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In Potsdam bräuchte es für eine optimale Betreuung etwa 850 zusätzliche Erzieher.

© Arno Burgi/dpa

Mehr Geld für Kitas: Potsdamer Eltern pochen auf mehr Geld

Potsdamer Kitas sollen künftig mehr Geld erhalten, 35 Erzieher könnten neu eingestellt werden. Doch die Kita-Träger spüren den Fachkräftemangel.

Potsdam - Eine Million Euro mehr pro Jahr für die Kitabetreuung ab 2018: Auf diesen sich abzeichnenden Kompromiss in der Stadtpolitik reagiert die Elterninitiative gegen den schlechten Personalschlüssel an Potsdamer Kitas mit Genugtuung. „Das wäre ein erster Achtungserfolg, entspricht allerdings auch nur unserer Minimalforderung“, erklärte Initiativensprecherin Wiebke Kahl am Montag auf PNN-Anfrage. Wichtig sei, dass sich die Stadt auch nach dem Kompromiss dafür einsetze, dass sich das Land an der Finanzierung der unterbesetzten Kitas in Potsdam beteiligt. Zu diesem Thema wird auf Anregung der Linken eine Mehrheit der Stadtpolitik voraussichtlich ein Rechtsgutachten beauftragen. Selbst eine Klage gegen das Land steht inzwischen im Raum.

Die von Kahl gestartete Kita-Initiative hat sich am Montag auch an jene knapp 8000 Mütter und Väter aus Potsdam gewandt, die im vergangenen Jahr innerhalb weniger Wochen eine Online-Petition für bessere Kitabetreuung unterschrieben hatten. In dem Rundschreiben hieß es unter Berufung auf aktuelle Zahlen des Potsdamer Jugenddezernats, eine Erzieherin müsse sich beispielsweise im Kindergartenbereich in der Praxis durchschnittlich um fast 18 Kinder kümmern. „In der Krippe kommen auf einen Erzieher fast acht Kleinstkinder, die versorgt und pädagogisch betreut werden wollen.“ Das rufe „gelinde gesagt Unverständnis hervor“, kritisierte die Initiative in dem Rundschreiben.

Für eine optimale Betreuung würden 850 Erzieher in Potsdam zusätzlich benötigt 

Auch das Jugendamt hatte wie berichtet zuletzt vorgerechnet, dass die rund 120 Potsdamer Krippen und Kitas für eine optimale Betreuung rund 850 zusätzliche Erzieher benötigen würden – derzeit sind 2200 Angestellte eingesetzt. Das zusätzliche Personal würde 26,7 Millionen Euro kosten. Mit dem sich abzeichnenden Kompromiss könnten zumindest rund 35 Erzieher eingestellt werden – das wäre also etwa eine Viertelstelle mehr pro Kita.

Wie berichtet knüpft die Linke ihre Zustimmung zum Potsdamer Haushalt an den höheren Zuschuss für die Kitas, unabhängig von Landeszahlungen. Eine Argumentation der Linken: Viele Potsdamer Eltern zahlten mit ihren Kitabeiträgen dafür, dass ihre Kinder ordentlich betreut werden – dafür müsse es auch eine adäquate Gegenleistung geben. Die Mehrheit für diesen Vorstoß scheint zu stehen: Unter Federführung von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) arbeiten SPD, CDU und Linke an einem gemeinsamen Haushaltspaket, dessen Bestandteil unter anderem der städtische Millionenzuschuss für die Kitabetreuung ist. Zustimmungsfähig ist der Antrag auch deshalb, weil die Linke ihre Forderungen heruntergeschraubt hat: Ursprünglich wollte sie viereinhalb Millionen Euro zusätzlich für die Kitabetreuung ausgeben.

"Das Zuschieben von Verantwortlichkeiten wird auf dem Rücken der Kinder und Erzieher ausgetragen"

Kahl und ihre Kita-Initiative appellierten erneut auch an das Land, mehr Geld für die Potsdamer Kitas bereitzustellen. „Das Zuschieben von Verantwortlichkeiten zwischen der Stadt Potsdam und dem Land Brandenburg wird am Ende auf dem Rücken der Kinder und Erzieher ausgetragen. Das muss ein Ende haben“, so die Initiative. Zudem rief Kahl Eltern und Erzieher dazu auf, am Freitag möglichst zahlreich zur Kita „Waldhaus“ in der Amundsenstraße 24 kommen. Dort dreht der Sender rbb einen Beitrag zur Lage in den Kitas der Landeshauptstadt.

Zuletzt hatten auch 15 Potsdamer Kitaträger den ungenügenden Betreuungsschlüssel in einem Brandbrief kritisiert. Für eine Förderung, „worauf jedes Kind einen Anspruch hat“, gebe es kaum noch Zeit, die zu betreuenden Gruppen seien „unvertretbar groß“. Zugleich bestehe eine erhebliche Überlastung des Personals, das führe zu Erkrankungen. „Jeder krankheitsbedingte Ausfall führt dann zu noch größeren Belastungen des noch arbeitsfähigen Personals“, hieß es. Auch die Träger fordern eine finanzielle Vorleistung der Stadt.

„Wegen des Personalschlüssels ist es in Potsdam schwieriger als in anderen Bundesländern, noch genügend Fachkräfte für die Kitas zu finden“

Die Überbelastung des Personals hat auch noch einen zweiten negativen Effekt, wie etwa eine Sprecherin des Evangelischen Jugend- und Fürsorgewerks (EJF) auf PNN-Anfrage bestätigte: „Wegen des Personalschlüssels ist es in Potsdam schwieriger als in anderen Bundesländern, noch genügend Fachkräfte für die Kitas zu finden.“ Das EJF gehört zu den größeren Kitaträgern in Potsdam. Bisher habe man glücklicherweise noch alle offenen Stellen besetzen können, so die Sprecherin – auch weil man auf eine eigene Fachschule zur Ausbildung zurückgreifen könne. Eine solche Bildungseinrichtung hat auch die Potsdamer Arbeiterwohlfahrt geschaffen. Deren Chefin Angela Basekow spürt den Fachkräftemangel in Potsdam aber auch. „Zum Glück dauert bei uns aktuell nur die Zeit der Suche länger als in den Vorjahren, wir können die Stellen aber fristgerecht besetzen“, sagte sie auf Anfrage. Auch das Jugenddezernat hatte erklärt, dass sich der Bedarf an zusätzlichen 850 Erziehern nicht kurzfristig am hiesigen Arbeitsmarkt decken lasse. Nötig seien mehr Möglichkeiten für Quereinsteiger, aber auch eine Intensivierung der Ausbildung.

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