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Landeshauptstadt: Mehr Licht!

Das Lichthaus Ammon ist ein Potsdamer Traditionsgeschäft. 1898 wurden hier zunächst Gasleuchten verkauft

Dieser Laden ist etwas für trübe Tage. Wenn die Sonne sich zurückhält, kommen die Leuchten und Lampen im Lichthaus Ammon erst recht und viel besser zur Geltung. Seit mehr als 100 Jahren gibt es den Familienbetrieb an der Ecke Jägerstraße/Hegelallee im Hochparterre, er hat Kriege und Diktaturen überlebt. Und ist an einer technischen Neuerung gewachsen: Als Alfred Ammon 1898 das Geschäft eröffnete, waren Gaslampen das Leuchtmittel der Wahl. Unter der Deckenverkleidung, sagt Inhaberin Andrea Buttenberg, sind noch die alten Gashaken zu sehen, an denen die Lampen damals hingen. Da war die Glühlampe allerdings schon erfunden, elektrische Beleuchtung wurde immer handhabbarer und Alfred Ammon stellte um auf Elektrizität. „Das war schon sehr mutig“, sagt Andrea Buttenberg. Doch es machte sich bezahlt, das Lichthaus Ammon war eines der ersten Geschäfte der Region, in dem die modernen Leuchtmittel zu haben waren.

Heute sind vermehrt LED-Leuchtdioden angesagt: „Damit lässt sich ja so viel machen“, schwärmt Andrea Buttenberg. Die 46-jährige Potsdamerin übernahm gemeinsam mit ihrem Bruder Falko Folz vor 14 Jahren die Firma; Falko Folz Senior hatte 1971 das Lichthaus von Familie Ammon, der es an einem Erben mangelte, übernommen. „Ich wollte nie hier arbeiten“, sagt Andrea Buttenberg und lacht. Dabei sei sie durchaus technisch begabt. „Natürlich kann ich einen Stromkreis erklären“, sagt sie. Sie habe ja schon als Kind im Laden gespielt. Mit ihr sind es drei Frauen, die im Laden bedienen, Kunden beraten, Ausstellungsstücke zusammenbasteln und vorführen.

Es sind Service und Beratung, die – neben der exklusiven Auswahl – das Lichthaus Ammon ausmachen. Man könne heutzutage auch in jedem Baumarkt und Einrichtungshaus Lampen kaufen, aber woher soll man wissen, wie die Lampe zu Hause aussieht, an dem Ort, wo sie einmal stehen oder hängen soll? Es geht meist nicht nur um einen Lampenkauf. Es geht um Licht: Wo soll es hin, was soll es bewirken? Wie hell soll es sein, welche Stimmung vermitteln? Wer sich auf eine Beratung einlässt, sei anschließend oft überrascht, was es dabei alles zu beachten gibt. „Licht wird als Gestaltungselement häufig unterschätzt“, sagt die Licht-Expertin.

Längst sind es nicht nur Privathaushalte, für die hier eingekauft wird. Für Arztpraxen und Kanzleien werden Lichtkonzepte entwickelt, dafür macht Andrea Buttenberg auch Hausbesuche, schaut sich in den Räumen um und entwickelt gemeinsam mit dem Kunden Ideen. Wer dann noch unsicher ist, darf die Lampe mitnehmen und an Ort und Stelle testen.

Auf der vergleichsweise kleinen Verkaufsfläche findet sich die ganze Bandbreite, was derzeit an Leuchtmitteln auf dem Markt ist. Neben gängigen Lösungen auch ausgefallenes Design und Kreationen, die man durchaus zum Genre Kunst zählen darf, beispielsweise Werke von Ingo Maurer, international renommierter Industriedesigner mit einem Faible für Licht. Sein Konstrukt „Seven Rats“ aus feinmaschigem Draht, hinter dem sieben kleine Kunststoffratten sitzen, angestrahlt von einer Glühlampe, kostet derzeit knapp über 3000 Euro. „Das ist bestimmt eines Tages viel mehr wert“, vermutet Andrea Buttenberg.

Aber es geht auch ganz klassisch. In der Lüster- und Leuchterabteilung hängt eine Schönheit neben der anderen, oft als Kombinationen der klassischen Form mit modernen, auch witzigen Ideen aus tschechischem Kristall und venezianischem Glas, aus Textil und anderen Naturstoffen. Überhaupt gibt es wohl keine geometrische Form, keine Materialkombi, die es nicht gibt. Kugeln und Kegel, Quader, Pendel, offene Schalen und Schirme, Strahler und Lichtschläuche. Manchmal ist die Lichtquelle kaum zu entdecken, so geschickt sind LEDs in das Trägerobjekt montiert. Ein kleiner Keramikwürfel lässt sich wie ein Kästchen öffnen, die Lichtquelle im Inneren wird vom Deckel reflektiert und im gewünschten Neigungswinkel hinaus getragen. Dann wieder werden die Glühlampen selbst zum Kunstobjekt, wirken aufgrund ihres Design, ihrer Anordnung.

Dazwischen findet sich zeitloses Bauhausdesign, formschöne Tischleuchten oder Funktionales für Arbeitsräume, Bad und Küche. Was nicht da ist, wird bestellt. Dabei seien es bei weitem nicht nur betuchte Potsdamer, die hier einkaufen, wie es die Preise – kaum etwas ist zweistellig – vermuten lassen. Es gebe junge Leute, Studenten, die lange auf eine Lampe sparen, weil sie etwas haben wollen, was lange gefällt und lange hält, sagt die Inhaberin. Und gehe mal etwas kaputt, könne man problemlos Ersatzteile nachkaufen.

„Auf Wunsch montieren wir alles zu Hause“, erklärt Andrea Buttenberg. Gerade hat eine Dame angerufen, um die Maße ihres künftigen Lüsters zu erfragen. Buttenberg hält den Zollstock an den Baldachin und empfiehlt bei dem Gewicht von etwa sieben Kilogramm einen Schneckendübel. Die Stehlampe mit einem Federkleid, hunderte flaumige Federn auf einem Zylinder, ist leichter, ebenso die raumeinnehmende Faltleuchte aus recyceltem Papier und Plastik. Ganz edel wirken die Kreationen aus Tel Aviv, gefaltete echte Seide um große Hohlkörper drapiert. Das Angebot von heute ist kein Vergleich zur Mangelwirtschaft der DDR. „Wir sind durch die ganze Republik gefahren, kamen mit drei Leuchten wieder, und die Leute standen draußen Schlange“, erinnert sich Andrea Buttenberg.

Jägerstraße 42, Tel.: (0331) 270 53 44

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