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Landeshauptstadt: Meister der Brötchen

Selbst ein Japaner ging bei Bäcker Werner Gniosdorz, der heute 50 wird, in Lehre

Manchmal zwingen die äußeren Umstände zu Umwegen. Bei Werner Gniosdorz kam es dann aber doch so, wie es eigentlich von Anfang an hatte sein sollen. Er wurde Chef von Potsdams größter Handwerksbäckerei und trat die Nachfolge seines Vaters an. Heute kann er seinen 50. Geburtstag feiern, hat 22 Leute angestellt und seine Ware geht im wahrsten Sinne des Wortes weg wie warme Semmeln.

1989 machte Werner Gniosdorz seinen Meister und übernahm das Gewerbe von Vater Josef. Der wiederum war aus Schlesien nach Potsdam gekommen und hatte eine Tochter von Bäckermeister Braune, Namensgeber des Geschäftes in der Friedrich-Ebert-Straße, geheiratet. Auch heute ist die Bäckerei ein Familienbetrieb geblieben, denn Frau Heidelore kümmert sich um die Büroarbeit. Die beiden Gniosdorz- Töchter haben dagegen einen anderen Beruf erwählt und der ganz in seinem Metier aufgehende Vater versteht das. „Für Frauen“, sagt er, „ist der Beruf des Bäckers zu schwer.“ Deshalb hat er auch nie weibliche Bäckerlehrlinge ausgebildet. Konditorinnen schon. Jedes Jahr nimmt er einen Azubi auf. Der japanische Bäcker und Konditor, der unbedingt einen deutschen Gesellenbrief erwerben wollte, war allerdings eine Ausnahme. Er wollte wegen der vielenTouristen aus Europa lernen, wie man deutsches Brot bäckt. Die Handwerkskammer verwies ihn an Bäckermeister Gniosdorz. Und dort bekam er mit deutscher Gründlichkeit eine Rundumausbildung.

Ehe er selbst ausbilden durfte, musste der junge Werner Gniosdorz allerdings erst einmal ganz andere Hürden nehmen. Er hatte es zwar schließlich geschafft, auf die Helmholtz-Oberschule zu kommen. Doch nach der 10. Klasse wurde er vor die Tür gesetzt. Man verweigerte ihm das Abitur, weil er „keinen festen politischen Klassenstandpunkt“ hatte. Deshalb begann er 1972 in der Stadtbäckerei eine Konditorenlehre, während Partei und Regierung gerade heftig daran arbeiteten, auch die Bäckerei Braune zu verstaatlichen. Die hatte mit 14 Leuten zu viel Beschäftigte und galt deshalb offiziell nicht mehr als Handwerksbetrieb. Nach seinem Armeedienst durfte er dann doch noch von 1976 bis 1979 studieren und erwarb einen Ingenieursgrad für die Technologie der Backwarenherstellung. Er nahm eine Stelle im Backwarenkombinat an. Erst die freundlichere Handhabung des Gesetzes zur Förderung des Handwerks brachte auch Josef Gniosdorz wieder Auftrieb. Bei der Versorgung mit modernen Maschinen wurde er jedoch immer wieder benachteiligt. Das heißt, er bekam keine. Erst 1990 konnte endlich ein neuer elektrischer Backofen gekauft werden.

Nach der Wende hießen die Schwierigkeiten dann Währungsreform und wachsende Konkurrenz. Kunden blieben weg, weil sie die neue Westware ausprobieren wollten. Einkaufscenter lockten und Backshops etablierten sich an allen Ecken der Stadt. Doch inzwischen lieben die Kunden ihre Bäckerei Braune längst wieder und die Faschingspfannkuchen konnten gar nicht so schnell gebacken werden, wie sie weggingen. An das Frühaufstehen hat sich Werner Gniosdorz längst gewöhnt, dabei tritt der Chef seinen Dienst erst gegen halb 6 Uhr an, bleibt dann aber meist bis Ladenschluss. Die Gesellen beginnen schon um 2 Uhr nachts ihr Tagewerk, arbeiten aber in Schichten, denn alles kommt frisch auf den Ladentisch.

Freizeit wird bei Familie Gniosdorz nicht gerade groß geschrieben, aber „man muss sie sich manchmal auch nehmen“, meint der Jubilar. Er ist immer noch aktiv bei den Rettungsschwimmern, arbeitet im Gemeindekirchenrat und im Meisterprüfungsausschuss mit. dif

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