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Messe in Potsdam: Ostprodukte deutschlandweit

Die Messe Ostpro in der Metropolis-Halle zeigt, dass es noch immer alte Lieblinge gibt. Aber auch, dass die meisten Grenzen schon gefallen sind

Das Gejammer, dass man die geliebten Ost-Produkte nicht mehr bekommt und die Geschäfte nur noch mit westlichen Angeboten überschwemmt werden, hat längst aufgehört. Und es stimmt auch nicht mehr. „Wir beliefern Supermärkte in ganz Deutschland“, sagt etwa Bodo Rössel, der am Wochenende den Komet-Stand auf der inzwischen fünften Produktmesse für Ostprodukte Ostpro in der Metropolis-Halle betreute. Das Kundeninteresse ist groß, nicht nur am Messestand. Denn auch wenn Komet einer der Hersteller von Pudding- und Eispulver sowie Backmischungen ist, der immer noch die ganz speziellen Geschmacksnerven der Ossis kitzelt – die Firma beliefert ganz Deutschland. „Unsere Rote Grütze auf Grießbasis geht allerdings nur in die neuen Bundesländer“, gesteht Rössel. Kaufland habe mit 45 Artikeln das breiteste Komet-Angebot. Ansonsten aber liefert die Firma, die schon mehrere Gütesiegel erobern konnte und bei Stiftung Warentest ein „sehr gut“ bekam, in alle Himmelsrichtungen.

Potsdam hat mit seinen Ostprodukte-Messen sehr spät angefangen. Weil ein geeigneter Messe-Platz fehlte, wurde die erste erst 2008 veranstaltet, nachdem am 10. Oktober die Metropolis-Halle am Rande des Filmparks Babelsberg eröffnet worden war. „Wir waren die ersten Messeveranstalter, die die Metropolis-Halle eingeweiht haben“, sagt Ramona Oteiza vom Veranstalter Scot-Messen & Marketing GmbH Berlin. In der Bundeshauptstadt hat sie schon 1991 mit den Ostpro-Messen angefangen. „Doch in Potsdam, wo sollten wir hin?“, sagt sie. Zelte aufzustellen sei ihr und den Ausstellern zu riskant gewesen. Die Halle sei schön, doch auch die Ostpro leidet unter dem Standort am Rande der Stadt. 12 000 Besucher, wie sie von der ersten Messe und der Neugier auf die neue Halle angelockt worden waren, haben die Folgemessen nie wieder erreicht. Oteiza spricht jetzt von 5000 bis 7000 Besuchern pro Messe. Im vorigen Jahr sei sie wegen Terminschwierigkeiten ausgefallen, das habe es 2013 schwer gemacht, die Anbieter wieder nach Potsdam zu holen. Oteiza spricht von 60 Anbietern, doch Lücken sind unübersehbar.

Das findet auch eine Potsdamerin, die eigentlich bloß mal zum Gucken gekommen ist. Obwohl sie schon zu den Senioren gehört, hat sie Schwierigkeiten, ohne Zögern Ost-Produkte zu nennen, auf die sie noch immer einen Heißhunger hat. Schließlich fällt ihr Nudossi ein.

Auch Bernhard Viehweg aus Großbardau bei Grimma kann nicht mit Ost-West-Unterschieden dienen. Er habe gerade ein Internetportal eingerichtet und seitdem sei sein Absatz um 33 Prozent gestiegen, sagte er. Er verkaufe Wurst von Lübeck bis zum Bodensee. Seine Gewürzmischung sei sein Geheimnis, jene mit Walnusseinsprengseln eine Besonderheit. Unterschiede mache er da eher zwischen den Geschlechtern. Für die Frauen bietet er eine etwas zarterer Mischung an, für die Männer eine mit mehr Pfeffer, die „auf der Zunge knallt“.

Ost-Flair bringt hingegen noch der polnische Aussteller mit, der Haushaltsgegenstände vom Kochlöffel bis zum Brettchen aus Holz anbietet, die ihresgleichen in den Geschäften suchen. Auch Creativ Sachsenpolster setzt noch auf altgewohnten Geschmack bei seiner Schlafcouch, die es der Potsdamerin Simone X. angetan hat. Sie suche genau so eine für ihre Tochter, denn sie habe damit die besten Erfahrungen gemacht, gesteht sie. Interessant ist, dass Sachsenpolster inzwischen nach Berlin umgezogen ist. Es ist vieles eben nicht mehr das, wonach es sich anhört. Bleiben noch die Sandmännchen und der Kleine Maulwurf als Figuren oder Buchgeschichten, die Ostrockbands, die sich aber auch schon zwischen Udo Lindenberg und Udo Jürgens verstecken, oder eben die ganz speziellen regionalen Produkte wie Kräuterschnäpse oder Spreewaldgurken. Die Tassen und T-Shirts mit DDR-Aufdrucken dürften schon längst nicht mehr der Renner sein.

Gut gebucht sei dagegen noch die Ost-Modenschau, sagt Jutta Gorgiev. Bei ihr kann man „schicke“ Mode in Edel-Kunstfaser, Pullover mit Lurex-Metall-Fäden oder FDJ-Kleidung und Uniformen bewundern. Da kann man nur hoffen, dass das alles witzig genug garniert ist, um nicht in falsche Nostalgie umzuschlagen. Die in Kunstfaser gewandete Mitarbeiterin erklärt jedenfalls lachend, dass sie nicht so, sondern in ganz normalen „Westklamotten“ angereist sei.

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