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Joachim Schmidt ist Nachfahr des Hofgärtners Carl Handtmann, der in der Meierei am Kuhtor lebte.

© Andreas Klaer

Meierei am Kuhtor von Sanssouci wird saniert: Hofgärtner Handtmanns altes Zuhause

Vier Millionen Euro stehen für die Sanierung der Meierei am Kuhtor bereit. Baubeginn ist Mitte Juni. Für Joachim Schmidt ein besonderer Grund zur Freude: Einst wohnte dort sein Ur-Ur-Ur-Opa.

Von Carsten Holm

Potsdam - Das Wohnzimmer des Zuhauses von Joachim Schmidt am Brauhausberg birgt einige Besonderheiten. Ein alter, mit Holz zu befeuernder Kachelofen steht da und ein Flügel, mit dem der 88 Jahre alte Potsdamer seine Besucher gelegentlich mit einem Impromptu von Schubert erfreut. Geradezu begeistert aber deutet er auf ein Pastellgemälde, das über der Couch hängt. Es zeigt die alte Meierei am Kuhtor von Sanssouci, ein schönes Bild des Potsdamer Landschaftsmalers Alfred Schmidt in sanften Tönen – ein Geschenk seiner Tochter.

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Die Meierei, einen Steinwurf von den Römischen Bädern entfernt, spielt eine bedeutende Rolle im Leben des promovierten Chemikers: Sie war Wohnsitz eines seiner Vorfahren, des Hofgärtners Carl Christian Handtmann. „Und ich bin der Ur-Ur-Ur-Enkel dieses Hofgärtners. Wohl auch deshalb hat mich der fortschreitende Verfall über viele Jahre besorgt und bedrückt“, sagt Schmidt.

Ab Mitte Juni wird die Meierei saniert

Nun aber gibt es Licht am Horizont. Ab Mitte des Monats soll mit den Sanierungsarbeiten bei der Meierei am Kuhtor begonnen werden, wie die Pressestelle der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) mitteilte. Seit Montag gibt es am Ende der Lennéstraße Einschränkungen für Autos und Fahrräder. Die veranschlagten Gesamtkosten von vier Millionen Euro werden aus einem 400-Millionen-Sondertopf des Bundes und der Länder Berlin und Brandenburg zur Rettung der preußischen Schlösser und Gärten finanziert.

Die Meierei ist seit Jahren sanierungsbedürftig, dem Gebäude drohte das Wegsacken - wegen des Wassers.
Die Meierei ist seit Jahren sanierungsbedürftig, dem Gebäude drohte das Wegsacken - wegen des Wassers.

© Andreas Klaer

Schmidt kam 1952 zum Studium nach Potsdam, an die damalige Pädagogische Hochschule – und verliebte sich in die Stadt. „Ich schaue oft auf das Bild und stelle mir immer vor, wie meine Vorfahren dort hinein und hinaus gegangen sind“, sagte der ungemein rüstige Senior den PNN. Er lebt mit seiner ein Jahr jüngeren Frau Evelyne in der Straße Am Havelblick, er fährt noch Rad und Auto.

Schmidts Familie ist eng verbunden mit der Meierei

Schmidt lässt ein wenig von dem Stolz durchschimmern, den er hat, weil sich die Geschichte seiner Familie bis zu Ursprüngen um 1400 im Schwarzwald zurückverfolgen lässt und bald 200 Jahre allein in Potsdam, eng verbunden mit der Meierei. Die wurde 1788 im Auftrag von König Friedrich Wilhelm II. errichtet und vom Schinkel-Schüler Ludwig Persius 1834 im Stil eines italienischen Landhauses umgebaut, es war das Erstlingswerk des gebürtigen Potsdamers und großen Architekten. Heute gehört es zur Unesco-Welterbestätte „Schlösser und Parks von Potsdam und Berlin“ und ist Teil des Parks am Schloss Charlottenhof – damals war es der Wohnsitz der Hofgärtner. Zu ihnen gehörte auch Handtmann, ein direkter Untergebener des Gartenkünstlers Peter Josef Lenné. Im Sprachgebrauch der Bevölkerung etablierte sich für die Meierei denn auch der Name „Handtmannsches Gärtnerhaus“. Schmidts Vorfahre starb 1852, er wurde in Bornstedt beigesetzt.

