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Landeshauptstadt: Mahnwache vor dem KGB-Gefängnis

Opfer fordern Ablösung der Gedenkstättenleiterin

Nauener Vorstadt - Mit einer Mahnwache protestierten Mitglieder und Sympathisanten des KGB-Gefängnis-Vereins am Samstag in der Leistikowstraße 1 gegen den Umgang mit der Gedenkstätte. Namentlich richtete sich der Protest gegen die Leiterin Ines Reich. „Sie muss hier raus“, hieß es auf einem Poster der „Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft“.

Der Vorsitzende des Gedenkstättenvereins, Richard Buchner, kritisierte die Verzögerung bei der Eröffnung der Ausstellung. Sie sollte im Frühjahr dieses Jahres stattfinden, nun sei sie um ein Jahr verschoben und ein halbes Jahr bleibe die Gedenkstätte sogar vollständig geschlossen. „Wir lassen uns nicht länger von Frau Reich an der Nase herumführen, sie ist nicht in der Lage, eine Gedenkstätte zu leiten“, so der Vorsitzende.

Gisela Kurze von „Memorial Deutschland“, die maßgeblich an der vorherigen Ausstellung „Potsdam-Workuta“ mitgewirkt hatte, verwies auf die wenigen noch aussagefähigen Zeugen. „Unsere zwei jüngsten Zeugen sind 80 Jahre alt“, sagte sie. Seitens der Stiftung Brandenburgischer Gedenkstätten gebe es keine Integration der Opfer und des Gedenkstättenvereins. Der letzte Öffnungstag der Gedenk- und Begegnungsstätte liege vier Jahre zurück und habe am 29. Oktober 2006 stattgefunden.

Zur Mahnwache vor dem im Jahre 2008 eröffneten modernen Vorbau der Gedenkstätte hatten sich 25 Protestierer eingefunden. Unvermittelt erschien die frühere brandenburgische Kulturministerin Johanna Wanka (CDU) auf der Veranstaltung. Auf PNN-Nachfrage lehnte sie eine Stellungsnahme zur Gedenkstättenleitung, die während ihrer Potsdamer Amtszeit eingesetzt wurde, ab. Reich, die am Samstag nicht anwesend war, sei als Leiterin von einer großen Kommission, in der die Opferverbände vertreten waren, berufen worden, sagte Wanka.

„Frau Reich bleibt Leiterin der Gedenkstätte“, stellte Martin Gorholt klar. Der brandenburgische Kulturstaatssekretär lud im Anschluss an den Protest zur offenen Diskussion ein. Die Aussprache fand jedoch durch laute Zwischenrufe und Gebrüll sowie Vorwürfe wie „Lügner“ in einer rüden Atmosphäre statt. Buchner warf dem Staatssekretär vor, er habe sich von der Gedenkstättenstiftung „über den Tisch ziehen lassen“.

Die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten ist seit zwei Jahren als Treuhänder für das Haus in der Leistikowstraße zuständig. Ihr Sprecher Horst Seferens erklärt, dass der Gedenkstättenbeirat im Oktober 2010 die Berliner Firma Gerhards & Glücker mit der Gestaltung einer Dauerausstellung beauftragt habe. Dem Vernehmen nach belaufen sich die Kosten hierfür auf 850 000 Euro. Um die Medientechnik auf allen Ebenen des 1946 eingerichteten Gefängnisses einzubauen, sei ein Besucherverkehr von Mitte 2011 bis zur Eröffnung im Februar 2012 nicht möglich. Die Ausstellung werde mit ihren zum Teil „sensationellen Exponaten“ die Geschichte des Gefängnisses und seiner Inhaftierten auf eindrucksvolle Weise vermitteln, so Seferens. Es gebe etwa neue Dokumente von Überläufern des sowjetischen Geheimdienstes und Aussagen russischer Zeitzeugen.

Gorholt kündigte an, dass vom 14. bis 20. Mai eine Werkstattwoche zur neuen Ausstellung stattfinden werde. Er zeigte sich offen für die Forderung, die Zeit für die Schließung in Absprache mit den Gestaltern zu verkürzen. Während der Schließung werde die Gedenkstätte regelmäßig Führungen zur Geschichte des „Militärstädtchens Nr. 7“, so die russische Bezeichnung für das bis 1994 okkupierte Stadtviertel, anbieten. Die Führungen sollen den Außenbereich des ehemaligen sowjetischen Untersuchungsgefängnisses einschließen. Weitere Einzelheiten will Gorholt auf einem Treffen Mitte Februar zusammen mit Reich und der Gedenkstättenstiftung sowie Mitgliedern der Vereine „Memorial“ und „Gedenk- und Begegnungsstätte Ehemaliges KGB-Gefängnis Potsdam“ erörtern.

Bei der Mahnwache gab es auch Kritik an der Stadtpolitik. Es sei „beschämend“, dass weder ein Vertreter der Verwaltung noch der Stadtfraktionen erschienen sei, so der frühere Kulturausschuss-Chef, Eberhard Kapuste (CDU). G. Schenke

Das Video wurde uns freundlicherweise von PotsdamTV zur Verfügung gestellt.

G. Schenke

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