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Media Tech Lab in Potsdam: Starthilfe ohne Schnickschnack

In Babelsberg eröffnet eine Gründeretage für Medien-Start-ups. Vergeben werden die Büros durch eine Jury - noch immer können Bewerbungen von Gründern eingereicht werden.

Von Matthias Matern

Babelsberg - Viel braucht es nicht, um Robert Förster glücklich zu machen: ein paar Quadratmeter Bürofläche, eine kleine Teeküche, Toiletten – und das möglichst mittendrin in der Medienstadt Babelsberg. „Natürlich hat mich das überzeugt. Wir bewerben uns auf jeden Fall“, sagt der Gründer und Chef der jungen Potsdamer Firma Multicast Media. Während Förster, mit trendigem Rauschebart, dunkelblauen Jackett und buntem Einstecktuch, von seinem Start-up berichtet, stromern überall junge Leute allein oder in Zweierteams durch die Gänge, gucken hier und dort hinein und machen sich Notizen. Seit rund zwei Stunden steht das neue Media Tech Lab jungen Firmengründern an diesem Montag bereits zur Besichtigung offen. Bis zu fünf Teams sollen hier voraussichtlich ab 1. April gefördert vom Land und unterstützt von erfahrenen Mentoren an neuen Entwicklungen in der Medientechnologiebranche tüfteln.

Das Media Tech Lab ist das erste sichtbare Ergebnis der Initiative Media Tech Hub. Wie berichtet wurde Potsdam im vergangenen Jahr offiziell zu einem von insgesamt zwölf sogenannten Digital Hubs in Deutschland ernannt. Der „Hub“-Idee liegt zugrunde, dass die Zusammenarbeit von Unternehmen und Gründern auf engem Raum Innovation befördert. Dabei hat jeder „Hub“-Standort inhaltlich eine andere Ausrichtung. Während man etwa in Nürnberg/Erlangen an Innovationen im Bereich der Digitalisierung im Gesundheitswesen tüftelt, gilt Potsdam als Vorzeigestandort für Neuheiten der Medientechnologie.

Für Start-ups aus den Bereichen Digital Engineering, 3D-Druck sowie den Virtual-, Augmented- oder Mixed-Reality-Technologien

Untergebracht ist das neue Media Tech Lab in einem Bestandsgebäude in der Medienstadt, im dritten Stock des sogenannten Studio 5. Insgesamt stehen dort elf Büros mit je rund 20 Quadratmetern zur Verfügung. Alles weitgehend schmucklos und ohne Schnickschnack. Obligatorische Accessoires der Start-up-Szene wie Tischtennisplatten, Kickertische oder Lounge-Ecken sucht man vergeblich. In der Teeküche stehen ein alter Nierentisch, zwei betagte Cocktailsessel und eine 50er-Jahre-Kommode. Rund 15 Gründerteams haben sich am Montag bereits die Räumlichkeiten angeguckt, schätzt Andrea Peters, die Vorstandsvorsitzende des media:net berlin brandenburg e. V., der seit der Ernennung Potsdams die kommissarische Leitung der Initiative Media Tech Hub innehat. „Wir haben um 10 Uhr aufgemacht. Die ersten kamen um zwei nach“, sagt sie.

Wer Anfang April einziehen darf, das entscheidet sich aber erst Ende Februar – per Jury-Votum. Ausgelobt hat den Wettbewerb Brandenburgs Wirtschaftsministerium. Alle Interessierten müssen bis spätestens 31. Januar ihr Unternehmenskonzept einreichen. Peters geht davon aus, dass insgesamt Platz für vier bis fünf Start-ups sein wird. Denn je nach Konzept und Größe der Firmen müssten wohl einzelne Räume zusammengelegt werden. Bewerben können sich Existenzgründer und Start-ups, deren Gründung nicht mehr als fünf Jahre zurückliegen sollte. Das Angebot richtet sich vor allem an Firmen aus den Bereichen Digital Engineering, 3D-Druck sowie den Virtual-, Augmented- oder Mixed-Reality-Technologien. Wer den Zuschlag erhält, muss 21 Monate lang keine Miete zahlen, lediglich den Nebenkostenanteil von 7,80 Euro pro Quadratmeter tragen. Er wird darüberhinaus von Branchenexperten bei der Unternehmensentwicklung begleitet.

Robert Förster und sein Team sind sieben Personen. „Wir brauchen zwei, besser drei Büros“, schätzt der 38-Jährige. Die Idee hinter seiner Firma Multicast Media ist, Audio- und Video-Inhalte für Kunden in Textformate umzuschreiben und somit im Internet besser sichtbar und leichter auffindbar zu machen. „Wenn Sie etwa über Ihre Suchmaschine ein ganz besonderes Zitat suchen, das in einem Video vorkommt, dann finden Sie das Original dank unserer Software“, erzählt Förster.

Gegründet wurde Multicast Media im März 2017. Mit dem Zuschlag für das Media Tech Lab würde für den Jungunternehmer auch eine bislang erfolglose Suche zu Ende gehen. Seit rund zwei bis drei Monaten hält Förster bereits Ausschau nach geeigneten Räumen für seine noch junge Firma – in Potsdam aufgrund des Mangels an Gewerbeflächen und der hohen Gründungsintensität durch die vielen Hochschulen und Institute bekanntlich kein einfaches Unterfangen. Angaben der Stadt zufolge wurden im vergangenen Jahr insgesamt 40 Hektar Gewerbeflächen von Unternehmen angefragt, gerade ein mal vier Hektar konnten vergeben werden. Auch Förster ging leer aus. „Das war schon etwas frustrierend“, gibt er zu.

Zumal für den Gründer ein anderer Standort nicht infrage kommt – und ganz bestimmt nicht Berlin. „Das ist uns zu groß, zu unübersichtlich. Für uns war von vornherein klar: Wir müssen nach Babelsberg“, sagt Förster. „Hier sind wir nah an den Unternehmen, unseren Kunden, und an den Hochschulen. Hier finden wir auch neue Mitarbeiter, wenn wir sie brauchen.“

Bewerbungen können auf www.mediatechhub-potsdam.de/lab eingereicht werden.

Hintergrund: Digital Hub

Die Digital-Hub-Initiative ist ein Projekt des Bundeswirtschaftsministeriums. Der Startschuss wurde im Rahmen des IT-Gipfels am 17. November 2016 gegeben. Vorbild für die Initiative ist das Silicon Valley in Kalifornien mit seiner Kombination aus Gründern, Start-ups, großen Technologieunternehmen und exzellenter Wissenschaft. Um den Titel Digital Hub hatte sich die Stadt zusammen mit in Potsdam ansässigen Akteuren der Medientechnologiebranche beworben. Mitte Juni 2017 wurde die Auszeichnung in Ludwigshafen verliehen und die Initiative Media Tech Hub gegründet. Mitglieder sind etwa die Fachhochschule Potsdam, der Filmpark Babelsberg, die Filmuniversität Konrad Wolf und das Hasso- Plattner-Institut. Das künftige Management wird derzeit per Ausschreibung gesucht. Insgesamt stehen dafür 800 000 Euro zur Verfügung, davon 600 000 Euro Bundesmittel.

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