zum Hauptinhalt

Machtkampf und Pressefreiheit: Brandenburg: CDU sperrt Journalisten aus, Reiche gewinnt

Die Kampfabstimmung zwischen Katherina Reiche und Saskia Ludwig um die CDU-Bundestagskandidatur für Potsdam und Potsdam-Mittelmark ist entschieden. Begonnen hatte der Freitagabend aber mit einem Skandal: Die CDU sperrte alle Journalisten aus dem Veranstaltungsraum aus.

Werder (Havel) - Das Comeback ist gescheitert, der Schaden enorm: Brandenburgs Ex-CDU-Landes- und Fraktionschefin Saskia Ludwig hat den von ihr begonnenen Machtkampf in der märkischen CDU verloren. Am späten Freitagabend unterlag sie in einer Kampfabstimmung um die Kandidatur für das Direktmandat im Wahlkreis 61 (Potsdam/Potsdam-Mittelmark und Teile von Teltow-Fläming) deutlich gegen die Bundestagsabgeordnete  Katherina Reiche. Reiche erhielt bei einer gemeinsamen Wahlveranstaltung der Kreisverbände Potsdam und Mittelmark 223, Ludwig 184 Stimmen. Reiche (39) hält seit 14 Jahren ein Bundestagsmandat. Überraschend war Ludwig gegen sie angetreten. Die 44 Jahre alte Kreisverbandsvorsitzende von Potsdam-Mittelmark war im September nach massiver Kritik und auf innerparteilichen Druck von ihren Ämtern der Landes- und Fraktionsvorsitzenden zurückgetreten.

Überschattet wird der ganze Abend von einem handfesten Skandal:Auf betreiben der mittelmärkischen CDU wurden alle Journalisten von der Veranstaltung ausgesperrt. Ohne die Chance, die tatsächliche Atmosphäre im Tagungsraum  im Schützenhaus in Werder (Havel) zu beobachten, wurden die Journalisten in einen Nebenraum verwiesen, in den die Veranstaltung lediglich übertragen wird. Einfluss auf die Bildführung haben die Journalisten von Tageszeitungen, Rundfunk- und TV-Sendern sowie Nachrichtenagenturen nicht. Einen eigenen Eindruck vom Geschehen können sie sich nicht machen. Die Aussperrung der Journalisten fand auf Betreiben des CDU-Kreisverbandes Potsdam-Mittelmark statt. Vertreter des Kreisverbandes Potsdam distanzierten sich noch am Abend. An der Veranstaltung nehmen mehr als 400 CDU-Mitglieder aus beiden Kreisverbänden teil.

Unter den von der CDU in Werder Ausgesperrten war auch ein Redakteur der Potsdamer Neuesten Nachrichten. PNN-Chefredakteur Peter Tiede bezeichnete das Verfahren der CDU am Freitagabend als Zensur: „Es ist ein eindeutiger Versuch, Berichterstattung zu behindern und Einfluss auf Berichterstatter zu nehmen. Mit  demokratischen Gepflogenheiten hat das nichts zu tun. Journalisten sollen aus eigenem Erleben berichten, das wird so unmöglich gemacht.“ Die CDU Brandenburg habe mit dem Verhalten des Kreisverbandes Potsdam-Mittelmark eine Grenze überschritten, so Tiede. Er forderte von der Parteispitze eine Bitte um Entschuldigung bei den ausgesperrten Journalisten und eine Klarstellung gegenüber den betroffenen Medienhäusern.

Vor dem Wahlgang hatten sich am Freitagabend beide Kandidatinnen der Parteibasis empfohlen. Reiche betonte vor den rund 400 Mitgliedern ihre Unterstützung für die Politik der Kanzlerin und CDU-Bundesvorsitzenden Angela Merkel. Zudem verwies die 39-Jährige darauf, wie sie mit dafür gesorgt habe, dass Bundesgelder in den heutigen Wahlkreis 61 geflossen seien. Ihre Gegenkandidatin Saskia Ludwig gilt als Merkel-Kritikerin, auch wenn sie am Freitag versicherte, sie wolle die Wiederwahl der Kanzlerin. Ludwig hob ihre Nähe zu den Bürgern hervor, die von Politikern ein klares Wort hören wollten. „Es geht nicht darum, Ideologien zu folgen oder sich tolle Ideen vorzustellen.“ Die 44 Jahre alte Politikerin erinnerte an ihre Qualifikation als Wirtschaftswissenschaftlerin. Ihr „Herzensthema“ laute: „Privat vor Staat.“ Sie traue sich zu, den Wahlkreis direkt zu gewinnen, den Reiche seit 14 Jahren vertritt, und für ihn eine gute Politik zu machen. Bisher hat den Wahlkreis immer die SPD gewonnen.

In der Aussprache-Runde beklagten einzelne Redner die Art und Weise, wie es zu der Kampfkandidatur gekommen war und forderten zu mehr Miteinander auf. Das „Abschlachten guter Leute“ müsse endlich aufhören, meinte einer und erinnerte an die straffe Führung der Partei durch den heutigen Ehrenvorsitzenden und früheren brandenburgischen Innenminister Jörg Schönbohm, der ebenfalls nach Werder gekommen war. dpa/PNN

Zur Startseite