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Rund 500 Konferenz-Teilnehmer trafen sich in Babelsberg – dabei ging es auch um „Virtual Reality“.

© Andreas Klaer/PNN

„MediaTech Con“-Konferenz in Potsdam: Alexa sucht den Film aus

Die Digital-Experten der Medienbranche treffen sich derzeit zu einer Konferenz in Potsdam. Sie gibt einen Einblick in die Zukunft des bewegten Bildes – und damit auch in die des Filmstandortes Babelsberg.

Von Katharina Wiechers

Potsdam - Alle Augen waren am Mittwoch auf das Hasso-Plattner-Institut in Babelsberg gerichtet. Das komplette Bundeskabinett traf sich hier zur Klausur – Stichworte waren Digitalisierung und Künstliche Intelligenz. Wie Medien- und Filmunternehmen schon heute damit umgehen, war nur wenige Hundert Meter weiter zu beobachten: Auf dem Gelände von Studio Babelsberg begann parallel die erste „MediaTech Con“ – eine zweitägige Konferenz, die sich vor allem mit der Zukunft des bewegten Bildes auseinandersetzt. Und damit auch mit der Zukunft des Medienstandorts Babelsberg.

Bald soll auch der Fernseher per Sprache gesteuert werden 

Rund 500 Menschen waren am ersten Konferenztag gekommen, um sich über die neuesten Entwicklungen und Geschäftsmodelle auszutauschen. Babelsberg soll international mithalten können und keine Trends verpassen, so das Ziel der Veranstalter. Unter den Gästen waren Filmproduzenten, Drehbuchschreiber, Fernsehmacher, Vertreter von Virtual-Reality-Unternehmen, von Firmen aus der Spiele-Industrie oder der Werbung. Auf mehreren Bühnen gab es Vorträge und Podiusmdiskussionen, auch Workshops und eine Art Messe für Virtual-Reality waren integriert.

Zu den Gästen bei einer der Podiumsdiskussionen gehörte zum Beispiel Pete Thompson, der beim US-Konzern Amazon für den sprachgesteuerten Assistenten „Alexa“ zuständig ist. Längst geht es nicht mehr nur darum, einer im Wohnzimmer platzierten Box seine Musikwünsche per Sprachbefehl mitzuteilen, machte er deutlich. Mittlerweile ist es möglich, „Amazon Echo“ in allen möglichen Geräten zu integrieren, wie etwa Lampen, Lichtschaltern oder Uhren. 

Aktuell werde daran gearbeitet, auch Videos per Sprachbefehl zu steuern. Bei dem Gerät „Amazon show“ ist dies bereits möglich, es hat einen Display integriert. Doch zukünftig soll auch der heimische Fernseher – oder eben der jeweilige Bildschirm, auf dem Menschen sich Bewegtbilder ansehen – mit der eigenen Stimme gesteuert werden. Ohne Fernbedienung und ohne Menü auf einem Display, also ohne die Angebote visuell vor sich zu haben. „Die Menschen werden lernen müssen, richtig zu fragen“, so Thompson.

Wer sucht dann aus, welche Nachrichten wir schauen?

Manche Entwicklungen seien bei sprachgesteuerten Videos noch unklar, fügte Mark Harrison von Digital Production Partnership, einem Mediennetzwerk, das sich mit der Digitalisierung der Branche auseinandersetzt, hinzu. So stelle sich die Frage, welche Nachrichten von welchem Medium gezeigt werden, wenn der Nutzer „Alexa“ zum Beispiel auffordert, ihm von den Neuigkeiten des Tages zu berichten. 

Er gehe davon aus, dass dies in der Zukunft noch „schmerzhaft“ für einige etablierte Medien werde, schließlich wolle der Konsument das sehen, was gut ist – egal, aus welcher Quelle, so Harrison. Gleichzeitig sei fraglich, ob Nischenprodukte etwa im Filmbereich auf diesem Weg erhalten bleiben könnten.

