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Im Restaurant „Prinz Eisenherz“ im Filmpark fand die erste Runde des Werkstattverfahrens statt.

© Andreas Klaer

Libeskind-Bau in Babelsberg: Kritik statt Konsens im Werkstattverfahren

Der US-Architekt und seine Frau verteidigen ihre Pläne für die Media City. Doch einige Stadtverordnete und Anwohner bleiben skeptisch. Zweifel gibt es an Höhe und Fassaden.

Potsdam - Gegen Kritik von vielen Seiten haben US-Stararchitekt Daniel Libeskind und seine Frau Nina ihre Pläne für die bis zu 66 Meter hohe Media City neben dem Filmpark Babelsberg verteidigt. Er wolle ökologisch hochwertig bauen und so, dass das höchste der geplanten Gebäude von der Großbeeren- und der August-Bebel-Straße faktisch nicht zu sehen sei, sagte Libeskind beim ersten Teil des Werkstattverfahrens, das die Stadtpolitik für das millionenschwere Großvorhaben beschlossen hatte. In der Media City sollen nach Aussagen der Investoren bis zu 5000 Arbeitsplätze im Medienbereich entstehen.

"Endlich einmal internationale Architektur"

Zu dem Workshop am späten Freitagabend im Restaurant „Prinz Eisenherz“ im Filmpark, der auch per Livestream im Internet übertragen wurde, kamen unter anderem Stadtverordnete, Vertreter der Investoren um den Potsdamer Unternehmer Jan Kretzschmar und Anrainer. Dabei bestätigte sich einmal mehr: Das Bauvorhaben polarisiert. Während Zuschauer via Internetchat „endlich einmal internationale Architektur für Potsdam“ begrüßten, gab es vor Ort Bedenken, die zum Beispiel Stadtverordnete der Linken und der Grünen äußerten. 

Die Architektur mit den gewaltigen Fassaden habe einen ausschließenden Charakter, sagte die Stadtverordnete Anja Günther (Linke): „Man verliert darin die Orientierung und fühlt sich verloren“, so ihre Sorge. Auch sei die Verkehrserschließung mit nur einer Tiefgaragenzufahrt von der August-Bebel-Straße unklar. Die Gebäude seien ihr zu hoch, sagte Grünen-Fraktionschefin Saskia Hüneke. Sie zweifele daran, dass man sich dort wohlfühlen könne. Sie erinnerte, dass drei Simulationen mit unterschiedlichen Gebäudehöhen zugesagt worden seien. 

Wie fügt sich das Vorhaben ins Viertel ein?

Bedenken kamen auch vom Gestaltungsrat, der die Stadt in Architekturfragen berät. Die Vorsitzende und Städtebauprofessorin Sophie Wolfrum sagte, leider habe man auch bei der Werkstatt immer noch keine Visualisierung gesehen, wie sich das Vorhaben in das Viertel einfügt. Zudem müsse der Rahmenplan für den gesamten Standort überdacht werden – es müsse geprüft werden, ob zum Beispiel geplanter Wohnungsbau in der Nähe noch sinnvoll sei. Gefragt wurde außerdem, warum in den bisherigen Visualisierungen keine Grünflächen zu sehen seien und warum angesichts der Klimakrise so viel Boden versiegelt werde.

Schließlich ergriff Nina Libeskind das Wort und verteidigte die Ideen. Die Media City werde in jedem Fall ökologisch und nachhaltig gebaut. „Wir haben das schon an anderer Stelle gut gemacht und wissen, wie das geht.“ Bei den Visualisierung handele es sich bisher nur um Massestudien, das Material und die Fassaden der Häuser seien noch nicht festgelegt, ebenso die Gestaltung der Freiflächen dazwischen. Man wolle aber eher entsiegeln als versiegeln. 

