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Die Siemensvilla am Lehnitzsee, rechts das Kliniksanatorium Heinrich-Heine.

© Lutz Hannemann

Luxus-Immobilie in Potsdam: Siemens-Villa hat neuen Eigentümer

Seit 1993 steht das geschichtsträchtige Anwesen in Neu Fahrland leer, jetzt hat es der Besitzer, der Immobilienunternehmer Jagdfeld, weiterveräußert. Der neue Eigentümer bleibt geheim.

Von Peer Straube

Potsdam - Die seit fast 30 Jahren leer stehende Siemens-Villa auf dem Stinthorn in Neu Fahrland ist verkauft worden. Das bestätigte ein Sprecher der Jagdfeld-Gruppe auf PNN-Anfrage. Angaben zum neuen Eigentümer machte er nicht, es sei „Stillschweigen vereinbart worden“, hieß es auf Nachfrage lediglich. 

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20 Jahre lang befand sich das Luxusanwesen am Lehnitzsee im Besitz des umstrittenen Immobilienunternehmers Anno August Jagdfeld. Der heute 73-Jährige hatte das Grundstück nebst herrschaftlicher Villa im Jahr 2000 erworben und wollte es zu seinem Wohnsitz machen, wozu es allerdings nie kam. Für Ärger im Ortsteil sorgte Jagdfeld kurze Zeit später, weil er einen Zaun um das Grundstück zog und damit den bis dato öffentlichen Uferweg an dieser Stelle bis zum heutigen Tage unterbrach. 

Die Siemens-Villa hat eine Nutzfläche von mehr als 6000 Quadratmetern.
Die Siemens-Villa hat eine Nutzfläche von mehr als 6000 Quadratmetern.

© promo

Villa mit illustrer Geschichte

Das Anwesen hat eine spannende Geschichte, wie in einem sehr empfehlenswerten Beitrag von Frank Wittendorfer, dem Leiter des Siemens-Archivs, auf dem Online-Portal „Die Geschichte Berlins“ nachzulesen ist. Erbaut wurde das Ensemble unter dem Namen Heinenhof von 1909 bis 1910 für den Fabrikanten Carl Friedrich von Siemens, dem jüngsten Sohn des Erfinders und Industriellen Werner von Siemens. Der beauftragte Architekt Otto March entwarf eine mehrflügelige Anlage, deren Dimensionen eher an ein Schloss als an eine „simple Fabrikantenvilla“ erinnern. Gemeinhin gilt sie als eine der prächtigsten Residenzen am Lehnitzsee. Der sport- und naturbegeisterte Siemens ließ um das Anwesen einen 120 000 Quadratmeter großen Park mit einem Netz von Spazierwegen anlegen, zudem wurden Tennisplätze, ein Bootshafen und ein Bootshaus gebaut. Angrenzend an das herrschaftliche Haupthaus wurde ein Wirtschaftshof mit Pferdeställen, Futter- und Getreidekammern, Remisen, Garagen und Werkstätten errichtet, dessen Dimensionen die Villa bei Weitem übertrafen. 

Gartenfest mit 400 Energieexperten

Zur für damalige Verhältnisse hypermodernen Ausstattung gehörten unter anderem eine zentrale Staubsaugeranlage, ein Personenaufzug, eine hauseigene Fernsprechanlage sowie eine eigene Lichtanlage. Für eine autarke Versorgung mit Obst und Gemüse sorgte eine große Gärtnerei mit Gewächshäusern, deren Fläche allein 700 Quadratmeter umfasste. Angesichts dieser Annehmlichkeiten und vorgehaltenen Kapazitäten ist es naheliegend, dass der Heinenhof zu seiner Glanzzeit oft als Schauplatz gesellschaftlicher Empfänge diente. Als Höhepunkt dieser Festivitäten gilt laut Wittendorfer die Zweite Weltkraftkonferenz im Jahre 1930 in Berlin, zu der 4000 Gäste, darunter internationale Koryphäen der Energiewirtschaft, anreisten. Die waren zwar nicht in Neu Fahrland untergebracht, aber der inzwischen zum Konzernchef aufgestiegene Carl Friedrich von Siemens versammelte rund 400 der angesehensten und einflussreichsten Tagungsteilnehmer zu einem Gartenfest am Lehnitzsee. 

Nach dem Krieg kam die Rote Armee

Während der Nazizeit begann der gesellschaftliche Niedergang des Heinenhofs. Carl Friedrich von Siemens galt nicht als Freund des Regimes, obwohl sein Unternehmen freilich angesichts der Aufrüstung für den Zweiten Weltkrieg erheblich davon profitierte. 1941 starb der gesundheitlich bereits stark angeschlagene von Siemens im Alter von 69 Jahren, sein Sohn verkaufte das Anwesen an sein eigenes Unternehmen, die Siemens & Halske AG, die darin ein Entwicklungszentrum für Radartechnik einrichtete. 
Nach dem Zweiten Weltkrieg besetzte zunächst die Rote Armee den Heinenhof, die es als Lazarett nutzte. Das Anwesen wurde schließlich enteignet und diente ab 1952 unter dem Namen „Heinrich-Heine-Sanatorium“ als Lungenheilanstalt. Nach dem Mauerfall erhielt die Familie Siemens die einstige Residenz zurück, zunächst nutzte die Heinrich-Heine-Klinik den Komplex, die später einen kleinen Teil das Areals erwarb und einen Neubau errichtete. 

Den größeren Teil mit Park und Villa erwarb dann im Jahr 2000 Anno August Jagdfeld – laut Wittendorfer für 14 Millionen D-Mark. Jagdfeld gewann zwar den juristisch ausgetragenen Streit um den Uferweg, ließ das Anwesen mit seiner Nutzfläche von mehr als 6000 Quadratmetern allerdings ungenutzt. Bereits vor sieben Jahren wurde es auf der Immobilienmesse Expo Real zum Verkauf angeboten, doch erst jetzt fand sich offenbar ein Interessent. 

Jagdfeld gegen Signal Iduna

Der vormalige Eigentümer gilt als eine der schillerndsten Gestalten der deutschen Immobilienbranche. Für Aufsehen sorgte er mit Prestigebauten wie dem neuen Hotel „Adlon“ am Brandenburger Tor in Berlin und dem Grandhotel Heiligendamm an der Ostsee – und als Verwalter riesiger Vermögensfonds, darunter den Adlon-Fonds, mit dessen Geld er seinerzeit den Wiederaufbau des Luxushotels finanzierte. Um diesen Fonds ging es auch in einem aufsehenerregenden Gerichtsstreit, den Jagdfeld gegen die Versicherung Signal Iduna führt, die eine der Anteilseignerinnen ist. Der Immobilienunternehmer warf der Versicherung vor, mit einer Rufmordkampagne gegen ihn dazu beigetragen zu haben, dass der Fonds in finanzielle Schwierigkeiten geriet und forderte eine Milliardensumme. Den Prozess verlor er Anfang Mai, er will aber in Berufung gehen. 

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