Klingelschilder zeugen davon, dass das Gebäude bis in die 1990er Jahre noch bewohnt war.
Klingelschilder zeugen davon, dass das Gebäude bis in die 1990er Jahre noch bewohnt war.

© Andreas Klaer

Das Bewusstsein, einer Elite anzugehören, scheint innerhalb der Hofgärtner-Familien weitergegeben zu werden. Als 2004 während der Ausstellung „Preußisch Grün“ im Schloss Glienicke auch Handtmanns gedacht wurde, kamen rund 100 Nachfahren von preußischen Hofgärtnern aus aller Welt zusammen.

Der Turm steht im Wasser, es droht ein Wegsacken

Immer wieder machte Schmidt der Stiftung Vorschläge, wie die Meierei nach einer Sanierung genutzt werden könnte. Als Ort der Kunst für die Kreativen des Rechenzentrums vielleicht, die dort billig wohnen und dafür bei der Sanierung mithelfen könnten? Bis in die 1990er-Jahre waren Wohnungen in der Meierei vermietet, fünf zum Teil verblichene Klingelschilder zeugen noch heute davon. Danach wurde auch nicht mehr geheizt.

Die baulichen Mängel waren bekannt: Wie in Venedig bei vielen Gebäuden stand der Turm im Wasser, allmählich gab der Boden nach. Ulrike Wagner, die frühere Bereichsarchitektin, sprach von der „Gefahr des Wegsackens“. Allein: Es fehlte das Geld für eine Restaurierung. Neues Leben erwuchs 2014. Die Abteilung Baudenkmalpflege und das Projektteam der Garten-Ausstellung „Paradiesapfel“ eröffneten 2014 das Open-Air-Café Eden auf der Rückseite der Meierei. Es war zunächst nur für eine Saison geplant, hielt sich aber unter der Regie Justus von der Werths, der auch das Café im Mühlenhaus an der Historischen Mühle in Sanssouci betreibt, sieben Jahre. Es galt als eines der am schönsten gelegenen Cafés der Stadt.

Das Café Eden im Jahr 2017.
Das Café Eden im Jahr 2017.

© Andreas Klaer

Gärtner-Nachfahr Schmidt wollte es kaum glauben, als 2019 bekannt wurde, dass die Meierei nun tatsächlich grundsaniert werden würde. Denn er wusste, dass die Stiftung schon 2011 europaweit ergebnislos nach einem Investor gesucht hatte.

Fünf Wohnungen und eine Gastronomie sind geplant

Ihre Ziele für die Meierei hat die Schlösserstiftung inzwischen klar formuliert: Nach der Sanierung sollen fünf Wohnungen und eine Gastronomie für die Sommermonate eingerichtet werden. Die Baumaßnahmen sollen, so der Plan, Ende 2023 abgeschlossen sein. Justus von der Werth kündigte den PNN an, dass er sich „bewerben will, wenn die Gastronomie ausgeschrieben wird“. Bis dahin ist viel zu erledigen. Die Fassaden und Dächer müssen saniert werden, dazu alle Innenräume und die technische Ausrüstung für die Wohnräume und die Gastronomie.

SPSG-Generaldirektor Christoph Martin Vogtherr bezeichnete die Meierei und die benachbarten Römischen Bäder gegenüber den PNN als „einmaliges Ensemble, aber zugleich auch herausfordernde Sanierungsfälle“. Beide seien „bedeutende architektonische Neuschöpfungen nach dem Vorbild italienischer Landhäuser des 16. Jahrhunderts“. Voraussichtlich 2023 könne die Stiftung mit der Sanierung der Römischen Bäder beginnen.

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