Werbung kann nachträglich in den Film eingebaut werden

Welche Möglichkeiten die Digitalisierung für die Werbebranche bietet, war hingegen am Beispiel der Firma Mirriad zu erfahren. Sie versieht Filme oder Serien nachträglich mit Werbung, indem sie etwa ein Werbeplakat an eine Wand projeziert, die neben einem Schauspieler zu sehen ist. Sie kann eine Filmfigur auch an einer Fastfood-Kette vorbeigehen lassen, wo in der Realität eigentlich ein anderes Geschäft sitzt. Oder Getränkedosen eines zahlenden Werbekunden kann Mirriad auf einem Tisch platzieren – je nach Kundenwunsch. Und das alles, ohne dass der Film unterbrochen wird – und ohne, dass der Zuschauer die Werbung überspringen oder löschen kann, so das Versprechen. 

Um potenzielle Werbeflächen in Filmen herauszufiltern, hat Mirriad ein automatisiertes Verfahren entwickelt, so Phil McLauchlan, der für die Entwicklung bei dem Unternehmen zuständig ist. Es durchsucht das Videomaterial nach leeren Hauswänden, freien Tischen oder Litfasssäulen – per Algorithmus.

Drehbücher können Computer noch nicht schreiben

Ob künftig auch der Film selbst per Algorithmus beziehungsweise Künstlicher Intelligenz hergestellt wird, war das Thema einer weiteren Diskussion mit hochkarätigen Gästen aus den USA. Beim Drehbuchschreiben sind Computer zumindest bislang eher wenig hilfreich – höchstens indem sie durch ihre Zufälligkeit die Kreativität anregen, so Deb Ray vom Start-up RivetAI aus Los Angeles. Eingesetzt werden kann Künstliche Intelligenz aber zum Beispiel bei der Organisation des Films, etwa indem Drehpläne optimiert oder Budgetpläne erstellt werden. 

Und auch klassische Medien kamen am Mittwoch zu Wort, so sprach Samir Fadlallah von der Axel Springer Digital News Media GmbH zum Beispiel über intelligente Bezahlschranken beim Online-Journalismus. So werden Daten über die Abonnenten gesammelt und die Bedingungen der Bezahlschranke an ihr Verhalten angepasst. „Das funktioniert hervorragend“, so Fadlallah. Auch ließen sich beispielsweise Fußball- oder Börsennachrichten von einem Algorithmus verfassen – und nicht mehr von einem Journalisten.

In der Medienbranche ist die Digitalisierung längst Alltag. Auch ohne Strategie der Bundesregierung.

Am Rande der MediaTech Con wurde auch ein neues Förderprogramm vorgestellt. Es soll künftig die Gründung weiterer Unternehmen in der Medientechnik-Branche in Potsdam unterstützen. Der sogenannte Accelerator – auf deutsch Beschleuniger – bietet potenziellen Gründern ab Januar kostenfreie Räume im Medieninnovationszentrum, Coachingangebote sowie Investitionskapital. Ziel ist es, vor allem Studenten der Universität Potsdam, der Filmuniversität und des Hasso-Plattner-Instituts zum Unternehmertum zu motivieren. In den kommenden Wochen können sich Studententeams mit einer Geschäftsidee in dem Bereich bewerben – bevorzugt werden gemischte Gruppen aus allen drei Hochschulen. „Wir wollen jungen, fähigen Menschen zeigen, dass man Gründer werden kann“, so Uta Herbst, Professorin an der Universität Potsdam. Zur Verfügung werden etwa 20 Arbeitsplätze stehen, investiert wird ein „mittlerer sechsstelliger Betrag“. Unterstützt wird der Accelerator vom Land Brandenburg, der Investitionsbank des Landes, der Axel Springer Digital Ventures, dem Mediennetzwerk media:net und dem MediaTech Hub Potsdam. Dass Potsdam einen der zwölf bundesweiten Hubs bekommen habe, sei eine tolle Auszeichnung, so Stephan Worch vom Brandenburger Wirtschaftsministerium. Dieser müsse nun aber auch weiterentwickelt werden – zum Beispiel durch Start-ups aus dem Accelerator. 

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