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Landeshauptstadt: Lobbyarbeit für die „Alten“

Der Potsdamer Jörn Klockow engagiert sich seit fünf Jahren im Bundesvorstand der Seniorenunion

Wer alt ist, ist auch konservativ. Dieser Schluss liegt zwar nahe, ist aber falsch. Bei dem Potsdamer Jörn Klockow fällt trotzdem beides zusammen – erst mit zunehmendem Alter hat er seine Ader für die Politik entdeckt. Im vergangenen Jahr wurde der 66-jährige nun wieder in den Bundesvorstand der Seniorenunion gewählt. „Wenn es um die Bewahrung von Werten geht, bin ich stockkonservativ“, sagt er. Im Ganzen sieht er selbst sich aber eher als gemäßigt konservativ, da es auch Positionen der CDU gebe, die er problematisch sieht, etwa das Thema Atomkraft. Vor allem sei er „total gegen die Verpressung von Kohlendioxid“.

Konservative Werte und noch einiges mehr wird Jörn Klockow auch in diesem Jahr bundesweit vertreten können. Mit über 80 Prozent der Stimmen wurde er im Herbst in den Bundesvorstand der Seniorenunion (SU) wiedergewählt. Zusammen mit Ingo Hansen aus Falkensee wurde er sogar zum stellvertretenden Vorsitzenden der SU gewählt, die beiden Brandenburger sind außerdem am SU-Arbeitskreis „Neue Bundesländer“ beteiligt. „Es ist klar, dass ich im Bundesvorstand meine Stimme für die neuen Bundesländer erhebe“, sagt Klockow.

Dabei ist der politische Werdegang des gebürtigen Poseners (heute Poznan in Polen) noch jung: Aufgewachsen in Berlin-Zehlendorf, ging er Mitte der 1960er Jahre nach München, um dort Germanistik und Theaterwissenschaft zu studieren. Er wurde Professor für Bibliotheksmanagement, war Dekan der Fachhochschule Hannover und ebenda Leiter des „Instituts für ausländische Fachhochschulbewerber“.

Doch irgendwann zog es aber ihn wieder nach Brandenburg: „Ich wollte immer in diese Gegend zurück“, sagt er: „Als Westberliner hatten wir immer die Sehnsucht, das Umland kennenzulernen.“ Gemeinsam mit seiner heutigen Frau sei er in den 1990er Jahren oft nach Brandenburg gefahren. „Wir haben uns dabei die Landschaft erschlossen und daraus wuchs dann der Wunsch, sich hier im Umland niederzulassen“, erzählt er.

Seit 2001 wohnen die Klockows in Neu Fahrland auch taten: „Ich habe mich hier sehr wohl gefühlt, mehr als in Hannover“. sagt Klockow. Der Vater zweier Kinder lebte sich gut ein: Er gründete in Neu Fahrland einen Förderverein der freiwilligen Feuerwehr, betrieb eine Tanzgruppe und schrieb für den „Neu Fahrländer Landboten“. Doch Klockow, bis dahin noch nicht Mitglied der CDU, wollte mehr: 2006 wurde er Landesgeschäftsführer der Seniorenunion Brandenburg, 2008 erstmals Mitglied des Bundesvorstands. Seine Frau Carmen Klockow ist seit langem politisch für die CDU aktiv.

Als „Lobbyarbeit“ könnte man seine Tätigkeit bei der Seniorenunion beschreiben: „Wir betreiben politische Meinungsbildung“, sagt Klockow. Die sei auch nötig, gerade für Rentner und ältere Berufstätige in Ostdeutschland. „Die Gefahr der Altersarmut ist im Osten viel größer“, meint Klockow. Die Berufstätigen hätten nicht im selben Maße Privatkapital aufbauen können wie in den alten Bundesländern, und müssten oft allein von der Rente leben. „Da muss ein Ausgleich geschaffen werden“, fordert Klockow.

Bundesweit versucht die Seniorenunion vor allem, das herrschende Altenbild umzukehren: Ältere seien keine Last, und müssten mehr in das wirtschaftliche Leben eingebunden werden. Obwohl die SU mit bundesweit über 57000 Mitgliedern – in Brandenburg sind es 620 – kein kleiner Verein ist, bekommt auch sie das schlechte Image der Alten zu spüren: „Wir haben in der Seniorenunion Nachwuchsprobleme“, sagt Klockow. Selbst CDU-Mitglieder wollten oft nicht in einen Topf mit den „Alten“ geworfen werden.

Es ist nicht das einzige Imageproblem, mit dem Klockow konfrontiert ist: Heutige Senioren in Brandenburg, die einen Großteil ihres Leben in der DDR gelebt haben, reagierten meist reserviert auf die Seniorenunion. „In Brandenburg hat die CDU keinen guten Ruf“, berichtet er aus Erfahrung. Der Union werde nicht zugetraut, die Dinge zu verändern. „Das ist umso schlimmer, je mehr sie nach Osten kommen, aber auch Potsdam ist ein Problemfeld“, sagt Klockow.

Umso mehr begrüßt Klockow die Konservatismus-Debatte in seiner Partei, räumt aber mit einem Missverständnis auf: „Bei Werten wie Ehrlichkeit, Strebsamkeit oder Charakterstärke kommt es nicht auf das Alter an.“ Die Wertedebatte habe nichts mit dem Altenproblem zu tun: „Das betrifft alle, und nicht nur die CDU.“ Es sei ein Fehler, dass wichtige Themen wie der Generationenvertrag mit dem Ringen um konservative Werte assoziiert und davon überdeckt würden. Diese Probleme könnten nur im Dialog zwischen Alt und Jung bewältigt werden, setzt Jörn Klockow dagegen. Erik Wenk

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