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Ist der Filmstandort Babelsberg durch die Libeskind-Pläne in Gefahr? Studio-Chef Woebcken hat mit Wegzug gedroht.

© Ottmar Winter

Medienstandort Babelsberg: Wirbel um Wegzugsdrohung der Studios

Studio-Babelsberg-Chef Carl L. Woebcken sorgt für Irritation bei Stadt, Land und Filmpark. Bei der Hauptversammlung wurden Personalwechsel im Studio-Vorstand bekanntgegeben.

Potsdam - Studio Babelsberg sorgt mit Drohungen eines Rückzugs vom Standort wegen der Libeskind-Pläne für Irritation bei Stadt, Land und den Babelsberger Nachbarn. Gleichzeitig wird der Umbau der Traditionsfilmstudios nach der Übernahme durch den US-Investor TGP Real Estate Partners vorangetrieben: Bei der Hauptversammlung am Dienstag wurden nach PNN-Informationen drei neue Vorstandsmitglieder vorgestellt und der Rückzug von Finanzvorstand Marius Schwarz bekanntgegeben. 

Studio Babelsberg will voraussichtlich erst am Mittwoch (31.8.) offiziell informieren, hieß es auf PNN-Anfrage. Kleinanlegervertreter kritisierten erneut die Intransparenz rund um die Übernahme.

Woebcken sieht Standort Babelsberg durch Libeskind-Pläne grundsätzlich in Frage gestellt 

Nach dem ersten Workshop zu den Libeskind-Plänen für die Medienstadt, die unter anderem ein bis zu 66 Meter hohes Turmgebäude mit Büros vorsehen, hatte Studiochef Carl L. Woebcken gegenüber der Märkischen Allgemeinen Zeitung (Maz) erstmals massive Vorbehalte geäußert. „Wir haben erhebliche Bedenken gegen den Turm und wir müssen den Produktionsstandort grundsätzlich infrage stellen, wenn hier so eine dichte Bebauung besteht“, wird Woebcken zitiert.

Von dem Turm könne man das sogenannte „Birkenwäldchen“ einsehen, das den internationalen Filmcrews als sozialer Treffpunkt diene, führte der Studio-Chef aus. Durch Paparazzi könne das verloren gehen – und es gebe in Babelsberg keinen Ausweichstandort. Die historischen Filmhallen und Büros könne man neu vermieten, „aber Kinofilmproduktion und Berühmtheit wären dann weg und es wäre fraglich, ob der Name dann erhalten bleibt“, wird Woebcken weiter zitiert. Auf PNN-Nachfrage wollte sich das Studio dazu am Dienstag nicht weiter äußern.

Stadt zeigt sich irritiert

Bei der Stadt hat man Woebckens laute Überlegungen zu einem möglichen Weggang „mit einiger Irritation zur Kenntnis genommen“, wie Stadtsprecher Markus Klier den PNN sagte. Die erfolgreiche Entwicklung der Studio Babelsberg AG habe die Medienstadt und den Wirtschaftsstandort Potsdam „nachhaltig und überregional gestärkt“. Die Stadt habe die Studios stets unterstützt – und weiterhin ein Interesse daran, für optimale Standortbedingungen zu sorgen. 

Das Unternehmen sei von Beginn an im Werkstattverfahren für das Libeskind-Projekt involviert gewesen, um seine Anforderungen einzubringen. Mit den Libeskind-Plänen wolle die Stadt den Film- und Medienstandort stärken, erklärt der Bau- und Wirtschaftsbeigeordnete Bernd Rubelt (parteilos): „Mit Studio Babelsberg sind wir viele Jahre im Dialog dazu und ich hoffe auf einen konkreten Beitrag.“

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Das Landeswirtschaftsministerium reagierte überrascht. Die Landesregierung stehe mit dem Studio-Vorstand im ständigen Kontakt, erklärte Sprecherin Claudia Lippert: „In keinem der Gespräche der letzten Monate hat das Unternehmen eine entsprechende Absicht geäußert.“ Das Ministerium vertraue darauf, dass im Rahmen des Werkstattverfahrens für das Libeskind-Projekt „ein Interessenausgleich zwischen allen Beteiligten gelingen wird“. Bezogen auf die Studio Babelsberg AG stehe für das Ministerium im Vordergrund, „dass auch unter dem neuen Mehrheitsaktionär die bestehenden Arbeitsplätze erhalten bleiben“.

Filmparkchef Schatz enttäuscht: Argumente "an den Haaren herbeigezogen"

Enttäuscht zeigte sich Filmparkchef Friedhelm Schatz, der die Media City gemeinsam mit Investor Jan Kretzschmar und Architekt Daniel Libeskind plant: „Ich bin enttäuscht, dass Charlie Woebcken mir seine großen Bedenken nicht persönlich gesagt hat und sich auch am Freitagabend bei der Workshop-Runde nicht entsprechend geäußert hat.“ Woebckens Argumente für die Drohung mit dem Wegzug der Studio Babelsberg AG vom Standort seien „an den Haaren herbeigezogen“, sagte Schatz den PNN. So habe das Studio beispielsweise Grundstücke an der August-Bebel-Straße selbst verkauft, dort seien nun Fremdfirmen eingezogen, deren Mitarbeitende direkt auf das besagte „Birkenwäldchen“ gucken.

Der Filmparkchef wies zudem darauf hin, dass er seit 2006 „mehrfach die Hand ausgestreckt“ habe, um mit Studio Babelsberg gemeinsam zu planen – das gelte „fast für alle unsere Grundstücke und auch für das Libeskind-Areal“, so der Filmpark-Eigentümer. Seine Angebote seien jedoch zumeist „nicht einmal beantwortet worden“. Schatz kritisierte das Drohgebaren von Woebcken scharf: Das sei wie Nachtreten und „keine Haltung“. 

Beim Libeskind-Projekt sei noch einiges im Fluss, auch „wie groß, wie hoch bauen wir“, es gebe keinen Anlass „die Grundsatzfrage für den Standort daran aufzuhängen“. Er hoffe darauf, so Schatz, dass er nach dem Übergang an die US-Investoren „in vernünftige Gespräche eintreten“ könne: „Ich bin bereit dazu.“

Nach der Hauptversammlung am Dienstag erneuerte Kleinanlegervertreter Michael Kunert von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger seine Vorwürfe der Intransparenz rund um die Studio-Übernahme. Bei der virtuellen Versammlung seien Fragen, etwa zur Aktionärsstruktur und zu Veränderungen im Unternehmen durch den neuen Großaktionär, nicht oder nur unbefriedigend beantwortet worden, sagte er den PNN. Fragen hätten vorab eingereicht werden müssen, es sei keine Möglichkeit für Nachfragen eingeräumt worden, kritisierte er: „Die Aktionärsdemokratie und die Wirtschaftsdemokratie werden dadurch eingeschränkt.“ mit SCH

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