei der Bundestagswahl hatten wir in der Partei mehrere Bewerbungen und am Ende haben dann alle Manja Schüle als Kandidatin unterstützt – die dann den einzigen ostdeutschen SPD-Wahlkreis gewonnen hat. Daher bin ich auch jetzt davon überzeugt, dass wir zusammenstehen.

Doch Sie haben bei der OB-Wahl am 23. September vermutlich auch den bislang negativen SPD-Bundestrend gegen sich.

Uns hat in Potsdam auch nicht immer die Sonne ins Gesicht geschienen. Als zum Beispiel Jann Jakobs 2010 zum zweiten Mal Oberbürgermeister geworden ist, war es bundes- und landespolitisch auch nicht einfach. Am Ende geht es am 23. September um Potsdam und nicht um Bund oder Land.

Alle SPD-Bewerber haben im innerparteilichen Wahlkampf viele Fragen von Mitgliedern beantwortet. Was passiert damit?

Das ist eine gute Basis für die Programme zur Oberbürgermeister- und Kommunalwahl – inhaltlich sind wir damit schon weiter als die anderen Parteien in Potsdam. Wir werden diese Ideen jetzt ordnen, gemeinsam weiter verfeinern und mit den Potsdamern besprechen und ihre Ideen mit aufnehmen. Keine Partei darf denken, sie habe die Weisheit nur für sich gepachtet.

Wie soll denn Ihr Wahlkampf in dieser Hinsicht ablaufen?

Ich will den Weg, den ich als Beigeordneter schon mit einer direkten Bürgeransprache gehe, so fortsetzen. Ich möchte Diskussionsrunden mit den Bürgern oder Foren mit bestimmten Gruppen, in denen man mit der Potsdamer SPD und mir über die Themen der Stadt diskutieren kann. Das soll dann in ein Programm münden. Die Leute sollen sehen, wofür ich stehe und an was man mich in acht Jahren wird messen können. Und wir müssen auch deutlich machen, dass in den vergangenen Jahren auch Fehler passiert sind.

Wie meinen Sie das?

Wir müssen zum Beispiel wieder in die Lage kommen, dass wir grundsätzlich allen Eltern in Potsdam wohnortnahe Kita- und Grundschulplätze anbieten können. Dafür wird es Übergangsvarianten geben. Wir brauchen aber auch dringend eine Modernisierung der Stadtverwaltung, um mehr Service für die Potsdamer anbieten zu können, beispielsweise mehr onlinebasierte Angebote. Beim Verkehr wird es auf gemeinsame Lösungen mit den Nachbargemeinden ankommen – und beim Wohnen darauf, dass wir Investoren strikter als bisher zu Sozialquoten zu verpflichten.

Und Sie wollen das Wachstum begrenzen. Wie soll das gehen?

Mir geht es um das besondere Lebensgefühl in Potsdam: Das will ich erhalten. Die hier lebenden Potsdamer sollen sich hier noch wohlfühlen können. Es gibt andere Städte in Deutschland, die stecken ihr Wachstum längst mit Bürgern gemeinsam ab, um einen langfristigen Konsens zu erreichen – etwa im Verkehr, aber auch bei anderen Themen. Wir brauchen eine Vision für Potsdam, die länger als nur eine Wahlperiode trägt.

In der Debatte vor der Kandidatenkür hat der bekannte Restaurantchef Mario Kade gesagt, Potsdam werde immer unlebenswerter – zum Beispiel sei das Bornstedter Feld „eine Fortsetzung des DDR-Plattenbauprogramms mit anderen Mitteln“. Wie wollen Sie solchen Tendenzen entgegen wirken?

Es geht vor allem um einen Ausgleich der Interessen. Nur Wohnungen zu bauen reicht jedenfalls nicht, es braucht lebenswerte Stadt- und Ortsteile mit Kitas, Schulen und Sportplätzen. Und wir können zum Beispiel nicht auf der einen Seite sagen, dass der Tourismus hier Arbeit schafft, und auf der anderen Seite immer wieder neue Konflikte mit der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten beginnen, denn genau diese Parks und Gärten sind die Basis für die touristische Attraktivität der Stadt. Hier will ich stärker vermitteln.

Sie haben auch Ihre Vision beschrieben, wonach Potsdam 2030 noch stärker eine Wissensstadt sein soll.

Wir in der Stadtverwaltung können noch deutlich mehr mit den wissenschaftlichen Einrichtungen in der Stadt kooperieren. Ein Beispiel: Wir diskutieren über gesundes Essen von Kindern – und haben das Institut für Ernährungsforschung in Rehbrücke. Von solchen Experten sollte man sich mehr beraten lassen, sie können helfen, diese Stadt moderner zu gestalten. Auch die Bundesstiftung Baukultur mit Sitz in Potsdam ist in der Diskussion um städtisches Wachstum in vielen Städten aktiv – warum nicht auch hier? Es gäbe noch viele weitere Beispiele. Da will ich stärker ran.

Sie haben nun gegen Ihren Kontrahenten und Beigeordneten-Kollegen Burkhard Exner gewonnen – wie werden Sie ab Montag mit ihm im Rathaus umgehen?

Burkhard Exner war und ist zuerst mein Kollege. Wir beide haben uns um ein Amt beworben. Das ist in der Demokratie normal. Ich weiß, dass wir uns da aufeinander verlassen können. Als Kämmerer macht ihm ohnehin kaum einer etwas vor: Dass die Stadt kein Defizit mehr hat, ist zuvorderst Ergebnis seiner Arbeit.

Als Kandidat und später vielleicht Rathauschef sind Sie auch auf die SPD-Fraktion angewiesen, deren Chef Pete Heuer erkennbar für Exner gekämpft hat ...

Pete Heuer war derjenige, den ich nach meiner Dezernentenwahl vor eineinhalb Jahren als Nachfolger an der Spitze der Fraktion vorgeschlagen habe. Daher gehe ich davon aus, dass unsere Zusammenarbeit in ruhigem Fahrwasser verläuft.

Haben Sie für Ihre Dezernentenstelle schon einen Nachfolger im Auge?

Darüber zu spekulieren verbietet sich. Ich bin längst nicht als OB gewählt. Ich werde mein Amt weiter mit voller Kraft ausüben, das ist die Voraussetzung für die Wahl im Herbst.

Die Grünen wollen einen Verhaltenskodex, wonach Rathausvertreter nicht ihren Job für unfaireren Wahlkampf nutzen können.

Ich kann diese Forderung durchaus nachvollziehen. Ich werde jedenfalls meine Aufgabe als Dezernent so weitermachen wie bisher.

Haben Sie die Kandidatenkür gefeiert?

Ich bin erst einmal eine halbe Stunde bei uns im Wald in Golm laufen gegangen. Den Rest des Abends habe ich mit meiner Familie und engen Freunde verbracht.

Die Fragen stellte Henri Kramer

Mike Schubert (44) ist seit Sommer 2016 Sozialdezernent. Er ist in Potsdam aufgewachsen, studierte Volkswirtschaftslehre und Politikwissenschaft. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.

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