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Maßregelvollzug in Deutschland.

© Ingo Wagner/dpa

Maßregelvollzug in Brandenburg: Mehr als 20 Jahre in der Klinik

Wer in Brandenburg vom Gericht in ein psychiatrisches Krankenhaus eingewiesen wird, muss oft sehr lange therapiert werden.

Potsdam - In Brandenburg sind rund 30 Patienten schon 20 Jahre und länger in einer psychiatrischen Klinik des Maßregelvollzugs untergebracht. Das geht aus der Antwort des Potsdamer Gesundheitsministeriums auf eine „Kleine Anfrage“ der rechtspolitischen Sprecherin der Landtagsfraktion der Linken, Marlen Block, hervor. Laut Paragraph 63 des Strafgesetzbuches können Menschen zwangsweise in einer psychiatrischen Klinik untergebracht werden, wenn sie ihre Taten im Zustand verminderter Schuldfähigkeit oder aufgrund einer Erkrankung begangen haben. Zudem ist eine Unterbringung zum Zweck des Alkohol- oder Drogenentzugs nach Paragraph 64 des Strafgesetzbuchs möglich. 

Von der Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik zu unterscheiden ist die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nach vollstreckter Haftstrafe, wenn der Täter weiterhin als „für die Allgemeinheit gefährlich“ eingestuft wird. Wie aus der Antwort des Ministeriums hervorgeht, beträgt die durchschnittliche Verweildauer der in den drei Krankenhäusern des Maßregelvollzugs in Brandenburg (Havel), Teupitz und Eberswalde untergebrachten Patienten derzeit rund 9,5 Jahre. 

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Von den insgesamt 265 dort für längere Zeit untergebrachten Patienten haben 80 Patienten Körperverletzungen begangen. 56 wurden wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung in die Klinik eingewiesen, 40 haben Straftaten gegen das Leben, also Mord und Totschlag, begangen. Insgesamt 15 Patienten befinden sich wegen eines Brandstiftungsdelikts in einer der Kliniken. „Was auffällt, ist die exorbitant lange Verweildauer mancher Untergebrachten“, sagt die Linken-Abgeordnete Marlen Block, die die Situation im Maßregelvollzug zum Thema im Rechtsausschuss machen will. 

Block: In Brandenburg fehlen Übergangseinrichtungen

Auch ein Fachgespräch im Ausschuss sei zu diesem Thema sinnvoll, sagt Block. Denn die Abgeordnete kommt nicht zum ersten Mal mit dem Maßregelvollzug in Berührung: In ihrer Zeit als Strafverteidigerin hatte sie mit Mandanten zu tun, die heute in den Krankenhäusern untergebracht sind. „Das Problem ist, dass es für viele Menschen im Maßregelvollzug keine Entlassungsperspektiven gibt“, sagt Block. Es fehle in Brandenburg an geeigneten Übergangseinrichtungen. Wenn Schizophrene ihre Medikamente einnähmen und nicht psychotisch würden, sei ihre Krankheit kontrollierbar. Nötig dafür sei aber eine engmaschige Betreuung, die oft fehle. Zudem will Block im Ausschuss diskutieren, ob Kliniken des Maßregelvollzugs wirklich unter der Aufsicht des Gesundheitsministeriums stehen sollten. „Denkbar wäre auch, das beim Justizressort anzusiedeln.“ 

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