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So könnte die Lindenstraße einmal aussehen.

© Foto; Stadt Potsdam

Mehr Platz für Fußgänger und Radfahrer: Wie Potsdams Innenstadt autofreier werden soll

Mehr als 500 Parkplätze sollen in den kommenden Jahren wegfallen. Die Experten im Gestaltungsrat zeigten sich von den Plänen der Potsdams Verkehrsverwaltung begeistert. 

Potsdam - Die Pläne für eine deutlich autofreiere Innenstadt zwischen Brandenburger Tor und Bassinplatz werden immer konkreter. Am Freitagabend stellten Rathausvertreter neue Details des Vorhabens dem Potsdamer Gestaltungsrat vor. So sollen in den nächsten Jahren nach und nach neue Fußgängerzonen entstehen, aber auch mehr als 500 von jetzt 1330 Parkplätzen in der Innenstadt verschwinden, Autostellflächen für Besucher werden massiv gestrichen.

So wird die Mittelstraße zwischen Benkert- und Friedrich-Ebert-Straße innerhalb der kommenden beiden Jahre für Autos gesperrt. „Hier sieht man sehr genau, was stört: Die PKWs, die auf beiden Seiten parken und keine Aufenthaltsqualität aufkommen lassen“, sagte die städtische Verkehrsanlagen-Fachbereichsleiterin Martina Woiwode. Dort sei relativ schnell eine Fußgängerzone möglich.

In der Linden- und der Dortustraße soll jeweils eine Seite, an der derzeit Autos quer zum Gehweg parken, für Restaurants und andere Nutzungen zur Verfügung stehen. Autos müssen fortan hintereinander stehen. In der Gutenbergstraße wird wiederum am Bassinplatz die Seite zum Holländischen Viertel autofrei und mit einem Radschutzstreifen ausgestattet.

Mittelfristig bis 2025 soll laut der Präsentation der Bauverwaltung unter anderem die Brandenburger Straße vor der St. Peter und Paul-Kirche zur Fußgängerzone werden – ebenso wie teilweise dann die Dortu- und nach 2025 auch die Lindenstraße. Weitgehend autofrei ist ferner der Platz vor dem Jägertor geplant. „Der Platz wird mit Leben erfüllt“, sagte Woidwode. 

Ebenso fast ohne Autos soll die Gutenbergstraße im Parallelbereich zur Einkaufsmeile Brandenburger Straße funktionieren – mit deutlich weniger Parkplätzen und mehr Platz für Fußgänger, Gewerbe und Gastronomie. Für alle Straßen sind unter anderem Pflanzkübel und Hochbeete sowie doppelt so viele Fahrradständer und Bänke geplant. Auch Spielelemente sind vorgesehen. 

Dabei soll aber der Lieferverkehr zum Beispiel für Innenstadthändler abgesichert werden, hieß es in der Präsentation. Besucherparkplätze werde es in der Kerninnenstadt nur noch am Bassinplatz und in der Kleinen Hegelallee geben. Es gebe noch genug Plätze in den Parkhäusern rund um die Innenstadt, sagte Verkehrsverwalterin Woiwode. 

Allerdings bleiben mehr als 550 Anwohnerparkplätze erhalten. Dazu kommen noch drei weitere Fahrradverleihstationen. Noch kein Datum war in der Präsentation für die Umgestaltung der Charlottenstraße angegeben, in der an den Seiten alle Parkplätze zugunsten von Radstreifen wegfallen sollen. Geprüft werde noch, ob es extra Abstellzonen für E-Roller oder Carsharing-Fahrzeuge geben könnte.

Auch für mehr Barrierefreiheit für Behinderte, für die es auch noch Stellplätze geben soll, will die Stadt sorgen. So seien mittelfristig abgesenkte Bordsteine und trotz des Denkmalschutzes abgeschliffene Pflasterstraßen geplant, erklärte Baudezernent Bernd Rubelt (parteilos). Letzteres diene den Radfahrern, die etwas leichter vorankommen könnten. Zusätzlich versiegeln wolle man die Straßen nicht – das teils ältere Pflaster dort sei viel besser für die Versickerung geeignet, falls Starkregen fällt. 


So eine autofreiere Innenstadt hat sich bereits die rot-grün-rote Rathauskooperation bei ihrem Start 2019 vorgenommen. Doch lange passierte nichts – bis auf die Sperrung eines Autoschleichwegs in der Gutenbergstraße. Zuletzt hatte man bei zwei Bürgerwerkstätten das Thema aber deutlich konkretisiert. Zu den Plänen gehört auch der in den nächsten Jahren geplante Ausbau der Friedrich-Ebert-Straße zu einem deutlich fußgängerfreundlicheren Boulevard. 

Im Gestaltungsrat sorgten die Pläne jedenfalls für Lob. Der Architekt Dieter Eckert sagte, er sei begeistert, dass nun Stadträume an Fußgänger zurückgegeben und von parkenden Autos befreit würden. Bei der Gestaltung empfahl er, den frei gewordenen Platz nicht gleich durch Stadtmöbel zu ersetzen: „Weniger ist mehr.“ Die Städtebauprofessorin Angela Mensing-de Jong sagte, man könne hier gerade die jüngeren Potsdamer experimentieren lassen, wie sie die Straßen nutzen wollen. Rubelt sagte, es gehe auch um die Nutzung vieler bisher „toter Stadträume“, die nun kommerziell oder auch konsumfrei genutzt werden könnten. 

HINTERGRUND: Der Potsdamer Gestaltungsrat

Der Potsdamer Gestaltungsrat berät die Stadtverwaltung sowie die Kommunalpolitik schon seit mehr als zehn Jahren in Architekturfragen. Die Fachleute aus den Gebieten Architektur, Städtebau und Landschaftsplanung sollen konkrete Bauprojekte begutachten – und Empfehlungen für die weiteren Planungen abgeben. Ziele sind dabei hohe architektonische Standards, die Projekte sollen sich möglichst gut in das Potsdamer Stadtbild einfügen. Die Sitzungen finden teils öffentlich, teils hinter verschlossenen Türen statt. Die Vorsitzende ist Sophie Wolfrum - frühere Professorin für Städtebau und Regionalplanung, Trägerin des Deutschen Städtebaupreises sowie auch für andere Kommunen in solchen Gremien aktiv. Am Freitagabend war sie kurzfristig krankheitsbedingt verhindert.

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