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Etwa 200 Teilnehmer an Land und zu Wasser waren bei der Demo dabei.

© Sebastian Gabsch

Mehr Hilfe für Flüchtlinge: Potsdamer Protest an Land und auf dem Wasser

Demonstranten stachen in See, um ihrer Forderung nach der Aufnahmeund sicherer Unterbringung von Geflüchteten Gehör zu verschaffen.

Potsdam - Am Sonntagnachmittag haben etwa 200 Menschen an der Langen Brücke gegen Rassismus und für Solidarität mit Flüchtlingen demonstriert. 50 der Demonstranten waren in Booten gekommen und paddelten auf der Havel. Aktivisten an Land und auf dem Wasser hielten Redebeiträge. Mehrere Redner forderten die Abschaffung von Sammelunterkünften zugunsten einer „dezentralen Unterbringung“ von Flüchtlingen in Wohnungen. Im Aufruf hieß es, das Land Brandenburg solle „ein umfassendes, humanitäres Aufnahmeprogramm für schutzbedürftige Menschen auf der Flucht auflegen und umsetzen.”

„Solidarität ist in der Krise besonders wichtig“, sagte Redner Mohamed Salah Ahmed, der selbst vor einigen Jahren als Geflüchteter nach Deutschland gekommen ist. Er forderte, die Lager an den Außengrenzen der Europäischen Union sofort zu evakuieren. Die Menschen müssten dort unter schrecklichen Hygienebedingungen leben und seien vor Infektionen mit dem Coronavirus nicht geschützt. Sie müssten schnellstmöglich aus dieser Situation gerettet und in EU-Ländern untergebracht werden. „Brandenburg muss voran gehen“, rief er. Geflüchtete würden es sich nicht leichtfertig aussuchen, ihre Heimat zu verlassen. Die Fluchtursachen seien Krieg und Not.

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Boot Demonstration "Volle Solidarität voraus - Von der Havel bis zum Mittelmeer" in Potsdam.
Boot Demonstration "Volle Solidarität voraus - Von der Havel bis zum Mittelmeer" in Potsdam.

© Sebastian Gabsch

Solidarität mit „Black Lives Matter“

Einige der Teilnehmer solidarisierten sich auf Schildern und Transparenten mit der Bewegung „Black Lives Matter“ in den Vereinigten Staaten. Redner Mohamed Salah Ahmed sagte: „Der Tod von George Floyd beschäftigt mich stark.“ Rassismus gebe es aber nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland und in Potsdam. „Warum entscheidet meine Hautfarbe darüber, ob ich zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen werde oder eine Wohnung bekomme?“

Aufgerufen zu der Veranstaltung hatten unter anderem die Jugendverbände einiger Brandenburger Regierungsparteien: die Jusos der SPD sowie die Grüne Jugend. Auch die Linksjugend 'solid hatte aufgerufen, außerdem die Flüchtlingsinitiative „Refugees Emancipation“, die Anti-Rassismus-Initiative „Potsdam Konvoi“ und weitere Initiativen.

Auf den Tag genau ein Jahr zuvor war das kommunale Bündnis „Städte Sichere Häfen“ gegründet worden. Anlass war damals ein Kongress der Initiative Seebrücke, die sich für die Seenotrettung im Mittelmeer einsetzt. Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) treibt die Vernetzung seit Monaten voran. Die Demonstranten wandten sich nun an Brandenburgs Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD), der noch bis Ende Oktober 2020 Präsident des Bundesrates ist. Er solle die Präsidentschaft zur Unterstützung der Ziele des Bündnisses nutzen, so ihre Forderung.

Boot Demonstration in Potsdam.
Boot Demonstration in Potsdam.

© Sebastian Gabsch

Kurzer Streit mit der AfD

Zu Beginn gab es etwas Trubel am Rande. Der AfD-Politiker Chaled-Uwe Said hatte sich allein direkt neben die Veranstaltung gesetzt. Als ihn einige Demonstranten erkannten, riefen sie „Nazis raus!” und stellten sich mit einem Transparent vor ihm auf. Doch die Polizei entschied, dass der Politiker bleiben dürfe, solange er die Veranstaltung nicht störe. Auf PNN-Anfrage sagte Said, „als Demokrat” wolle er sich vor Ort ein Bild machen. Mit Besorgnis nehme er die Teilnahme von „Linksextremisten” zur Kenntnis, deren Ziele im Widerspruch zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung ständen, sagte Said. Momentan prüft der Brandenburger Verfassungsschutz, ob der AfD-Landesverband als Beobachtungsfall eingestuft werden muss.

Der Demo-Anmelder Tom Berthold forderte die Demonstranten über Lautsprecher dazu auf, den rechten Politiker nicht zu bedrängen, sondern zu ignorieren. „Seine Anwesenheit ist eine bewusste Provokation“, sagte Berthold den PNN, Said wolle polarisieren. Die Politik der AfD stünde für das Gegenteil der antirassistischen Forderungen der Veranstaltung. Gegen Ende der Kundgebung kündigte die Initiative „Potsdam Konvoi“ an, von Montag bis Freitag ein Protestcamp auf dem Platz der Einheit einrichten zu wollen.

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