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Mahnmal Breitscheidplatz: Gedenken in Beton aus Potsdam

Mit einem Mahnmal soll am Berliner Breitscheidplatz an die Opfer des Terroranschlags erinnert werden. Die Stufen dafür werden in Babelsberg gefertigt.

Von Helena Davenport

Babelsberg - Die Potsdamer Firma Beton und Naturstein Babelsberg (BNB) arbeitet in Extra-Schichten, damit das Mahnmal für die Opfer des Terroranschlags auf dem Berliner Weihnachtsmarkt rechtzeitig fertig wird. „Wir fahren Sonderschichten und arbeiten 16 Stunden täglich, damit die Stufen mit den Namen der Opfer bis zum 6. Dezember fertig sind“, sagt Geschäftsführer Manuel Vöge.

Die Potsdamer Firma fertigt neue Betonstufen zum Podest der Gedächtniskirche, die zusammen mit einem goldenen Riss im Boden zum Jahrestag des Anschlags am 19. Dezember als Mahnmal enthüllt werden sollen – in mühsamer Handarbeit.

Zentimeterarbeit für die Babelsberger

In der großen Halle an der Wetzlarer Straße schwebt der große orangefarbene Betonkübel über der Arbeitsfläche. Erst wenn er sich genau über den rechteckigen Holzformen befindet, kann er zur Seite gekippt werden, sodass der dickflüssige Beton aus dem Kübel seinen Weg in die Formen findet. Der Gabelstapler, der den Betonkübel trägt, muss dafür ganz nah an die Kisten heran: Zentimeterarbeit für die Mitarbeiter der BNB.

„Alles Handarbeit“, kommentiert Chef Vöge. Sein Unternehmen hat schon für das Museum Barberini und den Brandenburger Landtag Auftragsarbeiten angefertigt, aber auch für die Berliner „Topographie des Terrors“. Vor rund vier Wochen erhielt er den Auftrag für die zwölf Stufen für den Breitscheidplatz – jede von ihnen soll an ihrer Vorderseite den Namen eines Opfers tragen, daneben soll das Heimatland desjenigen stehen.

Der Entwurf für das Mahnmal kommt vom Berliner Architekturbüro Merz/Merz, dem Gewinner eines Wettbewerbs für die Gestaltung der Gedenkstätte, den der Berliner Senat ausgelobt hatte. Sechs Teilnehmer waren hierzu eingeladen worden, 50.000 Euro stellte das Land Berlin für den Wettbewerb zur Verfügung, 100.000 Euro für die Umsetzung.

Anstelle der alten Stufen an der Gedächtniskirche

Der Entwurf von Merz/Merz gefiel am besten. Ein goldener Riss, 14 Meter lang und etwa drei Zentimeter breit – Symbol für die Spaltung der Gesellschaft, die das Attentat auslöste – ist das zentrale Element. Kunstschmied Michael Hammers fügte hierfür gemeinsam mit den Hinterbliebenen einer Kupfer-Zinn-Legierung etwas Goldstaub bei, so wie eine Hand voll Erde auf ein Grab geworfen wird. Die Stufen werden am Riss entlang montiert. Bis zum 6. Dezember müssen sie fertig sein, damit ein Gartenbaubetrieb sie abholen und anstelle der alten Stufen an der Gedächtniskirche anbringen kann.

Fünf Konzepte entwickelte das Unternehmen BNB zusammen mit Merz/Merz in den vergangenen vier Wochen. Über 20 Entwürfe wurden produziert, bevor entschieden wurde, was am geeignetsten ist. Eigentlich habe der Auftrag gelautet, dass Buchstaben aus Beton auf den alten Kirchenstufen angebracht werden sollen, erzählt Vöge. Schließlich seien Letztere denkmalgeschützt. Allerdings hätten sich die Buchstaben zu einfach entfernen lassen. „Das Mahnmal wäre nicht gegen Vandalismus geschützt gewesen“, erklärt der Bremer.

Der neue Beton dagegen besteht aus acht Elementen: Granit aus der Lausitz, schwarzer Marmor aus Italien, Kies aus der Leine, weißer Marmor aus Lengefeld, Weißzement, Grauzement, Betonzusatzmittel und Wasser. Zuallererst fertigt der Tischler einen hölzernen Kasten an – jede Stufe hat unterschiedliche Maße. In dieser Kiste werden dann mithilfe einer Schablone Betonbuchstaben angeordnet. Letztere wurden vorher aus feinkörnigerem Beton mittels Wasserstrahl herausgeschnitten.

Drei Tage für eine Stufe

Zuletzt wird der grobkörnige Beton für die Stufe eingegossen. Drei Tage dauert der Arbeitsprozess. Anschließend müssen die Stufen eine Woche lang trocknen. Die Schrift soll mit den Jahren immer sichtbarer werden. Dafür sorgt ein Imprägniermittel – die Buchstaben nehmen den Schmutz nicht so stark auf wie die Stufen selbst.

BNB sei für besonders gute Qualität und innovative Lösungen bekannt, sagt Lukas Veltruský von Merz/Merz. Ihm sei das Unternehmen empfohlen worden – ein Glücksgriff, wie sich erst später herausgestellt habe: Die wegen des Denkmalschutzes benötigte spezielle Betonrezeptur war BNB schon bekannt.

40 Handwerker arbeiten für das Unternehmen, die meisten kommen aus Potsdam. In der großen Halle wird gehämmert und geschliffen, Gabelstapler fahren hin und her, neuer Beton wird gemischt. Drei Mitarbeiter haben ausländische Wurzeln, sie kommen aus Syrien, Kroatien und Algerien. „Es funktioniert eben doch. Wir kommen fantastisch zusammen aus“, betont Vöge, der die Firma vor neun Jahren übernahm. Zum Weihnachtsmarkt sei er bewusst kurz nach dem Anschlag wieder gegangen: „Es ist wichtig, dass man dem Terror trotzt.“

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