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Sabine Sütterlin (l.) und Susanna Krüger von der Mitfahrinitiative "PotsAb" wollen Fahrgemeinschaften organisieren, um gerade den staugeplagten Potsdamer Norden zu entlasten.

© M. Thomas

Lösung für Stau im Potsdamer Norden?: Initiative „PotsAb“ wirbt für Fahrgemeinschaften

Gemeinsam fahren statt einsam im Stau stehen. Das ist das Motto einer neuen Initiative „PotsAb", die Fahrgemeinschaften organisiert. Gerade für den staugeplagten Potsdamer Norden könnte das eine Lösung sein, so die Hoffnung.

Potsdam - Es ist Montagmorgen, 7 Uhr. Noch fließt der Verkehr in der Potsdamer Straße in Bornstedt. Sabine Sütterlin ist trotzdem aufs Fahrrad umgestiegen, um von Neu Fahrland aus pünktlich zum vereinbarten Treffpunkt vor der Sparkassenfiliale zu kommen. „In der Kirschallee ist es schon mächtig voll“, erzählt sie. Susanna Krüger erwartet sie bereits – in einem knallorangefarbenen T-Shirt mit der Aufschrift „PotsAb“.

Die beiden Frauen haben heute eine Mission: Sie wollen den staugeplagten Autofahrern eine Idee vorstellen, die das Verkehrsaufkommen verringern soll. „PotsAb ist eine Initiative von Bürgern für Bürger“, erklärt Sabine Sütterlin. „Wir wollen etwas unternehmen, das sofort funktioniert. Ohne dass man erst groß etwas investieren muss.“ Und zwar über Fahrgemeinschaften. „Gemeinsam fahren statt einsam im Stau stehen“ lautet das passende Motto.

Programm bringt automatisch Sucher und Anbieter zusammen

Funktionieren soll das Ganze so: In der Mitfahrer-App „flinc“ registrieren sich potenzielle Fahrer und Mitfahrer in der Gruppe „PotsAb“ und erhalten dann eine PotsAb-Karte. „Das Programm bringt dann automatisch Sucher und Anbieter zusammen“, erklärt Susanna Krüger.

Doch PotsAb soll auch offline funktionieren: Autofahrer, die sich in dem Netzwerk beteiligen, sollen die orangefarbene Karte mit dem Logo sichtbar hinter die Windschutzscheibe legen, als Zeichen für ihre Mitnahmebereitschaft. Wer am Straßenrand ebenfalls mit einer PotsAb-Karte steht und winkt, wird mitgenommen. „Die Karte bietet Sicherheit“, betont Susanna Krüger. Denn jeder Inhaber ist mit Namen, Adresse und Handynummer im Netzwerk registriert.

Die beiden Frauen schnappen sich ihre Henkelkörbe, die mit Schokoladentäfelchen und Info-Flyern gefüllt sind. Am Straßenrand verteilen sie beides an die Autofahrer. „Etwas Süßes für die Nerven und eine gute Idee gegen den Stau“, ruft Sabine Sütterlin den Fahrern zu. Einige sind skeptisch, lassen ihre Autofenster zu. Doch die meisten freuen sich über die Aktion und nehmen die Infomaterialien entgegen.

Kein Führerschein? Ein Problem!

Sütterlin und Krüger, die in Neu Fahrland und Satzkorn leben und hier jeweils stellvertretende Ortsvorsteherinnen sind, wissen aus eigener Erfahrung, dass die Verkehrslage im Potsdamer Norden schwierig ist. „Im Ortsbeirat werden wir auch ständig mit dem Thema konfrontiert“, sagt Sütterlin. Nicht nur der Stau im Berufsverkehr macht den Anwohnern zu schaffen. Sie bemängeln vor allem auch die schlechte Verkehrsanbindung durch den öffentlichen Nahverkehr. Besitzt man keinen Führerschein, hat man gerade abends und an den Wochenenden ein Problem. Von Marquardt aus mal eben schnell abends ins Kino fahren – das sei mit den Öffentlichen kaum möglich, sagt Krüger. „Wir fühlen uns aber als Potsdamer und wollen auch am kulturellen Leben teilnehmen“, betont sie.

Zur sowieso schon angespannten Lage zu den Spitzenverkehrszeiten kommt nun die Sperrung der Nedlitzer Straße hinzu. Über die Amundsenstraße und die Potsdamer Straße wird der Verkehr umgeleitet. Die Strecke ist nun die einzige Verbindung zwischen dem Norden und der Innenstadt – und entsprechend überfüllt. Doch auch, wenn die Nedlitzer Straße wieder für den Verkehr freigegeben wird, bleiben die Probleme bestehen, sind sich Sütterlin und Krüger einig. „Die Pendlerzahlen sind längst überholt. Und mit den vielen neuen Wohnungen in Bornstedt und dem Ausbau von Krampnitz wird der Verkehr noch zunehmen.“

In den meisten Autos sitzt nur ein Mensch

Inzwischen ist es 7.20 Uhr und der Verkehr ist merklich dichter geworden. Die Pendler aus dem Umland fahren zur Arbeit, Anwohner bringen ihre Kinder in die Kita oder zur Schule, Lkw transportieren ihre Fracht ebenfalls über die Potsdamer Straße. In den meisten Autos sitzt nur ein Mensch. „Es ist an der Zeit, ein Umdenken anzustoßen“, sagt Sabine Sütterlin.

Die Stadt Potsdam unterstützt die Initiative im Rahmen der Mobilitätskampagne „Besser mobil. Besser leben“. 500 Flyer konnten dank finanzieller Zuschüsse aus der Stadtkasse gedruckt werden. Nun hoffen Susanna Krüger und Sabine Sütterlin auf viele Mitstreiter. „Vor allem bei jungen Leuten hat schon ein Umdenken eingesetzt“, zeigt sich Sütterlin optimistisch.

Künftig will die Initiative auch bei Vereinen, auf Festen oder in den Ortsbeiräten aktiv für ihr Vorhaben werben. „Dann kann man auch besser mit den Leuten ins Gespräch kommen“, sagt Sütterlin. Im Berufsverkehr reicht es nur für ein kurzes Lächeln und einen Spruch, bevor die Blechlawine weiterrollt. Nach einer Stunde sind gut 150 Flyer an die Autofahrer verteilt. „Die meisten, vor allem Frauen, reagieren positiv“, freut sich Krüger.

Auch die Nebenstraßen und Schleichwege sind überfüllt

Nach 7.30 Uhr wird der Verkehr minütlich dichter. Inzwischen staut es sich nicht nur in der Potsdamer Straße, auch die Nebenstraßen sind überfüllt. Hier suchen die staugeplagten Pendler Schleichwege durch die Wohngebiete. Doch auch sie müssen stehen. Die Nervennahrung können sie gut gebrauchen.

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Heike Kampe

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