Architekt Daniel Libeskind stellte später den aktuellen Planungsstand für die Media City vor, der keine größeren Neuerungen zur ersten öffentlichen Präsentation im November 2021 beinhaltete. Gezeigt wurde allerdings ein bisher nicht veröffentlichter digital animierter Rundflug durch die Media City in Skizzenform, bei dem deutlich wurde, wie geschwungen die Bauten werden sollen. Einfache Büroblocks gibt es nicht. Die Bauwerke sollten grüne Plätze im Inneren des Campus einrahmen, so Libeskind. Das Gelände sei autofrei geplant. Es werde Restaurants, Läden und großzügige Freiräume geben, so dass sich auch Familien zu jeder Jahreszeit dort wohlfühlen könnten, so der Architekt.

Allerdings führe dieser Wunsch zu einem Dilemma, wie die SPD-Stadtverordnete Babette Reimers sagte. Denn gleich nebenan befindet sich Studio Babelsberg, wo regelmäßig Hollywood-Stars für internationale Produktionen vor der Kamera stehen. Peter Effenberg vom Potsdamer Media Tech Hub-Netzwerk erinnerte daran, dass solche Produktionen abgeschottet von der Öffentlichkeit laufen müssten. 

Daher müssten die Belange des Studios bei den Planungen zentral berücksichtigt werden, forderte Effenberg – sonst bestehe die Gefahr, dass es irgendwann kein Studio mehr gebe, weil Filme anderswo produziert würden. Studio-Babelsberg-Chef Carl Woebcken sagte, das Filmstudio wolle und müsse expandieren. Er vermied aber direkte Kritik am Libeskind-Plan.

Architekt Daniel Libeskind seine Pläne persönlich vor.
Architekt Daniel Libeskind seine Pläne persönlich vor.

© Henri Kramer

Potsdam könnte ein großer Digitalstandort werden

Medienexperte und Standortvertreter Effenberg hob die Chancen durch die Media City hervor. Die vor Ort ansässigen Firmen könnten die entstehenden Büroflächen zwar nicht allein bespielen, so Effenberg. Es müsse eine Ansiedlungspolitik geben, um Unternehmen etwa aus dem boomenden Gaming-Sektor anzulocken. Auch müsse die Infrastruktur samt gastronomischem Angebot verbessert werden.

Doch zusammen mit dem geplanten RAW-Digitalzentrum am Hauptbahnhof, dem Hasso-Plattner-Institut und dem Campus des Softwarekonzerns SAP am Jungfernsee könne Potsdam ein großer Digitalstandort werden, warb Effenberg.  

Um dieses Ziel zu erreichen, sei das Libeskind-Konzept grundsätzlich geeignet, sagte Baudezernent Bernd Rubelt (parteilos). Mitinitiator und Filmpark-Chef Friedhelm Schatz versprach, es sei nur eine mediennahe Nutzung der Bauten geplant – es werde keine Versicherungsbüros dort geben.

Der Entwurf für die Media City in Babelsberg von Daniel Libeskind.
Der Entwurf für die Media City in Babelsberg von Daniel Libeskind.

© Studio Libeskind/KW Development

Bürgerinitiative zieht enttäuschtes Fazit

Ein Konsens für die Media City entstand dennoch nicht. Ilko Mauruschat von der Bürgerinitiative gegen das Großvorhaben, der selbst Architekt ist, zog ein enttäuschtes Fazit des Workshops. Es sei zu wenig Zeit für Debatten gewesen. Derzeit ist nur ein weiterer Werkstatttermin am 25. November geplant. Bis dahin sollen die am Freitagabend aufgeworfenen  Fragen schriftlich beantwortet sein. 

Aus den zwei Workshop-Runden sollen sich Festlegungen und Empfehlungen „zur städtebaulichen Qualifizierung“ der Media-City-Pläne ergeben. Letztlich müssen Potsdams Stadtverordnete einer Änderung des Bebauungsplans für den Libeskind-Campus zustimmen.

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