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Maskenpflicht und Abstand sind momentan die Mittel der Wahl zur Eindämmung der Corona-Pandemie. 

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Lockdown bei 900 Infizierten pro Woche

Potsdam hat ein Corona-Eindämmungskonzept vorgelegt. Lokale Ausbrüche sollen milde bekämpft werden.

Potsdam - Eines zumindest steht fest: Sollte die Zahl der Corona-Infizierten in Potsdam noch einmal dramatisch steigen, werden Spielplätze nicht wieder flächendeckend abgesperrt. „Das wird künftig kein Mittel der Wahl sein“, sagte Amtsärztin Kristina Böhm am Mittwoch vor Journalisten. Der Anlass: Die Präsentation eines mehrstufigen Konzepts der Stadtverwaltung, wie sich eine erneute großflächige Ausbreitung des Coronavirus in Potsdam eindämmen lassen könnte. Das Papier stellten Rathausvertreter am Mittwoch der Presse und später im Hauptausschuss vor. Im Kern geht es darum, welche Schutzmaßnahmen das Rathaus bei Ausbrüchen erlassen kann – allerdings ist das jeweils lageabhängig, wie bei der Pressekonferenz deutlich wurde.

Derzeit befinde sich Potsdam mit neun neuen Infizierten innerhalb einer Woche im Zustand einer geringen Gefahr. Hier sieht das neue Konzept die schon geltenden Bestimmungen vor: Abstandsregeln, die Erfassung von Kontaktdaten oder die regelmäßige Lüftung von geschlossenen Räumen. Eine mittlere Gefahr besteht laut dem Konzept bei zehn bis 90 Infizierten pro Woche. Dann könne es  wieder zu Einschränkungen des öffentlichen Lebens kommen, so Böhm. Allerdings soll dies nicht flächendeckend geschehen, sondern auf Infektionsherde begrenzt werden. Dafür könne die Stadt mit Allgemeinverfügungen arbeiten, die dann vom Ordnungs- und Gesundheitsamt kontrolliert würden.

Wie das funktionieren kann, machte Böhm mit zwei Beispielen deutlich: Sollte es Ausbrüche in Pflegeheimen geben, werde man sich auf diese Einrichtungen konzentrieren und gegebenenfalls wieder Besuchsverbote aussprechen. Sollten sich dagegen Infektionen unter Jugendlichen häufen, müsse man dort die Quelle ermitteln – und zum Beispiel bestimmte Ansammlungen verhindern, etwa auf der Freundschaftsinsel oder an anderen Jugendtreffs.

Gesundheitsdezernentin Brigitte Meier (SPD) sagte, man wolle bei lokal abgegrenzten Ausbrüchen stets das mildeste Mittel wählen und auch Alternativen abwägen. Wenn es zum Beispiel in drei nebeneinander liegenden Bars kritisch werde, „dann werden die geschlossen – und nicht alle Restaurants in der Stadt“, so Meier. Erweise sich eine Maßnahme als nicht zielgenau, könne man flexibel reagieren.

Ab 90 und mehr Infizierten pro Woche allerdings will die Stadt härter reagieren. Dann würde es wieder Schließungen der Gastronomie geben und verschärfte Auflagen für öffentliche Einrichtungen. An dieser Stelle käme dann allerdings auch das Land mit in die Verantwortung – mit eigenen Maßnahmen, wie es hieß. Als Grenze für einen harten Lockdown mit Komplettschließungen öffentlicher Einrichtungen – bis auf lebensnotwendige Dienstleistungen – sieht das Papier mehr als 900 Infizierte innerhalb von sieben Tagen vor. Diesen Wert habe Potsdam aber auch in der Hochzeit von Corona – nach dem Ausbruch im „Ernst von Bergmann“-Klinikum im Frühjahr – nicht annähernd erreicht, sagte Meier. Im März und April habe der Wert zwischenzeitlich aber bei rund 90 Erkrankten pro Woche gelegen.

Ein positives Fazit zog Böhm mit Blick auf den angelaufenen Kita- und Schulbetrieb. Diese seien beim Thema Hygiene inzwischen geübt. Und nach ersten Corona-Fällen in einzelnen Einrichtungen nach den Ferien seien solche Ausbrüche nun wieder seltener geworden. Insgesamt liegen die Fallzahlen in Potsdam auch im Bundesvergleich derzeit unter dem Schnitt. Während im Bund 9,4 Fälle auf je 100 000 Einwohner registriert werden, sind es in Potsdam knapp die Hälfte.

Wie berichtet hatte es im Zuge der Ausbrüche an Schulen aber auch Kritik von Eltern am Gesundheitsamt gegeben, weil dieses für unverhältnismäßig viele Kinder eine zu lange Quarantäne angeordnet habe. In zwei Streitfällen hatte die Stadt vor dem Verwaltungsgericht verloren – und sich daraufhin beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg beschwert. Doch das OVG wird in der Sache nicht entscheiden, wie eine Sprecherin jetzt auf PNN-Anfrage mitteilte: Schließlich sei die Sache nach Ende der Quarantäne erledigt gewesen.

Auf Anfrage sagte Stadtsprecherin Juliane Güldner dazu, man halte sich an die Vorgaben des Robert Koch-Instituts (RKI) zur Unterbrechung von Infektionsketten: „Wir bleiben bei unserer Linie.“ Dabei gehe es nicht nur um enge Kontakte über eine Zeit von 15 Minuten, sondern auch um die Beachtung von Aerosolen in der Luft, die das Virus verbreiten könnten. Allerdings werde man weiter auch an den Schulen differenziert vorgehen, sagte Güldner, und diese nicht willkürlich schließen. 

Entwarnung gab die Stadt für die Evangelische Grundschule in der Nauener Vorstadt, wo ein Schüler positiv getestet worden war. Die Testergebnisse bei 46 Schülern und Lehrern seien negativ gewesen, so Böhm. Ab dem heutigen Donnerstag dürfen Kinder und Lehrer wieder zur Schule gehen. Der infizierte Schüler hatte das Haus zuletzt am 31. August besucht. Daher sei dies bei einer mittleren Inkubationszeit von fünf bis sieben Tagen zu verantworten, machte Amtsärztin Böhm deutlich.

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